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Tabletop

Hobbykombinationen: LARP, Tabletop und Pen & Paper vereint (?)

Die Schnittmenge derer die Tabletop und derer, die Pen & Paper-Rollenspiele spielen, ist meiner Erfahrung recht groß. In gleicher Weise ist die Schnittmenge von LARP-Spielern und Pen & Paper-Rollenspielern beachtlich. Gleichwohl sind Miniaturenspiele, die auf einem Pen & Paper-Rollenspiel basieren, oft nicht erfolgreich (Armalion und Schicksalspfade als Auskopplungen von DSA sind hier zu nennen) und auch in der anderen Richtung klappt es oft nicht (Die Rollenspiel von Warhammer [auch 40k] oder Warmahordes frist(et)en ein vergleichsweise trauriges Dasein). „Offizielle“ LARP-Kombinationen sind ebenfalls selten. Auf Aventurien-LARPs werde ich gesondert eingehen.

Dennoch: Was liegt also näher als diese „Personalunion“ von Spielern auf die Spielwelten zu übertragen? Ich habe dies mehrfach versucht – es gelang mir nie.

Mein erster Pen & Paper-Rollenspiel-Charakter war ein Zwerg. Ich war als Kind begeistert von dem Hobbit und mochte vor allem Thorin Eichenschild. Nachdem ich mit sieben Jahren (oder so) als solcher bei Karneval verkleidet war, sollte mein erster Rollenspielcharakter ebenfalls ein Zwergenprinz sein. Dieser DSA-Charakter hieß zunächst auch Thorin – ich habe ihn aber später zu Andrasch umbenannt (das würde ich heute freilich beides nicht mehr tun – weder die Namensgebung noch eine Umbenennung). Als ich mit circa 16 Jahren vom LARP erfuhr, wollte ich unbedingt meinen Zwergen genauso dort auch spielen. Ich schilderte schon, dass daraus nichts wurde – weder meine körperlichen noch meine finanziellen Voraussetzungen ließen dies zu.

Ich hatte jedoch einen neuen Charakter, von dem ich begeistert war – einen Magier. So sollte eben dieser mein LARP-Charakter werden. Und auf dem ersten Con 1999 trug dieser Magier, der heute Xarxe ist, auch noch den Namen des DSA-Charakters (Zondan). Die Änderung sowohl des Namens wie auch des Konzepts (letzteres eher im Laufe der Zeit), waren schon deshalb erforderlich, weil die Möglichkeiten des Pen & Paper-Rollenspiels keinesweg beim LARP darstellbar waren und sind – auch hierzu äußerte ich mich bereits. Allein die Machtfülle des DSA-Charakters ist mit dem Grundkonzept des LARP schlicht unvereinbar.

Bei Demonworld, mit dem ich auch irgendwann in den späten Neunzigern anfing, wollte ich eigentlich, der oben stehenden Begeisterung für meinen Zwergenprinz folgend, die Zwerge spielen. Diese waren aber schon an einen Mitspieler vergeben. So entschied ich mich für Isthak. Da der (Schwarz-)Magiercharakter Zondan im Entstehen war, war Isthak für meine Zwecke die nächstbeste Wahl – den dieses Volk hat sowohl Dämomen wie auch Untote in ihren Reihen.

Vor allem war es bei Demonworld in der ersten Edition so, dass man DSA-Charaktere zu Demonworld-Helden konvertieren konnte. Dafür gab es explizite Regeln. Den DSA-Magier gab es damals noch nicht in Gänze, aber seinen Lehrmeister, den ich damals nur für eine Abenteuer kreiert hatte (allerdings auf einer [erforderlichen] hohen Stufe). Bedingt durch die Anforderungen dieses einen Abenteuers, hatte der erstellte Magier sehr hohe Werte – mit die höchsten, die das Regelwerk überhaupt zuließ. Infolgedessen wäre auch der konvertierte Isthak-Held mit sehr hohen Werte einhergegangen – der Held wurde daher von einem Freund, der damals so etwas wie die Demonworld-Oberherrschaft innehatte, schlicht abgelehnt.

In gewisser Weise kam der eigentliche DSA-Magier (Zondan) später aber doch noch zum Zug: Ebenfalls in den späten 90ern und in den frühen 2000ern spielten wir AD&D. Der Spielleiter erfand eine eigene Welt und wir konnten Vorschläge zu deren Gestaltung einbringen. So wurde das Demonworld-Reich Isthak kurzerhand in diese Welt versetzt und mein DSA-Magiercharakter zum Gott dieses Reiches erklärt. Mein AD&D-Charakter war ein Priester-Magier, der just diesen Gott verehrte. Allein – hierbei wurden zwei Pen & Paper-Rollenspiele kombiniert. Eine Überschreitung der „Hobbygrenzen“ lag nicht vor.

Aus dieser Zeit stammt jedoch meine Vorliebe für Eisvölker. Bei Warmahordes war Legion of Everblight meine erste Fraktion, die mit Isthak einiges gemein hat.

Jedenfalls waren die Experimente der Hobbykombinationen für mich als Spieler Anfang des Jahrtausends zunächst erledigt. Zusammenfassend lässt sich sagen:

  1. Die Übernahme von Pen & Paper-Helden in die LARP-Welt scheiterte bei mir daran, dass diese Fähigkeiten hatten, die mit LARP nur schwer vereinbar sind – nicht nur in Bezug auf die Darstellung, sondern auch mit Blick auf das Spielgleichgewicht. Zumal LARP in der Regel ein Sammelpunkt von Helden ist, von denen regelmäßig keiner übermäßig heraussticht.
  2. Die Übertragung eines Pen & Paper-Charakters in eine Tabletop-Welt scheiterte aus einem ähnlichen Grunde: Dieser wäre mit der erforderlichen Spielbalance im Tabletop unvereinbar gewesen.

Vor einigen Jahren gab es einen weiteren Anlauf: Wir spielten eine Battletech/ Mechwarrior-Kampagne. Unsere Spielercharaktere waren Mechkrieger und Söldner. Nur die Gefechte mit den Mechs wurden mit den Battletech-Regeln ausgeführt, sonst griffen wir auf den Mechwarrior-Regel zurück. Das klappte ganz gut – als Problem stellten sich jedoch die simulationistischen Schwächen des Battletech-Regelwerks heraus, welche das Mechwarrior-Regelwerk in diesem Umfang nicht hatte. So hatten Handfeuerwaffen eine weit größere Reichweite als die Waffen der Battlemechs. Zudem war die Ökonomie unausgegoren – ein Aspekt der bei Battletech als Brett- oder Tabletop-Spiel so keine Rolle spielt – beim Rollenspiel aber sehr wohl, da die Charaktere derartige Überlegungen anstellen. Letztlich klappte es nicht – obwohl ich begeistert von dem Konzept war.

