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LARP

Werteübertragung aus der Realität und „gerechte“ Bezahlung von Charakteren im Liverollenspiel – eine Erweiterung

In meinen letzten beiden Beiträgen versuchte ich, Lösungen für das mögliche Problem der gerechten Entlohnung von Charakteren und einer möglichen Übertragung realweltlicher Werte in die Spielwelt, in beiden Fällen beim Pen & Paper-Rollenspiel, aufzuzeigen.

Nunmehr soll es darum gehen, ob diese Lösungen auch für das Liverollenspiel denkbar sind. Dem vorgelagert ist sachlogisch die Frage, ob die Probleme überhaupt bestehen. Damit kommen wir zu

  1. „Gerechte“ Bezahlung von Charakteren im Liverollenspiel

Beim Liverollenspiel stellt sich die Frage nach einer (monetären) Entlohnung in der Regel nicht. Ich habe nur in Ausnahmefällen erlebt, dass die Lösung des von dem Veranstalter geplanten Plots eine Belohnung in Form von Münzen mit sich brachte.

Das ist nicht verwunderlich. Im Gegensatz zum Pen & Paper-Rollenspiel haben Münzen beim LARP praktisch keinen Gegenwert. Man kann in der Spielwelt mit diesem praktisch nichts erwerben. Selbst Nahrungsmittel müssen auch in Euro bezahlt werden. Nur Intime-Dienstleitungen sind mit dem Spielgeld bezahlbar. Hierunter fallen unter anderem einfache Botendienste, die Benutzung eines Badezubers oder gelegentlich Sölderdienste oder magische Dienstleitungen. In der Regel ist das Spielgeld daher vor allem als Einsatz für Intime-Spiele (vor allem Karten- oder Würfelspiele) wichtig.

Damit ist das Geld seiner wesentlichen Funktion beraubt. Es wird als Tauschmittel nicht oder nur für vereinzelte Dienstleistungen verwendet. Man kann aber keine Gegenstände, vor allem keine magischen, damit erwerben. Da alle Gegenstände ein realtweltiches Pendant haben, ist hierfür auch immer reales Geld zu entrichten. Daher besteht für niemanden die Möglichkeit mit viel Spielgeld den Charakter mit besserer Ausrüstung auszustatten, wie es beim Pen & Paper-Rollenspiel möglich ist.

Ergänzend ist zu sehen, dass das LARP-Geld „Fiat-Money“ par excellence ist. Man kann sehr günstig gewaltige Münzvorräte outttime kaufen und diese intime verwenden. Dies ist beim Pen & Paper-Rollenspiel naheliegenderweise nicht möglich (wenn man davon absieht, dass es bestechliche Spielleiter geben könnte). Allein dies macht die praktische Irrelevanz des Spielgeldes beim LARP deutlich.

Daher besteht de facto nur ein verhaltenes Interesse daran, Spielgeld zu haben. Es muss daher nicht gerecht verteilt werden – wenn es überhaupt als Belohnung in Betracht gezogen wird. Im Ergebnis ist auch ein spielerischer Vorteil reicher Charaktere fernliegend.

  1. Übertragung von realweltichen Werten in die LARP-Spielwelt

LARP ist in vielen Fällen, „anything goes Fantasy“. Ein einheitlicher Werte-Referenzrahmen liegt nicht vor und ist auch de facto auf Cons, die keine vordefinierte, allgemein bekannte Welt bespielen, nicht implementierbar.

Man ist daher gut damit beraten, bei der Einforderung von Werten sehr anspruchslos zu sein. Schon naturgemäß werden je nach realzeitlicher Vorlage die Werte der Charaktere divergieren (z.B. Revolutionszeit versus Mittelalter). Dazu kommen noch mögliche Ausprägungen in Bezug auf die Fantasy-Stoßrichtung. Zwischen dem Elfenbild des Hexer-Universums und dem Tolkiens liegen Welten. Mein Ratschlag ist daher, dass ein LARP-Charakter „in sich“ stimmig sein sollte und möglichst wenig auf die Akzeptanz bestimmter Setzungen außerhalb seiner selbst, oder seiner Gruppe, angewiesen ist. Im Extremfall ergibt sich sonst das Problem der LARP-Stasi.

Im Kern ist diese Empfehlung des Setzen eines Rahmens, der möglichst omni-kompatibel mit anderen Charakteren ist, der Ersatz dafür, dass der Spielleiter beim Pen & Paper-Rollenspiel einen solchen definiert.

Im Kern ist dieser Gedanke in den „zwei Regeln“ niedergelegt: Wenn Du angespielt wirst, zeige irgendeine plausible Reaktion. Spiel irgendwas, egal was, aber spiel. Und: Wenn Du jemanden anspielst, erwarte keine bestimmte Reaktion. Akzeptiere, was Dein Gegenüber draus macht.

Bei bereitwilliger Einhaltung der zwei Regeln ist die Frage nach dem Wertereferenzrahmen gelöst. Spieltechnische Effekte sind hiervon nicht zwingend abgedeckt.

Alternativ dazu kann man freilich geschlossene Setzungen für LARP-Veranstaltungen festlegen. Diese könnten zum Beispiel in der Hexer-Welt, oder im Herr der Ringe-Universum angesiedelt sein. Diese „Lösung“ funktioniert in weiten Teilen, weil hierdurch der Wertereferenzrahmen gesetzt wird. Sie scheitert aber insoweit, als dass selbst eine sehr ausgearbeitete Spielwelt wie Aventurien noch Diskussionen über den „richtigen“ Umgang mit allem Möglichen erforderlich zu machen scheint. Gerade deshalb diskutierte ich in meinem anderen Beitrag über Interpretationserfordernisse und mögliche Lösungen.

Die vermeintliche Idee, dass der LARP-Veranstalter, anstelle des Spielleiters im Pen & Paper-Rollenspiel, diese Setzungen vornimmt scheitert aus meiner Sicht aus zwei Gründen:

  1. Meiner Erfahrung nach befassen sich die Spieler vor einer Veranstaltung nicht oder kaum mit solchen Setzungen. Gelegentlich auch die Mitglieder der Spielleitung nicht.
  2. Eine LARP-Veranstaltung ist in vielen Fällen, und immer zunächst, eine einmalige Sache. Hierfür wird in aller Regel kein neuer Charakter entwickelt, schon allein deshalb, weil dieser in vielen Fällen auch den Erwerb neuer Ausrüstung erforderlich machen könnte. Es werden vielmehr schon bestehende Charaktere für die Veranstaltung verwendet. Solche Charaktere sind mit Setzungen, die von ihrem Charakter-Konzept abweichen, aber folgerichtig nur bedingt kompatibel. Da die Setzung der Veranstaltung vorab auch oftmals gar nicht gelesen wird (es ist ja nur eine Veranstaltung! – siehe Punkt 1.), ist diese de facto nicht durchsetzbar.

Aus meiner Sicht landet man dann wieder bei den zwei Regeln.

Nur im Falle des wiederholen Bespielens einer Reihe kann ein verbindlicher Referenzrahmen gesetzt werden. Damit wird mit der „anything goes Fantasy“ aufgeräumt.