Da ich vom Rollenspiel her komme, waren meine Konvertierungsversuche stets von dort ausgehend. Was aber, wenn man es andersherum hält? Das scheint mir möglich! Auf dem Epic Empires werden die Warhammer-Armeen Imperium und Chaos bespielt. Ich sehe auch prima facie keine Probleme einen beliebigen LARP-Charakter in ein Pen & Paper-Rollenspiel zu überführen (freilich muss beides einen ähnlichen Rahmen, wie beispielsweise Fantasy, haben).

Es gibt auch Aventurien-LARPs, bei denen die Überschreitug der Hobbygrenzen augenscheinlich gelingt. Dies ist bei genauer Betrachtung aber nur bedingt richtig – die hier bespielten Charaktere sind keine (sehr) hochstufigen oder greifen auf ihre Fähigkeiten zumindest nicht wie im Pen & Paper-Rollenspiel zu. Ich habe jedenfalls noch keine erfolgreiche Anwendung und glaubwürdige Darstellung des DSA-Zaubers „Mit dem Wind in Sternenhöh“ auf dem LARP gesehen. Gleichwohl könnte man die Aventurien-LARP-Charaktere ins Pen & Paper-Rollenspiel überführen.

Vor einigen Jahren gelang Freunden von mir jedoch die Konvertierung von Pen & Paper-DSA-Helden zum LARP. Der wichtige Faktor, der den Erfolg erklären könnte, war jedoch, dass diese Charaktere zum großen Teil nicht magiebegabt waren oder bereit waren, ihre magischen Fähigkeiten nicht im vollen Umfang ins LARP zu übernehmen. Dadurch stellten sich viele Fragen, die aus der Machtfülle herrührten mitunter gar nicht. Auch die magischen Gegenstände (dieser sonst sehr, sehr erfahrenen) Helden wurden nicht übertragen.

Für mich als Spielleiter ergab sich damit aber eine neue Möglichkeit der Hobbykombination. Ich war Spielleiter dieser Gruppe, lebte damals aber im Ausland, daher scheiterte meine Teilnahme am LARP. Gespielt wurde per Videokonferenz. Um die Heldenerlebnisse miteinander zu verknüpfen, nahm ich vor dem Con Kontakt zur LARP-Orga auf. Diese war so freundlich, mir einen Hinweis für den LARP-Plot zu geben, den ich beim Pen & Paper-Spieltermin vor dem Con an die Spielercharaktere weitergab (ein verrückter Seher sprach zu den Helden). Zum Ende des Spieltermins gingen die Helden schlafen, so dass das LARP als Traum in die Pen & Paper-Welt integriert wurde.

Ergänzend erlangten diese (schlafenden, träumenden) Charaktere auf dem LARP Hinweise für den Pen & Paper-Plot.

Mit diesem „Kniff“ war auch die Konsistenz der Heldenerlebnisse gewahrt. Ich bin ex post noch immer sehr zufrieden über diese Kombination.

Leider musste ich feststellen, dass die Spieler beziehungsweise Charaktere die Parallelen nicht erkannten. Sie hatten zwar einen handfesten Hinweis zur Lösung des LARP-Plots aus dem Pen & Paper-Spieltermin und ebenfalls einen gewichtigen Hinweis für das Pen & Paper-Abenteuer aus dem LARP. Der Transfer gelang aber nicht: Den Spielern und Helden kam gar nicht in den Sinn, dieses Wissen zu kombinieren oder anzuwenden. Erst als ich nach LARP und nach Abschluss des Pen & Paper-Abenteuers auf die wechselseitigen Hilfen hinwies, wurde den Spielern die Verknüpfungen bewusst. Daher muss auch dieser Versuch von mir, die Hobbygrenzen zu überschreiten, als gescheitert gelten.

Kompliziertheit von Spielsystemen als Folge von Simulationismus?

Vor allem meine Behauptung, Battletech sei wenig komplex, führte zu kontroversen Reaktionen. Ich habe mir daher Gedanken gemacht, wie ein Regelwerk gestaltet sein müsste, um, in meinem Sinne, komplex zu sein. Hierbei greife ich auf viele Überlegungen zurück, die mit einigen Freunden zusammen vor Jahren angestellt wurden und für diesen Beitrag rekapituliert und erweitert wurden. Vielen Dank hierfür!

Grundsätzlich erfolgt die Würdigung bei mir vor dem Hintergrund des Simulationsmus. Wie ich an anderer Stelle schilderte, bin ich ein simulationistischer Spieler. Diese Einschränkung ist vornehmlich für Rollenspielsysteme von Belang.

Simulationismus möchte, nach meinem Verständnis, „unlogische“ Regelungen verhindern (z.B. sicherstellen dass bei einem Rollenspiel ein Charakter mehr als eine Waffe tragen darf – gleichzeitig aber nicht etwa 30). Oft wird in Folge ein möglichst weiter Möglichkeitenraum gefordert, der von dem Regelwerk abgedeckt werden sollte. Notfalls könnte (im Falle eines Rollenspiels) auch der Spielleiter Regeln aus dem bestehenden Regelwerk festlegen.

Die Gewährleitung einen möglichst großen Möglichkeitenraum abzudecken, führt, in der hier verwendeten Nomenklatur, zu einem komplexen Spielsystem.

Demgegenüber wird ein Spielsystem auch kompliziert, wenn Regeln zur Erreichung dessen den Spielfluss (subjektiv) hemmen, weil (auch) einfache Aktionen „verregelt“ werden oder über die richtige Anwendung der Regeln diskutiert oder nachgeschlagen werden muss.

In diesem Sinne könnte der Obersatz sein:

Die Abbildung der Spielwelt sollte über ein komplexes, nicht aber kompliziertes Regelwerk geschehen.

Anders gewendet heißt dies, dass der Aufbau der Regeln möglichst einheitlich sein sollte, die Regeln sich aber inhaltlich aber wenig (idealerweise gar nicht) überschneiden.

Eine „Entschlackung“ des Regelwerks sollte daher Komplexität wahren und Kompliziertheit abbauen.

In der Praxis kommt es zudem dazu, dass die Regeln strukturiert verfügbar sein sollten und nicht über mehrere Quellen verteilt. Auch dies macht ein System kompliziert – und zwar immer ohne irgendetwas für die Komplexität gewonnen zu haben.

Im Folgenden einige Beispiele anhand simulationistsicher Systeme. Hierbei wird untersucht, ob diese komplex oder (auch) kompliziert sind.

  • DSA ist ein simulationistisch orientiertes System. Den Spieler(charakteren) stehen viele Handlungsoptionen zur Verfügung – und die meisten davon sind in Regeln gegossen – bis hin zun Skurillen. Ein gutes Beispiel in dieser Hinsicht sind die Unterwasserreiterkampfregeln aus DSA 4.1 – diese sind nur für Randsituationen relevant. Die Regeln, wie lange der Brennvorrat für ein Lagerfeuer reicht, noch seltener. Damit ist das System in jedem Fall komplex – de facto aber auch kompliziert:
    • Bei DSA 4 waren die Regeln für übernatürliches Wirken für klerikale Mächte anders geregelt als für magische Mächte. Obgleich diese Mächte in der Welt verschieden sind, gibt es für eine unterschiedliche Regelung keinen Grund. Die Regeln sind insofern weder überschneidungsfrei noch inhaltlich gleich aufgebaut. DSA 5 kennt sowohl den Wert der übrigbehaltenen Talentpunkte als auch die Qualitätsstufe als Maß für die Qualität einer gelungenen Probe. Dies ist eine Dopplung, für die es keine inhaltliche Rechtfertigung gibt – zumal sich die Qualitätsstufe aus den übrigbehaltenen Talentpunkten errechnet. Hier sieht man ein gutes Beispiel unnötiger Kompliziertheit.
    • Zudem verfolgt DSA 5 bislang eine Publikationsstrategie mit hoher Redundanz. Viele Regeln sind repetitiv aufgeführt, andere über mehrere Werke verteilt. Mit den Kodex-Bänden könnte das besser werden. Die 3W20-Probe ist aus simulationistischer Sicht der 1W20-Probe, die ebenfalls zum Einsatz kommt, deutlich überlegen. In beiden Fällen ist der Erwartungswert 10,5. Im Falle der 1W20-Probe ist die Standardabweichung aber 5,8; bei der 3W20-Probe nur 3,3. Zudem ist bei der 1W20-Probe jedes Ergebnis gleich warhscheinlich. Die niedrigere Standardabweichung und Nicht-Gleichverteilung der Ergebnisse ist vorziehenswürdig, weil sonst (bei der 1W20-Probe) die Wahrscheinlichkeit auch für einen erfahrenen Charakter recht hoch ist, auch eine unmodifizierte Probe nicht zu schaffen. Das ist unrealistisch. Demgegenüber steht, dass die 3W20-Probe für Anfänger etwas schwerer zu lernen ist.
    • Die Zahl der Talente ist sehr umfassend und keineswegs überschneidungsfrei (Akrobatik, Athletik, Körperbeherrschung) oder decken ein zu großes Spektrum ab (Überreden, was Lügen, Feilschen und Vertuschen umfasst). Letzteres ist aber eher ein gamistischer Aspekt.
  • Shadowrun stellt von der Spielweltanlage schon den Anspruch an ein komplexes Regelwerk. Es musste immerhin drei Dimensionen abbilden: Physische Welt, Astralraum und Matrix. Damit geht schon eine gewissen Kompliziertheit einher – aber gegeben die Erfordernisse hält es sich, für meine Begriffe, im Rahmen. Allerdings kann ich nur für Shadowrun bis zur vierten Edition sprechen – die neueren Editionen kenne ich nicht. Shadowrun 3 war durch die „explodierenden“ Würfel unschön, weil hierdurch bei vergleichenden Proben die erwartbare Zahl der Erfolge immer niedriger wurde, je höher die Werte waren – und zwar auch dann wenn die Kontrahenten die gegeneinander probten, gleich hohe Werte hatten. Dies lag daran, dass die Standardabweichung bei höheren Werten immer größer wurde. Simulationistisch ist dies als unschön zu werten.
  • Warmahordes ist hoch komplex. Jedoch ist die Grundmechanik simpel und ermöglicht sehr viel. Die 2W6-Probe ist auch aus statistischer Sicht gut (auch hier liegt eine statistisch schöne Verteilung vor). Das Spiel wird meines Erachtens weniger durch die Sonderregeln der Modelle kompliziert (die stehen immerhin auf der Karte und haben konsitente Bezeichnungen) als mehr dadurch, dass man wirklich gut über alle (!) Modelle mit Sonderregeln informiert sein muss, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Es zeigen sich aber auch Nachteile:
    • Die MK3-Kavallieregeln sind nicht konsistent mit den anderen Mechaniken, da Bewegungs- und Angriffsphase vermengt werden.
    • Die MK4-Bewegungesregeln, sind ein gutes Beispiel dafür, wie man es bei einer Regelentschlackung nicht macht: Während früher jede Figur der Einheit bewegte, wird nun (nur) eine Figur bewegt und die anderen werden um diese herum teleportiert. Hierdurch wurde dem Spiel viel simulationistischer Anspruch und Komplexität genommen. Gleichsam ist die neue Regelung ebenfalls (oder noch mehr) kompliziert, weil sie nicht in das sonstige Regelwerk passt und per se schon kontraintuitiv ist.
  • Battletech ist aus meiner Sicht bedingt komplex.
    • Insgesamt gibt es Regeln für das Meiste, was man mit einem Battlemech anstellen möchte. Gleichwohl sind die Grundmechaniken recht simpel und, zumindest im Kampfe (nur) mit Mechs redundanzfrei. Die vielen Waffensysteme, die insbesondere die Mechs verschieden machen, sind auf dem Mech-Bogen alle verzeichnet.
    • Es gibt jedoch beispielsweise Unzulänglichkeiten bei der Deckung: Ein Berg gibt nur Deckung, wenn man direkt dahinter steht. Ein Kopftreffer ist unplausibel wahrscheinlich, wenn man diese Deckung hat, aber dennoch getroffen wird (Erschwernis aus Deckung: +1 (früher +3), dann aber Chance von 1/6 statt 1/36 auf Kopftreffer). Das Spiel ist insofern sogar unterkomplex. Das Spiel ist auch in anderer Hinsicht unplausibel (und damit simulationistisch schlecht): Bodenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind Fahrzeugen mit Fusionsreaktor insofern überlegen, da erstere keine Wärme aufbauen. Die Unterscheidung ist unnötig kompliziert und gleichsam unlogisch.
    • Gleichsam verfügen die Waffen der Charaktere aus dem Rollenspiel zudem über eine größere Reichweite als die der Battlemechs – die zudem grundsätzlich über eine unrealistisch kurze Reichweite verfügen (Eine ER PPK [Extremreichweiten Partikelprotektorkanone] schießt gerade mal 690 Meter weit. Alles klar. Und die Waffensysteme sind auch sehr unpräzise was die Zielgenauigkeit betrifft, wenn man sie mit Waffen der realen Gegenwart vergleicht.
  • Warhammer 40k habe ich selbst nie gespielt. Mir wird aber unisono mitgeteilt, dass die Sonderregen Legion sind, sich regelmäßig ändern, in sich unschlüssig sind und überall verteilt stehen. Daher ist Warhammer 40k sowohl als komplex und mehr noch auch als kompliziert anzusehen.
  • Demonworld (wer noch weiß, was das ist?), ist meines Erachtens zwar komplex, aber wenig kompliziert.
    • Als ich das vor ein paar Wochen wieder mal spielte, war ich überrascht, wie elegant das System doch ist. Es gibt Formationen, Moralwerte, Magie, Sondermodelle und Vieles mehr – aber alles ist gut handhabbar und in (relativer) Kürze erlernbar. Redundanzen gibt es kaum. Das System leidet nur an einer etwas ungünstigen Mechanik mit nur einem W20 und der damit einhergehenden Standardabweichung beziehungsweise Gleichverteilung. Das mag bei den Angriffen einer ganzen Einheit zu verschmerzen seien. Bei dem Angriff eines sog. Großelements, wie einem Riesen oder bei dem Wirken eines Zaubers ist dies aber unschön, weil man so eine hohe Chance hat, dass selbst der erfahrene Magier oder Riese erfolglos ist.
    • Zudem, aber das ist jenseits des hier Interessierenden, ist die Spieltiefe insofern gering, als dass sich die verschiedenen Truppen nur anhand ihrer Werte aber weniger anhand von Sonderfertigkeiten unterscheiden und zudem auch nur bedingt Synergien zwischen diesen bestehen.
  • Dungeons & Dragons ist ein schwieriger Fall.
    • Das System hat ebenfalls einen simulationistischen Anspruch. Auch ist das Regelwerk in zahlreichen Szenarien, Welten und Hintergründen präsent. Dies macht deutlich, dass es komplex genug ist um Vieles abzubilden. Allerdings ist es mitunter unterkomplex, weil es zum Beispiel verbietet, dass ein Magier ein Zweihandschwert führt – man fragt sich, was denn ist, wenn er es einfach tut…? Solche Setzungen sind simulationistisch nicht begründbar. Zudem ist die 1W20-Probe eine sehr schlechte Spielmechanik, die zudem aber immerhin konsistent durchgezogen ist. Gleichwohl ist es wenig befriedigend, wenn ein schlechtes Konzept überall seinen Widerhall findet. In diesem Fall führt die hohe Standardabweichung und Gleichverteilung der Ergebnisse zu einer zu großen Streuung, so dass auch fähige Charaktere oft in Standardsituationen scheitern.
    • Unter „ferner liefen“ kann man noch einsortieren, dass Talente mitunter von den falschen Attributen („Ability Scores“) beeinflusst werden. So ist es zum Beispiel nicht naheliegend, dass die Trefferwahrscheinlichkeit mit einer Waffe von der Stärke des Kämpfers und nicht von der Geschicklichkeit abhängt. In gleicher Weise sind die Talente („Skills“) selbst deutlich kompliziert, was sich besonders gut im dem Metatalent „Dungeoneering“ der vierten Edition zeigt, dass nicht überschneidungsfrei zu zahlreichen anderen Talenten war. Unterkomplexität kommt hinzu, weil für viele Fertigkeiten kein passendes Talent existiert (z.B. Kutsche fahren).