In beiden Fällen zeigt sich für mich, dass insbesondere der wenig ausgeprägte Simulationismus ursächlich für die Unterschiede sind: Wo Geld de facto kaum oder keine Kaufkraft hat, kann man nicht erwarten, dass es relevant ist. Andererseits ist dies aus gameistischer Sicht ein Vorteil mit Blick auf die Probleme, die bei unterschiedlichen Finanzniveaus von Spielercharakteren entstehen können. Das objektiv kein Grund besteht, im LARP Geld haben zu wollen, kann auch narrativistisch kompensiert werden, in dem man sich über diese Tatsache spielerisch hinwegsetzt.

Im Falle der fehlenden Werte- oder Weltsetzung ist es nicht ganz so einfach. Ich wage zu behaupten, dass dies überwiegend ein Nachteil ist. Man kann dem mit gameistischen Ideen entgegentreten (was ich im Grunde mit meinem Vorschlag, dass jeder für sich einen in sich stimmigen Ansatz für seinen Charakter finden soll ohne fremde Charaktere zu tangieren, in gewisser Weise anrate). Am befriedigendsten dürfte die Festlegung eines (langfristig) verbindlichen Wertereferenzrahmens durch den jeweiligen LARP-Veranstalter sein.

Nichtspielercharaktere beim LARP – wie bekommen?

Es ist fast ein Ritual: Sieht man bald anstehende Liverollenspiele, gerade in der Hochsaison, an, z.B. auf Thilo Wagners LARP-Kalender, so findet sich dort der Hinweis „0 Spieler und X NSC-Plätze“ frei (NSC steht für Nichtspielercharaktere). Vor einer Con werden auch gerne noch schnell NSC gesucht. Man erhält dann E-Mails wie „NSC gesucht“ – verbunden mit dem Hinweis, dass SC-Plätze bereits voll seien.

Auch in der LARP-Zeit gab es schon einen Artikel zum NSC-Finden und sogar ein Youtube-Video zusammen mit Orkenspalter TV. Kurz: Es mangelt an NSC.

Das ist, bei Lichte betrachtet, nicht verwunderlich. Zunächst mal hat man als NSC in aller Regel keine Rolle, die selbst erwählt wurde und mit der man sich über lange Zeit identifizieren kann. Im Einzelfall mag das der Fall sein (Chris Fano als Aniesha Fey) – aber auch diese NSC werden letztlich von der Spielleitung gesteuert und ggf. auch für den Plot geopfert – so geschehen ebenfalls bei Aniesha Fey.

Aber auch von solchen, lang bespielten NSC abgesehen: Grundsätzlich muss man als NSC in mehr oder weniger engem Rahmen tun, was die Spielleitung von einem verlangt. Das fängt an mit der Rollendefinition geht über die Wahl der Verkleidung („Gewandung“) und reicht hin zu Schichtplänen für Einsätze. Ergänzend sind die Spieler Protagonisten der Veranstaltung. So müssen die NSC auch auch mal warten, bis sich die Spieler zum Ort des Konfliktes bequemen. Ob es heiß ist oder regnet, spielt bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Und freilich gibt es nur, und auch das nur vielleicht, den Schatten eines Baumes um die Wartezeit in Rüstung erträglicher zu machen. NSC sind also ein Stück weit schlicht Dienstleister.

Häufig sind NSC auch schlechter untergebracht als Spieler. In einigen Fällen schlafen Spieler in Hütten, NSC nur in Zelten. Oder es gibt (zum Beispiel auf der Burg Bilstein) Gemeinschaftsduschen für NSC, aber sanitäre Anlagen pro Zimmer bei den Spielern.

Bemerkenswert ist auch, dass die NSC-Darsteller oft auch Ausrüstung für ihre Rollen beschaffen müssen – dabei sind aber zumindest teilweise Vorgaben der Spielleitung zu befolgen. Manchmal bieten jedoch die Veranstalter von Groß-Cons sog. Deals an. Hierbei können günstig mehr oder weniger gute Ausrüstungsteile, zum Beispiel Rüstungen, erworben werden. Das kenn ich vor allem für das Schwarze Eis beim Conquest of Mythodea. Der Kauf eines NSC-Tickets berechtigte zur Teilnahme an diesen „Deals“, die passende Rüstungsteile und einen Waffenrock enthielten. Die entsprechenden Gegenstände konnte man freilich später auch für andere Rollen verwenden.

Allerdings kam jüngst der Gedanke auf, den Standard der NSC-Ausrüstung anzupassen und hierbei die vormals erworbene Ausrüstung aus den Deals nicht mehr zuzulassen. Hierdurch würden die vormals gekauften Ausrüstungsgegenstände nicht mehr auf dem Conquest of Mythodea verwendet werden können. Das erinnert ein wenig an das Editionsproblem beim Pen & Paper-Rollenspiel und Tabletop: Diskreditionäres Verhalten zwecks Umsatzgenerierung – den freilich partizipiert der Con-Veranstalter von den Verkäufen von NSC-Ausrüstung.

Spieler werden demgegenüber nicht mit solchen Anforderungen bezüglich der Ausrüstung konfrontiert und haben daher auch den Vorteil, mit diesem Problem gar nicht konfrontiert zu sein. Das NSC-Dasein ist damit auch insofern nachteilig.

All diese Aspekte sind im Zweifelsfall nicht geeignet, das Dasein als NSC besonders attraktiv zu machen. Es verwundert mich daher nicht, dass es an NSC oft mangelt.

In vielen Fällen ist das einzige Zugeständnis an die NSC ein geringerer Preis, um an der Veranstaltung teilzunehmen. Was könnten die Veranstalter sonst noch tun?

Aus meiner Sicht gibt es fünf Anknüpfungspunkte:

  1. Erhöhung der NSC-Autonomität
  2. Verbesserung der Unterbringung
  3. Banden schmieden
  4. Stellen der NSC-Ausrüstung
  5. Geringere Kosten bzw. Bezahlung der NSC

Ad 1) Erhöhung der NSC-Autonomität

Hiermit ist gemeint, dass die NSC weniger stark von der Spielleitung gesteuert werden und sich hierdurch ein wenig in Richtung Spielercharaktere bewegen. Solche Aspekte sieht man auf dem Conquest of Mythodea, wo die NSC Ziele haben, die sie erreichen können, aber nicht müssen. Bei dieser Con-Reihe gab es daher auch schon Jahre, in denen die NSC, und nicht die Spieler, „gewannen“.

Als Nachteil könnte in Betracht kommen, dass durch die vordefinierten Organisationsstrukturen NSC oft viel besser strukturiert sind, als Spieler, bei denen oft ein Nebeneinander verschiedener Gruppen, mit jeweiligen Alleinvertretungsanspruch, exisitiert. Infolgedessen haben die NSC in vielen Fällen einen kompetetiven Vorteil. Dies konterkariert im Extremfall das Ziel, dass die Spielercharaktere Protagonisten sind.

Weitergedacht und überspitzt führt diese Lösung zu einem Spieler-gegen-Spieler-Con.

Ad 2) Verbesserung der Unterbringung

Man könnte schlichtweg die jeweils „besseren“ Unterkünfte den NSC geben. Zum Beispiel also die NSC in Hütten unterzubringen, und die Spieler in Zelten. Dieser konkrete Fall hätte den Vorteil, dass die Spielerunterkünfte tendenziell stimmungsvoller werden, da Hütten in aller Regel nicht stimmungsvoll gestaltet sind, Zelte aber häufig schon.