Ich hoffe, hierdurch wird ein wenig ersichtlich, zumindest im Quervergleich, warum ich Battletech als wenig komplex einschätzte – ich bezog mich hierbei auf die 3025er-Technologiestufe und das Spiel nur mit Battlemechs. In jedem Fall sehe ich nicht, dass Battletech kompliziert ist.

Wie könnte nun ein gutes, im Sinne des vorstehenden Obersatzes, System ausgestaltet sein? Ein Freund von mir entwickelte ein Solches. Es wurde für Dark Heresy und Shadowrun konzipiert. Diese Welten zeichnen sich per se durch den Anspruch einer hohen Komplexität aus, da, wie erwähnt, verschiedene Dimensionen abgebildet werden müssen. Im Kern basiert dieses System auch einer Mechanik, die in ähnlicher Weise bei Fate zu finden ist. Der Mindestwurf ist immer Null. Der Talentwert des Charakters liegt regelmäßig leicht darüber, kann aber durch Zu- und Abschläge verändert werden. Geprobt wird mit 10W6, wobei jeder W6 nur, je zweimal, Plus, Minus und Neutral anzeigt. Ein Plus ist dem Talentwert hinzuzuschlagen, ein Minus zu subtrahieren. Ein neutraler Wert verändert nichts. Jeder Würfel verändert damit im Erwartungswert den Talentwert nicht – und auch alle Würfel zusammen tun dies nicht. Gleichwohl gibt es ein gewisses Zufallselement. Dieser Mechnismus kann auf sämtliche Proben angewendet werden und ist daher nicht kompliziert. In Anlehnung an DSA oder Dungeons & Dragons wird der initiale Talentwert um die Werte der Eigenschaften oder „Ability Scores“ modifiziert. Längst nicht alle Probleme sind hiermit gelöst – aber die Grundmechanik ist besser als alle Obenstehenden.

Ausführliche Informationen dazu gibt es hier:

https://drive.google.com/drive/folders/1ydz3-qTO_jKPPjNVeZy6WbslHxl-cCNV

Ich werde mir Gedanken machen, wie man dieses System auf mein „Heimatsystem“ DSA übertragen könnte.

Der Erfolg Battletechs – und warum Systeme immer simpler werden

In meinem Beitrag zum Elend neuer Editionen stellte ich fest, dass Battletech anders ist. Ich bezeichnete es als erfolgreiches System, weil seine Neuauflagen im Wesentlichen ohne Übervorteilung der Kunden daherkamen. Dabei muss Battletech auch wirtschaftlich zumindest einigermaßen erfolgreich sein, weil es immer noch fortgeführt wird und in Laufe seines langen Lebens schon viele Verlage sah.