In gleicher Weise könnte für NSC eine bessere Vepflegung oder sanitäre Anlagen angeboten werden.

Einen indirekten Ansatz gibt es dahingehend, dass NSC-Zelte mitunter modern und nicht „mittelalterlich“ sein müssen. Das kann helfen, weil es die Kosten der NSC vermindert. Es kann aber auch zum Nachteil sein, weil solche Zelte der Atmosphäre, auch für NSC, sicher nicht zuträglich sind. Ich würde dieses Argument daher nicht überbewerten.

Ad 3) Banden schmieden

Es gibt auch Larper, die gehen, trotz allem, primär als NSC auf Cons. Das liegt meines Wissens daran, dass es sich um eingespielte Gruppen, oft von Freunden, handelt, welche die fehlender Intime-Bindung an die Charaktere, durch eine Outtime-Bindung kompensieren. Auch große NSC-Gruppen, sie die Schwärme beim Schwarzen Eis auf dem Conquest of Mythodea, funktionieren im Ergebnis so.

Allein – diese Möglichkeit kann ein Veranstalter nur potentiell nutzen, wenn es sich um eine Con-Reihe handelt, bei der jede Veranstaltung mit denselben NSC besetzt wird. Und auch dann ist es nicht planbar, dass sich solche Banden etablieren.

Zudem darf nicht übersehen werden, dass Spielergruppen üblicherweise ingame und outgame persönlich verbunden sind. Es geht also um die Aufholung eines Nachteils von NSC gegenüber Spielern – der Aufbau eines Vorteils ist in der Regel nicht möglich.

Ad 4) Stellen der NSC-Ausrüstung

Die Veranstalter können, gerade wenn sie besondere Vorstellungen haben, den NSC einfach die Ausrüstung stellen. Dies würde die Kosten der NSC reduzieren und zudem sicherstellen, dass der Veranstalter NSC hat, deren Kostüme seinen Vorstellungen entsprechen. Obendrein werden Verschleißteile, allen voran Polsterwaffen, der NSC nicht belastet, sondern der Veranstalter kommt dafür auf.

Auf den Conquest of Mythodea stellen die Veranstalter Pfeile und Bolzen für NSC, die einen Fernkämpfer darstellen. Das geht genau in die richtige Richtung, zumal die Zahl der NSC-Geschosse sehr hoch ist – es ist daher eine große Freude, hier einen Fernkämpfer zu spielen.

Ebenfalls auf den Conquest of Mythodea wird meines Wissens auch die Ausrüstung besonderer NSC gestellt.

Ad 5) Geringere Kosten bzw. Bezahlung der NSC

NSC zahlen praktisch immer einen geringeren Teilnahmebetrag für LARP-Veranstaltungen. Aber offenbar ist diese nicht niedrig genug – sonst gäbe es keinen NSC-Mangel.

Mein Vorschlag läuft daher darauf hinaus, NSC zu bezahlen. Aufgrund des (mehr oder weniger) Dienstleistungscharakters ihrer Tätigkeit finde ich den Gedanken nicht fernliegend. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich so viele Larper fänden, denen die Con sonst zu teuer wäre. Und das wäre doch für alle ein Gewinn! Die Kosten für die Bezahlung kann man ohne Weiteres auf die Spieler umlegen – wenn alle Spielerplätze weg sind, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass ein Nachfrageüberhang vorliegt und daher die Preise erhöht werden können.

Dieser Ansatz kann ohne Weiteres mit den anderen vorstehenden Ansätzen, allen voran dem Stellen der Ausrüstung, kombiniert werden.

Allein, problematisch könnte die steuerliche Umsetzung sein: Falls der LARP-Veranstalter nicht gerade gemeinnützig ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bezahlung für die NSC steuerpflichtig wird. Dies könnte man allenfalls dadurch in den Griff bekommen, dass man die Auslagen der NSC erstattet. Dann käme der NSC steuerlich „auf Null“ heraus. Weil man dies die NSC aber immer noch steuerlich erklären müssten, wäre ein Kauf z.B. der Zugfahrkarte durch den Veranstalter sehr viel einfacher. Kompliziertere Gedankenspiele, wie die Überlegung, dass NSC-Darsteller ihre Verkleidung oder andere Ausgaben als Werbungskosten absetzen könnten, so sie für die Teilnahme am LARP bezahlt werden, sollen hier außen vor bleiben. Es sei nur der Hinweis gestattet, dass derartige Ausgaben wohl oft Liebhaberei wären – und damit als abzugsfähige Werbungskosten aussscheiden.

Dennoch: Eine Erstattung oder Übernahme von Auslagen, kombiniert mit dem Stellen von Ausrüstung und einer guten Unterbringung, ist aus meiner Sicht überlegenswert, um die Attraktivität des NSC-Daseins zu erhöhen.

Von (meinen) Schwierigkeiten bei der Charaktererschaffung

Meistens bin ich beim Pen & Paper-Rollenspiel, allen voran bei DSA, Spielleiter. Die Frage der Charaktererschaffung stellt sich daher so oft für mich nicht.

Vor einigen Wochen jedoch, ist etwas ungewöhnliches geschehen: Es soll eine neue DSA-Runde gegründet werden  – und ich darf Spieler sein!

Also musste ein Charakter her. Was also tun?

Die Genese eines Charakters ist bei mir eine schwerfällige Angelegenheit. Anfangs dachte ich bei der Charaktererschaffung oft von den Fähigkeiten her, was ich spielen möchte („soll mit der Armbrust schießen können“). Später standen die Wesenszüge im Vordergrund, wie der Charakter zu spielen sein wird. Heute möchte ich, dass diese Wesenszüge aus dem Hintergrund erwachsen, der gleichsam Motivation und Anknüpfungspunkte für mögliche künftige Erlebnisse, aber auch Erklärung für die Fähigkeiten des Charakter ist. Letztendlich muss man sich das wie eine Iteration vorstellen, bei dem erwünschte Wesenszüge und Hintergrund einander gegenseitig beeinflussen, bis sie in einem Gleichgewicht sind. Die Fähigkeiten auf dem Charakterbogen entstehen dann quasi als Abfallprodukt in einem nachgelagerten Schritt (dann, wenn man den Charakter auf Basis des vorstehenden regeltechnisch erstellt).

Hierbei ist mir wichtig, dass bei der Hintergrundgeschichte das gewisse „Extra“ dabei ist. Was das ist, ist einzelfallabhängig. Ein dunkles Geheimnis, ein heimliches Streben, eine Schuld, eine unterbewusste Angst – die Möglichkeiten sind mannigfalig.

Weil viel bedacht werden will, arten Hintergrundgeschichten deshalb in der Länge mitunter aus. Ein guter Freund von mir, der ähnliche Überlegungen bei der Charaktererschaffung anstellt, schrieb für einen Charakter jüngst 30 vollbeschriebene Seiten Vorgeschichte. Zugegeben – dieser Charakter stieg auf Stufe 17 (DSA) ein – es musste also schon naturgemäß etwas mehr sein. Gleichwohl merkt man bei seiner Darstellung des Charaktervorlebens deutlich, dass es nicht einfach irgendein Retortenheld ist, sondern eine plastisch entwickelte Persönlichkeit (in diesem Fall im Übrigen eine Hexe).

Eine derartig ausgearbeitete Hintergrundgeschichte gibt einen großartigen Rahmen an die Hand, wie der Charakter zu spielen sein wird. Nebenbei erhöht sie dadurch meines Erachtens die „Glaubwürdigkeit“ der Charakterdarstellung enorm. Eine gut ausgearbeitete Hintergrundgeschichte ist daher unbedingt empfehlenswert.

Ungeachtet der Tatsache, dass ich diese Ansprüche an meine (wenigen) Charaktere beziehungsweise deren Vorgeschichten stelle, finde ich die Vorbereitung, das Obenstehende im Blick, äußerst mühsam. Dies liegt weniger am Schreiben selbst. Für mich liegt die Schwierigkeit darin, im Vorfeld den Charakter gedanklich aufzubauen und mit der Hintergrundwelt zu verweben. Vor allem geht es um den Einbau des gewissen „Extras“ – das ist oft bei der ersten Idee noch nicht habe.

Fast unnötig zu erwähnen, dass ich Forderungen, ein Charakter dürfte regelseitig in der Erstellung nur ein paar Minuten benötigen, nur völliges Unverständnis entgegenbringen kann.

Zudem wird deutlich, warum ich ausgearbeitete Spielwelten schätze (die ich selbst freilich auch kennen muss!) – nur deren vielschichtigen Hintergrundwelten ermöglichen eine Verzahung der Charaktervorgeschichte mit der Spielwelt und machen das „Extra“ möglich oder zumindest einfacher in der Implementierung.

Ein Charakter, auf dessen Geschichte ich sehr stolz bin, hatte daher eine Entstehungsphase von über vier Jahren. Von der ersten Idee (ein Uhrmacher) bis zur, für mich, zündenden Idee, die das „Extra“ darstellte, um ihn für mich zu komplettieren. Dann ging es aber schnell: Die zündende Idee hatte ich nächtens um kurz vor halb vier (es war eine Nacht auf Montag) – und um 8 Uhr standen zahlreiche Seiten – wenn auch noch nicht „druckreif“.

Soviel Zeit hatte ich diesmal, für die neue Runde, nicht. In wenigen Wochen schon sollte es losgehen! Ich musste mich daher eines Kunstgriffs bedienen, dessen Ausgang ungewiss ist: Ich werde einen Charakter spielen, der bereits 25 (echte) Jahre alt ist. Es handelt sich um die Magierschülerin meines Magiercharakters, den ich als ich Teenager spielte. Diese Schülerin hat nunmehr ihre Ausbildung abgeschlossen und ist regeltechnisch auf Stufe 1 (im aventurischen Jahr 1032 BF).

Die Schwierigkeit in diesem speziellen Fall war, die damaligen Erlebnisse, die man heute nicht mehr genauso replizieren würde (man könnte von „Jugendsünden“ sprechen), an die jetzigen Ansprüche anzupassen ohne sie zu verfälschen. Zudem musste ich mir viele Gedanken machen, wie die Wesenszüge dieses vormaligen Halb-NSC von damals heute wohl sind. Bedingt durch die erhebliche Vorgeschichte und Vorarbeit (teilweise auch schon verschriftlicht) war dies aber kurzfristig zu schaffen. Jedenfalls hatte ich zahlreiche Ideen, die ich schließlich im Wesentlichen auch zu Papier brachte und damit gedanklich noch besser verankerte.

Als Nebeneffekt kamen zahlreiche Erinnerungen hoch. Auch sprach ich mit einzelnen Mitspielern von damals – insgesamt eine tolle Erfahrung.

Nur die Zinnfigur steht noch aus – aber das wird bis zum zweiten Termin auch geschafft sein. Und wer weiß, ob es beim ersten Termin überhaupt Kämpfe gibt oder sonst eine Figur benötigt wird?

Schwieriger noch finde ich die Charaktererschaffung beim LARP. Ergänzend zu dem vorstehenden muss man nämlich auch noch die dem Liverollenspiel innewohnenden Unzulänglichkeiten bei der Charaktererschaffung berücksichtigen. Und vor allem auch die realweltiche Ausrüstung beschaffen. Das kann zum einen teuer sein. Zum anderen nervenaufreibend, weil die LARP-Händler oft katastrophal (oder gar nicht) organsiert sind; gerade wenn es um Einzelanfertigungen geht.

Zum Glück kann man in aller Regel davon ausgehen, dass einem ein LARP-Charakter wirklich lange erhalten bleibt.

Dass ist beim Pen & Paper-Rollenspiel nicht bei allen Systemen so. Mit Blick auf meine vorstehenden Mühen wird glaube ich klar, warum ich um Chutulu bislang stets einen großen Bogen machte – angeblich ist es im System angelegt, dass die Charaktere sterben oder verrückt werden. Das möge meiner Magierschülerin hoffentlich nach – in gewisser Weise – 25 Jahren Vorbereitungszeit nicht wiederfahren.

Sprachstile und Rollenspiel

Bei einem Fantasy-Rollenspielabend vor wenigen Wochen hatten wir eine neue Spielerin dabei, die zudem vergleichsweise jung war (Mitte 20). Ich kannte sie bereits ein wenig und eine bei uns sehr etablierte Spielerin kennt sie seit vielen Jahren. Der Abend war auch sehr lustig.

Mir fiel allerdings eine, für meine Begriffe, umfassende Verwendung von Anglizismen auf, die ich, offen gestanden, nur suboptimal fand. So misslang eine Probe nicht, sie wurde „gefailt“. Etwas gelang nicht sicher sondern „save“. Dies wurde als „Jugendsprache“ bezeichnet.

Auch in einer anderen Runde, verwendet vor allem ein, mit mir vergleichbar alter, Spieler, der jedoch seit langem im Ausland lebt, häufig englische Lehnwörter wie „Meeting“ (statt Zusammenkunft oder Austausch). Vor vielen Jahren hatte wir mal einen Magier der „Bannbaladin – ging, ey“ sagte, um einen erfolgreichen Zauber darzustellen. Darüber wurde noch lange gesprochen.

Die Beobachtung ist nicht auf Anglizismen beschränkt. Auch Wörter wie „Alter“ oder „Digga“ (statt Freund) „geil“ (statt großartig, man beachte die hier kontrovers diskutierten Varianten der Herr der Ringe-Übersetzung), finde ich beim Fantasy-Rollenspiel unpassend.

Perspektivisch frage ich mich, ob irgendwann im Fantasy-Rollenspiel gegendert wird. Auch dies empfände ich als höchst unschicklich.

Es stellen sich damit zwei Fragen für mich:

  1. Ist das überhaupt ein Problem?
  2. Wie soll ich damit umgehen?

Mir wurde verdeutlicht, das meine „Ausgangslage“ mein persönlicher Sprachstil ist. Diesen würde ich als klassisch hochdeutsch bezeichnen. Abweichungen davon fallen mir auf. Auch im beruflichen Kontext, sofern das Gespräch auf deutsch geführt wird, fällt mir die vermehrte Verwendung von Anglizismen durchaus auf.