Was also zeichnet Battletech aus? Können sich andere Systeme an Battletech orientieren? Ich könnte mir vorstellen, dass die folgenden Punkte diesen Erfolg Battletechs erklären:

  1. Neue Veröffentlichungen gehen meist mit einem kleinen Zeitsprung einher (bis zu circa 25 Jahren). In dieser Zeit entwickelt sich die Welt weiter – aber ohne, dass die alten Battlemechs oder Luft-Raum-Jäger verschwänden. Diese sind weiterhin vorhanden und werden auch eingesetzt. Es findet also keine Entwertung von Sachwerten statt. Im Gegenteil: Auch in der Spielwelt werden regelmäßig alte Mechs eingesetzt.
  2. Interessanterweise sind alte Modelle sogar besonders gefragt: Sog. „Unseen“ Mechs wurden wegen lizenzrechtlicher Probleme vor Jahren vom Markt genommen. Die Ersatzmodelle („Reseen“) sind deutlich weniger wohl gelitten. Alte „Unseen“-Modelle sind damit sogar begehrt.
  3. Gleichzeitig kommen die neuen Veröffentlichungen meist ohne große technologische Sprünge aus. Wer die ursprüngliche Technologie kennt (3025), findet sich auch in späteren Technologiestufen sehr schnell zurecht. Es gibt also keine Brüche mit der alten Welt. Auch Realwissen über die Regeln wird nicht obsolet.
  4. Die Spielmechanik ist in ganz weiten Teilen identisch geblieben, vor allem beim Kampfe mit Battlemechs, was den bei weitem überwiegenden Teil des Spieles ausmacht. Es gibt also keine immersionszerstörenden „Retcons“ der Weltenrealität.
  5. Die Regeln waren zudem stets simpel, gerade wenn man nur mit Battlemechs spielt.
  6. Auch die Werte der Einheiten sind fast völlig unverändert. Ich kenne tatsächlich nur eine Ausnahme – und die kann man getrost ignorieren. Es kommt damit nicht vor, dass eine Edition Battlemechs verändert. Deren Werte und Fähigkeiten sind seit Jahr und Tag gleich.

Fraglich könnte sein, warum sich das System trotzdem für den Produzenten lohnt. Meines Erachtens liegt dies, neben der großen, aber wechselnden, Spielerbasis daran, dass das Hauptprodukt die Battlemechs sind. Und auch der Kauf nur eines Mechs lohnt sich bereits. Man muss nicht Duzende von weiteren Einheiten erwerben, um sinnvoll in einer neuen Zeit zu spielen. Daher ist der monetäre Aufwand für Spieler in eine neue Technologiestufe einzusteigen, minimal. Deshalb werden die neuen Figuren gekauft (und auch die alten noch), so dass der Hersteller Umsatz erzielt. Die Regelwerke selbst („Hardware-Handbücher“) kommen noch dazu, auch wenn sie einen geringen Umsatzbeitrag ausmachen dürften.

Zudem ist das System weit bekannt, was einen steten Zulauf an Spielern sicherstellen dürfte. Vor allem die zahlreichen, und oft guten, Videospiele tragen dazu bei. Die Einstiegshürde bei Battletech ist zudem minimal – mit nur eine Mech kann man schon dabei sein, die Karten sind ebenfalls sehr günstig zu haben. Es ist, als ob man ein Brettspiel kauft (viele sagen ja auch, Battletech sei ein Brettspiel). Und die Regeln sind vergleichsweise simpel.

X-Wing oder Star Wars Armada sind die Zuspitzung der Faktoren, die den Battletech-Erfolg ausmachen. Die Krieg der Sterne-Welt ist mit die bekannteste überhaupt. Und das Regelwerk ist erneut sehr simpel. Vor allem kann man sich günstig nur ein paar Raumschiffe kaufen und mitmachen – diese Modelle werden sogar schon bemalt geliefert!

Es zeigt sich aber für mich, dass andere Systeme es schwer haben, dieses Konzept zu kopieren.

Tabletop-Systeme

Die meisten (zumindest mir bekannten) Tabletop-Systeme erfordern deutlich mehr initiale Ausgaben für Miniaturen und Gelände.

Ein überschaubarer Zeitsprung ist grundsätzlich möglich – fraglich ist aber, ob die alten Einheiten dann noch nutzbar sind. Mir geht es hierbei mehr um die innerweltliche Logik – die Effizienz im Spiel kann im Zweifel dadurch sichergestellt werden, dass die Punktekosten niedrig gehalten werden.

Dann wäre der Battletech-Erfolg insoweit kopiert.

Rollenspielsysteme

Rollenspielsysteme verkaufen in der Regel keine margenstarken Figuren, sondern Bücher und Hefte. Diese werden nur gekauft, wenn auch etwas Neues drinsteht – daraus ergibt sich ja gerade die Plage der neuen Editionen. Zudem genüg oft ein Buch für mehrere Spieler. Beim Tabletop braucht zumindest jeder eine Armee oder Kampftruppe.

Rollenspielregelwerke sind zudem realiter nicht so gestaltet, dass ältere Editionen noch Bedeutung haben können.

Zudem ist es zumindest für Fantasy-Rollenspiele oft nur schwer möglich, einen Zeitsprung wie bei Battletech vorzunehmen. Zum einen sind dann die Spielercharaktere schnell alt und damit oft nicht mehr spielbar (was sehr unschön ist). Zum anderen stellen sich notwendigerweise keine technologischen Vorteile ein. Damit diese beachtenswert wären, müssten sie oftmals die Spielwelt verändern – mit negativen Wirkungen auf den Wiedererkennungswert und möglicherweise der Folge eines Verlassens des Fantasy-Genres. Für SciFi-Systeme finde ich die Zeitsprunglösung aber ziemlich gut! Charaktere könnten z.B. in einer Stasiskapsel die Zwischenzeit verbringen. Und neue Technologie gehört oftmals zum Wesen von SciFi. Eingeschränkt mag ein Zeitsprung auch bei High Fantasy-Systemen möglich sein.

Grundlegendes Problem: Bekanntheit

Der Zugang für Neueinsteiger ist jedoch auch, neben der monetären Komponente, in beiden Fällen weitaus schwieriger. Das Battletech-Regelwerk ist geradezu simpel. Rollenspiel- und Tabletop-Regelwerke sind das häufig nicht. Zudem fällt die Bekanntheit der meisten Spielwelten regelmäßig hinter der des Battletech-Universums zurück. Neueinsteiger werden den Systemen daher weitaus weniger leicht zugeführt.