Man muss aber freilich sehen, dass jemand anderes schlicht einen anderen Referenzrahmen haben kann. Dann sind andere Ausdrücke üblich.

Ich bin, wie bereits geschildert, der Auffassung, dass gerade Pen & Paper-Rollenspiel ganz wesentlich von der Sprache lebt. Bei einem Fantasy-Rollenspiel ist daher, aufgrund der Anleihen am Mittelalter, eine etwas altertümliche Sprache meines Erachtens naheliegend.

Nun weiß freilich auch ich, dass beim Fantasy-Rollenspiel mitnichten das Deutsch des Mittelalters gesprochen wird – gleichwohl war es für mich immer Usus, sich zumindest einer subjektiv altertümlichen Sprache zu bedienen – auch wenn diese so vielleicht historisch nicht existierte (am ehesten dürfte es das Deutsch von Dichtern wie Goethe oder Schiller sein).

Der Versuch der Förderung der Immersion ist auch keineswegs auf die Sprache beschränkt – man denke nur an die Hintergrundmusik, „stimmige“ „Handouts“ oder ggf. Kerzen. In einzelnen Abenteuern werden sogar Empfehlungen für die Farbe des Lichtes oder für das Essen gemacht. Jüngst las ich, man solle den Spielern die Augen verbinden, um die Situation der Charaktere möglichst gut nacherlebbar zu machen.

Dies im Blick finde ich es ist nicht vermessen, von jedem individuellen Bezugspunkt aus einen Schritt in eine etwas „stimmigere“ Sprache zu machen.

Wie also damit umgehen? Die Sache ist kniffelig. Schnell schließt man mit zu forschen Forderungen Spieler aus und die  Exklusivität der Alt-Rollenspieler getadelt. Ich möchte nicht ausgrenzend sein. Aber gleichzeitig möchte ich auch ein, ich denke nicht nur für mich, schönes Rollenspiel.

Zu Lösungen innerhalb des Spieles bieten sich an:

  1. Als Notbehelf kann man einzelne Wörter in die Spielwelt einfügen. „Okay“ ist beispielsweise in Aventurien ein mohisches Wort. Ein netter Kunstgriff – in den meisten anderen Fällen aber nicht umsetzbar.
  2. Man könnte die Spielwelt auf das unbekannte Wort reagieren lassen. Bei „Wir machen ein Meeting.“ könnte die Reaktion sein: „Was sagt Ihr? Ihr wollt einen Mietling machen? Nun Söldner findet ihr dort vorne zuhauf – allein, ich weiß nicht, wie uns das nützen mag.“

Das kann an schon mal machen – hat aber auch etwas Oberlehrerhaftes.

Es bleiben daher Lösungen außerhalb des Spieles: Jeder kann einfach ein wenig an seiner Wortwahl feilen. Auch das Ihrzen muss erst mal gelernt sein. Daher ist vielleicht die beste Lösung, den Wunsch nach einer etwas modifizierten Sprache mit Bedacht zu äußern, aber im Grunde jedem auch Zeit zu geben, sich insoweit zu entwickeln. Im Übrigen: Ganz anders sieht es ja bei SciFi-Rollenspielen aus! Bei Shadowrun zum Beispiel finde ich jedes der oben stehenden Wörter sehr passend!

Hobbykombinationen: LARP, Tabletop und Pen & Paper vereint (?)

Die Schnittmenge derer die Tabletop und derer, die Pen & Paper-Rollenspiele spielen, ist meiner Erfahrung recht groß. In gleicher Weise ist die Schnittmenge von LARP-Spielern und Pen & Paper-Rollenspielern beachtlich. Gleichwohl sind Miniaturenspiele, die auf einem Pen & Paper-Rollenspiel basieren, oft nicht erfolgreich (Armalion und Schicksalspfade als Auskopplungen von DSA sind hier zu nennen) und auch in der anderen Richtung klappt es oft nicht (Die Rollenspiel von Warhammer [auch 40k] oder Warmahordes frist(et)en ein vergleichsweise trauriges Dasein). „Offizielle“ LARP-Kombinationen sind ebenfalls selten. Auf Aventurien-LARPs werde ich gesondert eingehen.

Dennoch: Was liegt also näher als diese „Personalunion“ von Spielern auf die Spielwelten zu übertragen? Ich habe dies mehrfach versucht – es gelang mir nie.

Mein erster Pen & Paper-Rollenspiel-Charakter war ein Zwerg. Ich war als Kind begeistert von dem Hobbit und mochte vor allem Thorin Eichenschild. Nachdem ich mit sieben Jahren (oder so) als solcher bei Karneval verkleidet war, sollte mein erster Rollenspielcharakter ebenfalls ein Zwergenprinz sein. Dieser DSA-Charakter hieß zunächst auch Thorin – ich habe ihn aber später zu Andrasch umbenannt (das würde ich heute freilich beides nicht mehr tun – weder die Namensgebung noch eine Umbenennung). Als ich mit circa 16 Jahren vom LARP erfuhr, wollte ich unbedingt meinen Zwergen genauso dort auch spielen. Ich schilderte schon, dass daraus nichts wurde – weder meine körperlichen noch meine finanziellen Voraussetzungen ließen dies zu.

Ich hatte jedoch einen neuen Charakter, von dem ich begeistert war – einen Magier. So sollte eben dieser mein LARP-Charakter werden. Und auf dem ersten Con 1999 trug dieser Magier, der heute Xarxe ist, auch noch den Namen des DSA-Charakters (Zondan). Die Änderung sowohl des Namens wie auch des Konzepts (letzteres eher im Laufe der Zeit), waren schon deshalb erforderlich, weil die Möglichkeiten des Pen & Paper-Rollenspiels keinesweg beim LARP darstellbar waren und sind – auch hierzu äußerte ich mich bereits. Allein die Machtfülle des DSA-Charakters ist mit dem Grundkonzept des LARP schlicht unvereinbar.

Bei Demonworld, mit dem ich auch irgendwann in den späten Neunzigern anfing, wollte ich eigentlich, der oben stehenden Begeisterung für meinen Zwergenprinz folgend, die Zwerge spielen. Diese waren aber schon an einen Mitspieler vergeben. So entschied ich mich für Isthak. Da der (Schwarz-)Magiercharakter Zondan im Entstehen war, war Isthak für meine Zwecke die nächstbeste Wahl – den dieses Volk hat sowohl Dämomen wie auch Untote in ihren Reihen.

Vor allem war es bei Demonworld in der ersten Edition so, dass man DSA-Charaktere zu Demonworld-Helden konvertieren konnte. Dafür gab es explizite Regeln. Den DSA-Magier gab es damals noch nicht in Gänze, aber seinen Lehrmeister, den ich damals nur für eine Abenteuer kreiert hatte (allerdings auf einer [erforderlichen] hohen Stufe). Bedingt durch die Anforderungen dieses einen Abenteuers, hatte der erstellte Magier sehr hohe Werte – mit die höchsten, die das Regelwerk überhaupt zuließ. Infolgedessen wäre auch der konvertierte Isthak-Held mit sehr hohen Werte einhergegangen – der Held wurde daher von einem Freund, der damals so etwas wie die Demonworld-Oberherrschaft innehatte, schlicht abgelehnt.

In gewisser Weise kam der eigentliche DSA-Magier (Zondan) später aber doch noch zum Zug: Ebenfalls in den späten 90ern und in den frühen 2000ern spielten wir AD&D. Der Spielleiter erfand eine eigene Welt und wir konnten Vorschläge zu deren Gestaltung einbringen. So wurde das Demonworld-Reich Isthak kurzerhand in diese Welt versetzt und mein DSA-Magiercharakter zum Gott dieses Reiches erklärt. Mein AD&D-Charakter war ein Priester-Magier, der just diesen Gott verehrte. Allein – hierbei wurden zwei Pen & Paper-Rollenspiele kombiniert. Eine Überschreitung der „Hobbygrenzen“ lag nicht vor.

Aus dieser Zeit stammt jedoch meine Vorliebe für Eisvölker. Bei Warmahordes war Legion of Everblight meine erste Fraktion, die mit Isthak einiges gemein hat.

Jedenfalls waren die Experimente der Hobbykombinationen für mich als Spieler Anfang des Jahrtausends zunächst erledigt. Zusammenfassend lässt sich sagen:

  1. Die Übernahme von Pen & Paper-Helden in die LARP-Welt scheiterte bei mir daran, dass diese Fähigkeiten hatten, die mit LARP nur schwer vereinbar sind – nicht nur in Bezug auf die Darstellung, sondern auch mit Blick auf das Spielgleichgewicht. Zumal LARP in der Regel ein Sammelpunkt von Helden ist, von denen regelmäßig keiner übermäßig heraussticht.
  2. Die Übertragung eines Pen & Paper-Charakters in eine Tabletop-Welt scheiterte aus einem ähnlichen Grunde: Dieser wäre mit der erforderlichen Spielbalance im Tabletop unvereinbar gewesen.

Vor einigen Jahren gab es einen weiteren Anlauf: Wir spielten eine Battletech/ Mechwarrior-Kampagne. Unsere Spielercharaktere waren Mechkrieger und Söldner. Nur die Gefechte mit den Mechs wurden mit den Battletech-Regeln ausgeführt, sonst griffen wir auf den Mechwarrior-Regel zurück. Das klappte ganz gut – als Problem stellten sich jedoch die simulationistischen Schwächen des Battletech-Regelwerks heraus, welche das Mechwarrior-Regelwerk in diesem Umfang nicht hatte. So hatten Handfeuerwaffen eine weit größere Reichweite als die Waffen der Battlemechs. Zudem war die Ökonomie unausgegoren – ein Aspekt der bei Battletech als Brett- oder Tabletop-Spiel so keine Rolle spielt – beim Rollenspiel aber sehr wohl, da die Charaktere derartige Überlegungen anstellen. Letztlich klappte es nicht – obwohl ich begeistert von dem Konzept war.

Da ich vom Rollenspiel her komme, waren meine Konvertierungsversuche stets von dort ausgehend. Was aber, wenn man es andersherum hält? Das scheint mir möglich! Auf dem Epic Empires werden die Warhammer-Armeen Imperium und Chaos bespielt. Ich sehe auch prima facie keine Probleme einen beliebigen LARP-Charakter in ein Pen & Paper-Rollenspiel zu überführen (freilich muss beides einen ähnlichen Rahmen, wie beispielsweise Fantasy, haben).

Es gibt auch Aventurien-LARPs, bei denen die Überschreitug der Hobbygrenzen augenscheinlich gelingt. Dies ist bei genauer Betrachtung aber nur bedingt richtig – die hier bespielten Charaktere sind keine (sehr) hochstufigen oder greifen auf ihre Fähigkeiten zumindest nicht wie im Pen & Paper-Rollenspiel zu. Ich habe jedenfalls noch keine erfolgreiche Anwendung und glaubwürdige Darstellung des DSA-Zaubers „Mit dem Wind in Sternenhöh“ auf dem LARP gesehen. Gleichwohl könnte man die Aventurien-LARP-Charaktere ins Pen & Paper-Rollenspiel überführen.

Vor einigen Jahren gelang Freunden von mir jedoch die Konvertierung von Pen & Paper-DSA-Helden zum LARP. Der wichtige Faktor, der den Erfolg erklären könnte, war jedoch, dass diese Charaktere zum großen Teil nicht magiebegabt waren oder bereit waren, ihre magischen Fähigkeiten nicht im vollen Umfang ins LARP zu übernehmen. Dadurch stellten sich viele Fragen, die aus der Machtfülle herrührten mitunter gar nicht. Auch die magischen Gegenstände (dieser sonst sehr, sehr erfahrenen) Helden wurden nicht übertragen.

Für mich als Spielleiter ergab sich damit aber eine neue Möglichkeit der Hobbykombination. Ich war Spielleiter dieser Gruppe, lebte damals aber im Ausland, daher scheiterte meine Teilnahme am LARP. Gespielt wurde per Videokonferenz. Um die Heldenerlebnisse miteinander zu verknüpfen, nahm ich vor dem Con Kontakt zur LARP-Orga auf. Diese war so freundlich, mir einen Hinweis für den LARP-Plot zu geben, den ich beim Pen & Paper-Spieltermin vor dem Con an die Spielercharaktere weitergab (ein verrückter Seher sprach zu den Helden). Zum Ende des Spieltermins gingen die Helden schlafen, so dass das LARP als Traum in die Pen & Paper-Welt integriert wurde.

Ergänzend erlangten diese (schlafenden, träumenden) Charaktere auf dem LARP Hinweise für den Pen & Paper-Plot.

Mit diesem „Kniff“ war auch die Konsistenz der Heldenerlebnisse gewahrt. Ich bin ex post noch immer sehr zufrieden über diese Kombination.

Leider musste ich feststellen, dass die Spieler beziehungsweise Charaktere die Parallelen nicht erkannten. Sie hatten zwar einen handfesten Hinweis zur Lösung des LARP-Plots aus dem Pen & Paper-Spieltermin und ebenfalls einen gewichtigen Hinweis für das Pen & Paper-Abenteuer aus dem LARP. Der Transfer gelang aber nicht: Den Spielern und Helden kam gar nicht in den Sinn, dieses Wissen zu kombinieren oder anzuwenden. Erst als ich nach LARP und nach Abschluss des Pen & Paper-Abenteuers auf die wechselseitigen Hilfen hinwies, wurde den Spielern die Verknüpfungen bewusst. Daher muss auch dieser Versuch von mir, die Hobbygrenzen zu überschreiten, als gescheitert gelten.

Die Anforderungen an die Darstellung im LARP – bei Magie und sonst

Die LARP-Szene hat sich, seit dem es LARP gibt, vor allem (aber nicht nur), bei den Kostümen erheblich weiterentwickelt. Während in den Anfangstagen ein grauer Pulli ein Kettenhemd oder ein Bademantel eine Magierrobe darstellte, ist dies heute undenkbar. Es ist daher naheliegend, dass höhere Ansprüche auch sonst um sich griffen: Waffen sehen mittlerweile viel besser aus, es gibt mitunter schöne Dungeons, Iglo-Zelte sind zunehmend verpönt und dergleichen mehr. Wenig verwunderlich betrifft das auch die Darstellung von Magie im LARP. Aber so einfach ist die Sache nicht.