Für herkömmliche Rollenspiel- oder Tabletop-Systeme scheitert der „Battletech-Ansatz“ daher schon und vor allem an der Bekanntheit der Welt. Vor diesem Hintergrund frage ich mich schon, warum der DSA-Film nie kam. Immerhin gab es Computerspiele, die aber meines Erachtens nach nicht viele neue Spieler zu DSA brachten. Ich meine aber, dass diesen auch nicht den Erfolg der Battletech-Videospiele beschieden war.

Gleichwohl wird, dessen ungeachtet, versucht, die vorhandenen Systeme zumindest immer weiter zu simplifizieren. Nach dem Motto: Falls die Welt dann doch mal jemand entdeckt, soll er wenigstens gut einsteigen können!

Dass hierbei das Spiel zunehmend von sich selbst entfremdet wird, wird im Kauf genommen. Ein Hoch auf Battletech, dass dies nicht nötig hatte, sondern sich selbst immer treu war.

Warum Warmachine MK IV scheitern könnte

Am 26. Juli 2022 war es soweit: Die vierte Edition des Spieles Warmachine und Hordes (Warmahordes), das fortan nur noch Warmahordes heißen soll, wurde angekündigt. Die Reaktionen waren anfangs gemischt, drehten aber letztlich ins Positive. Nur auf dem Markt für gebrauchte Miniaturen sieht man, dass der ein paar Spieler wohl aussteigen möchten – möglicherweise aber nur temporär oder um den Wertverfall ihrer Figuren zu vermindern. Ich habe aber auch den Eindruck, dass der ein oder andere, der mit MK III ausstieg, nun wieder Morgenluft wittert und einen Neu-Einstieg plant.

Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass diese Hoffnung letztlich vergeblich ist. Meines Erachtens ist es gut möglich – vielleicht sogar wahrscheinlich – das MK IV nie komplett erscheinen wird.

Manche Stimmen meinten, dass die Tatsache, dass es in den Monaten vor MK IV ruhig um Warmahordes geworden war, ein Hinweis darauf gewesen sei, dass für MK IV von langer Hand geplant worden war. Das glaube ich nicht. Von langer Hand geplant war die Einführung der Orgoth als neue Fraktion. Das wurde bereits rund ein Jahr vor dem 26. Juli 2022 angekündigt oder zumindest angedeutet. Es ist aber nicht so, dass originär geplant war, die Orgoth nun mit MK IV zu veröffentlichen, um die Neuerscheinung „noch“ großartiger zu machen. Betrachtet man nämlich die Veröffentlichungen zu den Orgoth, die seit der ersten Ankündigung gemacht wurden, so sieht man, dass zwei Warcaster angekündigt waren: Horruskh und Sabbreth. Diese beiden werden aber in der Ankündigungen im Zusammenhang mit MK IV nicht mehr erwähnt. Das ist auch logisch, weil MK IV in der Welt einige Jahre später spielen soll. In MK IV ist von Kishtaar als Orgoth-Warcaster die Rede. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Privateer Press Geld für die Entwicklung zweier Warcaster (samt Graphiken, bestimmten erste Regeln und dergleichen) in die Hand nahm, aber ohne Fertigstellungsabsicht. Vielmehr ist dies ein Hinweis, dass das Unternehmen seine Pläne änderte.

Zum zweiten ist die bisherige Präsentation MK IVs eher dürftig. Diese Einschätzung stammt weniger von mir – ich bin da eher anspruchslos – sondern von Bekannten, die den Tabletop-Markt gut kennen. In der Tat wurde für MK III seinerzeit weit mehr Aufwand betrieben. Es gab eine eigene Website (allnewwar.com; kürzlich erst offline genommen bei waybackmachine noch verfügbar), Videos hierzu – und alles deutlich ansprechender gestaltet als das, was man heute für MK IV sieht. Angeblich, so wurde mir gesagt, ist die MK IV-Präsentation „maximal Hobby-Blog-Niveau“ – also mein Niveau.

Dies im Blick habe ich meine MK III-Bestände für meinen Bedarf komplettiert und daher bei Privateer Press ein größeres Paket bestellt. Der Versand klappte jedoch zunächst nicht ganz reibungslos, so dass ich mich an Privateer Press wendete. Es antwortete Sherry. Die Präsidentin des Unternehmens ist Dr. Sherry Yeary! Es ist äußerst ungewöhnlich, dass die Geschäftsführerin den Versand von Paketen überwacht. Und das war kein Einzelfall: Weil bei einer Figur der Kopf fehlte, wendete ich mich erneut an Privateer Press. Es antwortete: Sherry! Bekannte von mir machten gleiche Erfahrungen. Eine derart dünne Personaldecke lässt auf Entlassungen schließen – und die nimmt man üblicherweise vor, um Geld zu sparen.

Mir scheint es daher, dass Privateer Press sich in einer desolaten Situation befindet und daher kurzfristig beschloss, MK IV zu starten. Möglicherweise hat(te) man nichts mehr zu verlieren.

Allerdings ist der Zeitpunkt hierfür denkbar schlecht. In Zeiten steigender Inflation (auch in den USA – wenn auch weniger stark), üben die Konsumenten eher Kaufzurückhaltung. Gleichzeitig steigen die Produzentenpreise deutlich – deutlicher als die Konsumentenpreise, aus denen sich die Inflationsrate ergibt.

Erschwerend kommt auch noch hinzu, dass es, selbst nach dem offiziellen Zeitplan, Jahre dauern wird, bis MK IV „fertig“ ist. Kunden, deren Fraktionen noch nicht konvertiert wurden, werden in vielen Fällen darauf warten und allein deshalb Kaufzurückhaltung üben. Deren Spielpartner vielleicht auch, weil sie nicht allein spielen möchten.

Dementsprechend könnte der Zahlungsmitteleingang eher überschaubar sein beziehungsweise ausbleiben und das Ende Privateer Press‘ einläuten. Schade. Ich mag das Spiel wirklich gerne. Die Spielwelt ist auch klasse. Wie sagte Eizi Eis: „Am Ende bleiben nur die Sachen, die ich öde finde. Weil alle schönen Dinge irgendwann flöten gehen“. Hoffen wir, dass es so nicht kommt. Aber es sieht, meiner Einschätzung nach, nicht gut aus.