Im Grunde herrscht bei LAPR das Postulat, dass alles gut dargestellt werden soll. Das macht freilich Sinn. Diese Maxime geht soweit, dass klassische Regelwerke mittlerweile im weiten Teilen abgeschafft sind und häufig nach DKWDDK („Du kannst, was Du darstellen kannst“) oder sogar nach „DKWDK“ („Du kannst, was Du kannst“) gespielt wird. Weil DKWDK Magie de facto verbannt, ist das für die weitere Diskussion wenig hilfreich.

Aber auch DKWDDK kann als problematisch betrachtet werden. Da die Darstellung übernatürlicher Effekte naturgemäß schwierig ist, führte dieses „Regelwerk“ dazu, dass viele Zauber vom LARP verschwunden sind. Als Beispiel mag hier Unisichtbarkeit dienen. Während früher eine Faust auf der Schädeldecke üblich war, um Unsichtbarkeit anzuzeigen, ist dies heute kaum noch möglich. Auch Verwandlungszauber sind aus selbem Grunde seltener geworden. Teleportation und Zeitstopp ebenfalls.

Andererseits ist für andere Zauber die Darstellung in vielen Fällen seit Jahren unverändert. Kampfzauber werden unverändert über geworfene weiche Gegenstände simuliert. Für die Darstellung eines Windstoßes genügt in der Regel unverändert das Wedeln mit einem Fächer.

Die faktische Eliminierung schwer darzustellender Zauber resultiert in einen Trend in Richtung low fantasy. Das kann man begrüßen oder auch nicht.

Was mich stört ist, dass die Anforderungen an die Darstellung von Magie zwar dem allgemeinen Trend hin zu einer bessereren Darstellung entsprechen, jedoch mitunter inkonsistent sind. Dies soll anhand von Beispielen dargelegt werden:

  1. Der bereits dargelegten weggefallenen „Darstellungserlaubnis“ für Unsichtbarkeit steht entgegen, dass vor allem Nichtspielercharaktere sich weiterhin „outtime“ (das heißt, mit gekreuzten Armen laufend, was bedeutet, dass diese im Spiel nicht existieren) bewegen dürfen. Beides fordert exakt dieselbe Abstraktionsmühe von den Con-Teilnehmern. Dennoch ist Unsichtbarkeit unüblich und „Outtime“-Bewegungen allgegenwärtig. Man könnte jedoch einwenden, dass sich „outtime“ bewegende Nichtspielercharaktere für viele Handlungen zwingend sind, Unsichtbarkeit aber nur fallweise.
  2. Nur ist es so, dass keineswegs das Argument der zwingende Erfordernis im Allgemeinen sticht. Ich verweise auf das sog. Flatterband, ein in Brusthöhe gespanntes Seil, dass eine Palisade andeuten soll und die Vorstellungskraft damit arg strapaziert. Es wäre jedoch möglich, diese Palisade ohne Flatterband, nämlich in Form einer echten Palisade darzustellen.

Die Liste ließe sich erweitern. Der Zauber Zeitstopp ist oft ebenfalls nicht mehr vorhanden, den „Time Freeze“ der Spielleitung gibt es aber noch.

Ergänzend ist noch darauf zu verweisen, dass Nichtspielercharaktere häufig eine besonders schlechte Magie-Darstellung an den Tag legen. Oft wird sogar nur das Schlüsselwort gerufen – von einer Formel oder Komponenten ist nichts zu sehen. Gameistisch ist das unverständlich.

Ich würde mir daher etwas mehr Toleranz auch bei der Darstellung von Magie wünschen. Zumal, den obenstehenden Beispielen entgegenstehend, an anderer Stelle, die Möglichkeiten bei der Darstellung von Zauberei längst noch nicht ausgeschöpft sind. Hier könnte meines Erachtens angefangen werden:

  1. Softbälle, die magische Geschosse oder an einer Schnur über dem Kopf kreisend genutzt werden, um einen Schutz zu simbolisieren, könnten beleuchtet sein.
  2. Es gibt sogar kleine „Feuerballwerfer“, mit dem man, zur Darstellung von Kampfzaubern, kleine Flammenstöße ausstoßen kann.
  3. Magische Wälle können ebenfalls mit Leuchteffekten ausgestattet sein.
  4. Nebel hilft ebenfalls sehr bei der Darstellung von Zauberei.
  5. Bei Hellsichtmagie kann mit einem Laserpointer, der Muster wirft, die „magische“ Struktur dargestellt werden.
  6. In gleicher Weise kann Schwarzlicht vorher mit einem entsprechenden Stift angebrachte Runen sichtbar werden lassen.
  7. Gerade bei Ritualen bietet sich die Verwendung von Pyro-Effekten an. Damit wird der „magische“ Effekt deutlich plastischer. Ggf. ist auch Musikuntermalung klasse.

Unnötig zu erwähnen, dass ich all dies für meinen LARP-Magier habe und nutze. Für weitere Hinweise und Tipps bin ich aber sehr dankbar! Es ist sicherlich noch weit mehr möglich.

Die Erwartungshaltung ist jedoch schizophren: Solche realweltlich möglichen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Darstellung werden nicht verlangt; man begnügt sich mit dem Bekannten – jedoch nur bei Spielercharakteren. Gleichwohl wird nicht mit Vehemenz die, gleichfalls realweltlich mögliche, Abschaffung beispielsweise des „Flatterbandes“ gefordert.

Demgegenüber wird die unmögliche Darstellung von beispielsweise Unsichtbarkeit verlangt – und aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Zauber verworfen. Dies gilt jedoch nur für Spielercharaktere – Nichtspielercharakteren oder der Spielleitung sieht man diese unvollkommene Darstellung nach.

Mein Appel: Alles (magisch oder nicht) sollte – freilich abhängig von Setting – grundsätzlich im Spiel möglich sein, erfordert aber das Maximum an Darstellung, das realweltlich denkbar ist.* Dies gilt für jeden Con-Teilnehmer.

*Ich weiß – hier könnte diskutiert werden, was „realtweltlich denkbar“ heißen mag. Ich bin der Meinung, dass die Untensilien zur Darstellung von einer Person ohne Weiteres am Körper getragen und genutzt werden können. Mir ist klar, dass eine andere Wertung möglich und legitim ist.

Geschlechterrollen (nicht nur) im Pen & Paper-Rollenspiel – im Spiel und am Spieltisch

Ich bin ja primär mit DSA „rollenspielsozialisiert“ – und da war Gleichberechtigung schon immer wichtig. Es gibt daher keine Boni oder Mali nach Geschlecht (man könnte ja annehmen, dass männliche Charaktere einen Bonus auf Körperkraft bekommen oder weibliche auf Intuition – all das gibt es aber nicht).

Nur in Einzelfällen gibt es eine Unterscheidung. Nur Frauen dürfen Amazonen sein. Und bis vor kurzem nur Männer (sofern sie Zwerge sind), Geoden. Geoden sind de facto Zwergen-Druiden.