Das Problem neuer Editionen

Vorweg – ich bin im Laufe der Jahre kein Freund neuer Editionen bei Rollen- oder Tabletopspielen geworden. Das liegt daran, dass ich in meiner „Nerd-Karriere“ mehrheitlich schlechte Erfahrungen mit neuen Editionen machte:

  1. Demonword (ein nicht übermäßig komplexes „Rank and File“ Tabletop-System mit Hexfeldern), scheiterte daran, die zweite Edition überhaupt erst vollständig zu veröffentlichen – es fehlten schlicht Armeebücher. Das haben Fans zwar nachgeholt, aber das System ist heute praktisch tot – obgleich es in der ersten Edition recht erfolgreich war und ich auch denke, dass die zweite Edition keine der weiter unter stehenden Probleme mit sich brachte.
  2. Shadowrun wurde von lange und mit viel Freude in der dritten Edition gespielt. Dann kam die Vierte – und Shadowrun war „raus“ bei uns: Zwar wurde die neue Regelmechanik bei uns durchweg begrüßt (es gab keine „explodierenden“ Würfel mehr), aber die Welt wurde im Rahmen des Editionswechsels angepasst. Statt Cyperpunk gab es nun Hightech. Das fanden ein paar Mitspieler inakzeptabel (ich nur unglücklich), und so verschwand Shadowrun aus meiner Welt. [Update 17. Mai 2023: Mittlerweile weiß ich, dass die sechste Edition offenbar von der Spielerschaft nicht angenommen wurde und die ganz überwiegende Mehrzahl der Spieler bei der fünften Edition geblieben ist. Die sechste Edition Shadowruns‘ muss daher als gescheitert gelten.]
  3. DSA. Die vierte Edition war bei uns bereits wenig gewollt – wir benötigten wohl sechs Jahre, bis wir umgestiegen waren. Gründe dafür waren auch wieder Änderungen an der Welt, die ungewollt waren: Plötzlich gab es weniger Lebensenergie und mit einem Schlag Schwertgesellen. Zudem waren Dämonen von einem Tag auf den anderen mit nicht-magischen Waffen zu verletzen. Es dauerte lange, bis diese Inkonsistenzen geheilt waren: Dämonen sind bei uns „de facto“ immer noch nur mit magischen (und geweihten) Waffen zu verletzen – weil bei uns praktisch jeder Dämonologe die Dämonen so ruft – nur Anfänger machen „von der Vereinfachung“ Gebrauch, es anders zu halten. Schwergesellen waren lange nicht als SC zulässig und wurden behutsam in die Welt eingeführt. Die niedrigere Lebensenergie akzeptierten wir schließlich – man konnte im Gegenzug ja mehr Paraden haben. Gleichwohl kommt auch heute noch ab und an die Frage auf, warum die Lebensenergie eigentlich so niedrig sei, und dass dies doch unstimmig wäre.

    Schlimmer noch war die Einführung von DSA 5. Dies wird nunmehr von ein paar Freunden zwar experimentell gespielt – aber erst seit wenigen Wochen. Der weit größere Teil bleibt bei DSA 4. Für mich auch hier wieder vor allem deshalb, weil die Welt angepasst wurde: Mit einem Schlag waren Zauber von bestimmten Charakteren gar nicht mehr erlernbar, der, für das System ikonische, Reversalis wurde gleich ganz gestrichen.
  1. Warmahordes. Hier ist die jüngste Entwicklung noch nicht abgeschlossen, da die vierte Edition, MK IV, gerade erst im Entstehen begriffen ist. Man kann rückblickend aber feststellen, dass die Einführung der dritten Edition MKIII wahrscheinlich der größte Management-Fehler in der Tabletop-Geschichte gewesen sein dürfte: Das System war, je nach Quelle pari mit oder sogar vor dem Brachenprimus Warhammer – und stürzte durch die Einführung von MK III fast im freien Fall – in Europa und (mehr noch) in Asien fast bis in die Bedeutungslosigkeit. Dies vor allem deshalb, weil Modelle, die vormals gut waren, an Relevanz verloren und Modelle, die nun gut waren, von vielen nicht besessen wurden. Außerdem wurden einzelne Aspekte des Regelwerks vereinfacht.

    Bei der Einführung von MK IV werden Teile der Fehler wiederholt. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass alte Modelle an Relevanz verlieren oder sogar, im Turnierbereich zumindest, gar nicht mehr zu Einsatz kommen können. Allerdings wird daneben ein Format angekündigt, in dem alle (auch alte) Modelle spielbar sein sollen.
  2. Warhammer Fantasy spiele ich nicht selbst. Gleichwohl weiß ich, dass es durch Age of Sigmar abgelöst wurde. Von einem Editionswechsel kann in diesem Zusammenhang die Rede kaum sein: Zwar gab es wohl formal eine Möglichkeit, alte Modelle weiterzuverwenden. Allerdings waren schon die Basen anders (rund statt vormals eckig). De facto aber war daher Age of Sigmar, so wie ich es verstehe, ein neue Spiel. In Extremfällen führte die zu so viel Verdruss bei den Spielern, dass diese ihre alten Armeen verbrannten. Für den Hersteller war es ebenfalls ein Fanal und trug meines Wissens maßgeblich zum Erfolge Warmahordes bei.

Analysiert man diese Fälle, so wird deutlich, was die Nachteile eines Editionswechsels sind:

  1. Eingriffe in die Welt – sei es, beim Rollenspiel, durch Neusetzungen, oder, beim Tabletop, durch eine Veränderung der Stärke der Einheiten. In beiden Fällen ist dies für die Glaubwürdigkeit der Spielwert fatal: Warum sollte, von einem Tage auf den anderen, z.B. der Zauber Reversalis nicht mehr existieren, obgleich er in vielen Publikationen eine Rolle spielt? Oder warum gewinnt eine Einheit im Tabletop erwartbar nicht mehr gegen eine andere, wo das doch vormals der Fall war? Aus meiner Sicht ist dieser Nachteil für Produkte, die das Eintauchen in eine Welt ermöglichen sollen, ganz erheblich.
  2. Entwertung von Sachwerten: Vor allem beim Tabletop werden Modelle, die vormals für teuer Geld erworben wurden, dem Spiel entzogen. Entweder tatsächlich, weil sie gar nicht mehr zulässig sind. Oder nur de facto, weil ihr Einsatz nicht mehr sinnvoll ist. Im Rollenspiel gilt das gleiche für Regelwerke, allerdings ist hier der monetäre Einsatz oftmals deutlich geringer. Dieser zweite Punkt ist die realweltliche Konsequenz des ersten.

Dem gegenübersteht ein maßgebliches Interesse des Herstellers, (dennoch) eine neue Edition zu veröffentlichen. Aufgrund des geringen Marktvolumens bei gleichzeitig geringem Marktwachstum ist dieser nämlich recht schnell gesättigt. Da die Produkte auch kaum einer realweltlichen Alterung oder Abnutzung unterliegen, stellt sich eine Marktsättigung ein.

Die geschilderten Produkteigenschaften sind jedoch, aus Konsumentensicht, ein maßgeblicher Vorteil! Als Kind erkannte ich, dass Rollenspiele mit geringem Geldaufwand praktisch ewige Freude gewährt – anders als das Videospielen, das regelmäßig den Kauf neure Spiele oder gar Hardware erforderlich macht.

Für die Produzenten stellt sich dennoch die Erfordernis, auch nach der Markteinführung noch Umsatz zu erwirtschaften. Die neue Edition ist daher als Wette zu verstehen: Entweder die neue Edition wird angenommen – dann ist für den Produzenten alles super und der Umsatz wieder einige Zeit gesichert. Oder sie scheitert. Dann möglicherweise – abhängig von Auflage, Verkaufszahlen und ob Crows-Funding zur Finanzierung verwendet wurde – lediglich die Entwicklungskosten teilweise verloren. Es gibt also einen starken Anreiz, es mit einer neuen Edition zu versuchen.

Wir haben damit eine, aus meiner Sicht nahezu einmalige Situation, dass die Interessen von Produzent und Konsument nach einiger Zeit diametral auseinanderlaufen. Der ein oder andere mag einwenden, dass dies doch immer so sei, weil man ja auch immer wieder z.B. ein neues Mobiltelefon kaufen müsse. Das stimmt aber nicht: Das neue Mobiltelefon hat in der Regel auch weitere Funktionen. Wer mit seinem aktuellen Gerät zufrieden ist und das neue Display etc. nicht benötigt, kann ohne Weiteres mit dem Altgerät verbunden bleiben. Das neue Gerät bringt also einen konkreten Mehrwert. Es obliegt dem Kunden, ob er bereit ist, für diesen zu zahlen.

Bei Nerd-Spielsystemen ist das anders. Neue Editionen sind, meiner subjektiven Erfahrung nach, in aller Regel nur anders, nicht besser. Ob zum Beispiel DSA 5 DSA 4 überlegen ist oder vice versa, wird (noch immer) in zahlreichen Foren diskutiert. Zudem muss für das „Anders“ jede Menge Zeit für das Erlernen der neuen Regeln investiert werden. Meine Bereitschaft hierzu geht mittlerweile gegen null.

Die zunehmend (auch von mir selbst) gewählte Lösung (aus Konsumentensicht) ist, dass der Editionswechsel in der Regel nicht oder, wenn überhaupt, verzögert mitgegangen wird. Das klappt bei Rollenspiel sehr gut, weil man in der Regel auf die eigenen Gruppen beschränkt ist. Diese fungieren als weitgehend geschlossene Systeme, weswegen auch Hausregeln implementierbar sind.

Bei Tabletop-Systemen ist dies etwas schwieriger, weil diese von vielen auch auf Turnieren gespielt werden wollen. Daher braucht es einen Standard, der von allem akzeptiert ist. Das ist in der Regel die aktuelle Regelversion – auch wenn im Grunde nichts dagegen spricht, eine Veranstaltung nach dem alten Regelwerk zu organisieren. Ich für mich bin jedoch bei vielem ein „Legacy-Spieler“ (Wortschöpfungs eines Freundes) geworden.

Allein, fraglich dürfte sein, ob diese Strategie auch den Produzenten, und damit dem Hobby als Ganzem, nützt. Vermutlich langfristig nicht, oder nur dann, wenn immer neuere Spieler die Legacy-Spieler ersetzen.

Gibt es einen Mittelweg? Offenbar ja: Aus meiner Sicht ist Battletech ein System, dass seit Urzeiten im Wesentlichen unverändert besteht und offenbar noch immer profitabel ist. Meine Figuren und Regelwerke aus den frühen Neunzigern kann ich heute noch verwenden – die Regeländerungen sind, gerade im Kernbereich, dem Kampf mit Battlemechs, minimal. Dieser Erfolg könnte darauf zurückzuführen sein, dass das System in seiner Geschichte voranschreitet, hierbei neue Produkte veröffentlicht werden, gleichzeitig die alten Modelle aber nicht obsolet werden aber auch keine Abhängigkeiten dahingehend entstehen, als dass man sämtliche Entwicklungen und Modelle wissen müsste (anders als z.B. bei Warmahordes). Zudem ist das System auch außerhalb der Nerdszene über Computerspiele bekannt und hat dadurch immer neuen Zulauf – ich lerne immer wieder Leute kennen, die mit Battletech anfangen. Und fast jeder den ich kenne, hat es mal gespielt.

Grundsätzlich wäre selbstredend auch für andere Systeme erstrebenswert, weitere Spieler zu gewinnen. Wenn dies gelänge (insbesondere aber duurch die Produzenten, weil diese im Zugzwang stehen), wäre das Ursprungsproblem angegangen – der Markt würde breiter werden und wachsen. Ob dies realiter geschieht, ist meines Erachtens fraglich. Ergänzend erscheint es mir (auch daher) sinnvoll, dass die Produzenten über eine Nutzungsgebühr nachdenken, die für sinnvolle, aber mit geringen Grenzkosten einhergehende Services, verlangt werden kann. Dies sind typischerweise digitale Produkte. Zugang zu guten elektronischen Regel-Wiki könnten eine Idee sein. Auch VTT ist ein Schritt in diese Richtung; wobei ich glaube, dass LCD-Monitore als Tischplatten mit Karten auf die Figuren gestellt werden können etc. noch besser wären, vor allem weil zu viel Digitalisierung für viele abschreckend sein dürfte – was die Idee grundsätzlich erheblich erschwert. Zudem muss die Eigenarbeit für die Spieler minimiert werden. Im Ergebnis würde durch solche Gestaltungen aber ein konstanter, wenn auch vermutlich überschaubarer Umsatzstrom für die Produzenten generiert.

Sonst wird es eben weitergehen mit dem Teufelskreislauf der Editionswechsel. Vermutlich nicht zum Guten der Szene.