Die Änderung bei den Geoden kam mit DSA 5. Vorher waren Geodinnen nicht möglich. Wer mich kennt, kennt meine Aversion gegen Änderungen in der Spielwelt – also finde ich auch diese Änderung schlecht. Zumal sie vermutlich rein realweltlich-politisch motiviert ist. Und das ist die schlechteste Ursache, die mir momentan einfällt. Zumal Amazonen weiter nur Frauen sein dürfen. Selbst wenn man der realweltlichen Logik folgen würde, wäre diese also inkonsequent umgesetzt. Gleichwohl kommt mir diese Inkonsequenz entgegen – sonst wäre ja noch etwas geändert worden.

Mit Blick darauf, dass die Zahl der Geoden schon gering war, ist die Änderung im Ergebnis wohl ohnehin für die allermeisten Spielgruppen egal.

Früher wurde diskutiert, ob es Ritterinnen geben sollte. Es wurde die Meinung vertreten, Ritter seien immer männlich – dafür seien Amazonen immer weiblich. Diese Argumentation hörte ich lange nicht mehr – und teile sie auch nicht, da ich mir Ritterinnen sehr gut vorstellen kann.

Neben dieser regeldogmatischen Betrachtungsweise gibt es eine Weitere. Ich frage mich als Spielleiter bei vielen Nichtspielercharakteren, was wäre, wenn diese das jeweils andere Geschlecht hätten. Häufig ändert sich hierdurch mein subjektiver Blick auf den Nichtspielercharakter. Das finde ich spannend (und vielleicht sagt es was über mein rückständiges Weltbild aus). Ich finde auch, dass man sich bei Nichtspielercharakteren immer die Frage stellen sollte, ob wie diese andersgeschlechtlich wirken würden. Als Beispiel könnte man Borbarad nehmen – den bösen Schwarzmagier-Antagonisten aus der 7G-DSA-Kampagne. Ich finde, wenn dieser weiblich gewesen wäre, hätte das der Kampagne einen anderen Spin gegeben. Man muss sich aber bewusst sein, dass eine solche Einschätzung vermutlich aufgrund eingefahrener Stereotypen erfolgt – obgleich diese im Rollenspiel, wo viel über Klischees zugänglich gemacht wird, kein Nachteil sein muss. Im Gegenteil: Diese Stereotypen sind oft Überbleibsel vergangener Zeiten – und gerade Fantasy-Rollenspiele sind in aller Regel mittelalterlich geprägt.

Bei der Wahl des Geschlechts von Spielercharakteren stellt sich schnell die Frage, ob X-Gender wünschenswert ist. Früher wurde das in vor allem einer meiner Runden abgelehnt. Mittlerweile wird dort X-Gender zugelassen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass mittlerweile auch realweltlich, zumindest juristisch, das Geschlecht geändert werden kann, scheint es naheliegend, dass X-Gender im Rollenspiel allemal möglich sein sollte. Insbesondere auch deshalb, weil Spielleiter schon lange auch andersgeschlechtliche Charaktere darstellen.

Ich habe zum Beispiel eine Magierin (eine Chimärologin) als Spielercharakter, bei der ich bei der Erschaffung abwog, ob dieser Charakter nicht auch männlich funktionieren würde. Die Antwort, die ich mir gab, war ein klares Nein. Daher ist es eine Frau geworden.

In unserer Hexxen-Runde spielt eine Spielerin einen Mann (einen Priester). Auch sie schilderte, dass sie für sich zu dem Ergebnis kam, dass dieser für die Rolle einfach besser passe. Mit Blick darauf, dass Priesterinnen der katholischen Kirche bis zum heutigen Tage sehr selten sind, ist dies allein schon deshalb gut nachvollziehbar.

Dennoch gibt es in diesen Fällen recht oft Missverständnisse und der X-Gender-Charakter wird mituntern falsch angesprochen („ich gehe ‚ihr‘ hinterher“ anstelle von „ich gehe ‚ihm‘ hinterher“). Das kann man den anderen Mitspielern schwer verdenken. Ich glaube, vor allem die realweltlich weibliche oder männliche Stimme stört die Immersion, einen männlichen beziehungsweise weiblichen Charakter vor sich zu haben. Wie ich an anderer Stelle schrieb, ist die glaubhafte Darstellung der direkten Rede, der Kern der Darstellung eines Rollenspielcharakters überhaupt. Ich hörte, dass man lernen kann, seine Stimme ungezwungen höher oder tiefer klingen zu lassen – aber soweit bin ich noch nicht. Eine tolle Idee wären auch Geräte oder Software, welche die Stimme simultan verstellen – solche kenne ich aber nicht.

Neben dem, aus meiner Sicht maßgeblichem, „Stimmenproblem“, wird mitunter angeführt, dass man das jeweils andere Geschlecht per se nicht glaubhaft darstellen könne. Das sehe ich weniger. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es Szenen geben kann (zum Beispiel mit amourösem Einschlag), bei denen man sich schwer tut, diese im anderen Geschlecht in der Ich-Perspektive darzustellen. Ich habe gute Erfahrungen gemacht, in solchen Fällen in die dritte Person zu wechseln. Hierdurch schafft man eine gewisse Distanz zum Charakter, die, obgleich sonst störend, hier hilfreich sein kann. Verlässt man die Welt des Pen & Paper-Rollenspiels und begibt sich in die Welt des LARP, wird die Darstellung eine X-Gender-Charakters deutlich schwieriger. Weil neben der Stimme die Erscheinung maßgeblich für die Charakterdarstellung ist, müsste diese andersgeschlechtlich gelingen. Das wird meist scheitern – und ist in den wenigen Fällen, die ich kenne, gescheitert. So wie ich zum X-Gender im Pen & Paper raten kann, so rate ich davon daher im LARP ab.

Die Darstellung von Charakteren im Rollenspiel

Wenn man mit Rollenspiel erstmals beginnt, ist die Charaktergestaltung oft simpel: Es handelt sich mitunter einfach um den Spieler, der jedoch mit anderen Fähigkeiten und einem anderen Aussehen ausgestattet ist. Ein wirklich anderer Charakter findet sich zu Beginn oft nicht.

Genau hierum soll es nicht gehen.

Nach langer Zeit des Rollenspiels haben sich für einige Spieler in meinem Umfeld ikonische Rollen herausgestellt, die von diesen besonders gut dargestellt werden können. Das hat mit Erfahrung nur bedingt etwas zu tun. Im Gegensatz zum vorstehenden, eher negativen, Beispiel handelt es sich durchaus um individuelle und unterscheidbare Charaktere – sowohl unterscheidbar von dem Spieler als auch untereinander. Offenbar bringt der Spieler ein bestimmtes Talent mit, zum Beispiel eine bestimmte Charakterklasse, besonders gut darzustellen.

Da insbesondere (aber nicht nur) beim Pen & Paper-Rollenspiel die Darstellung ganz wesentlich durch die direkte Rede des Charakters geprägt wird, kommt dieses Talent vor allem hierbei zum Tragen. Nach meiner Erfahrung erkennt man die ikonische Rolle also daran, ob der Spieler es versteht, in zahlreichen Spielsituation fabelhafte Sätze für seinen Charakter zu formen.

In allen mir bekannten Fällen wurde die jeweils ikonischen Rollen nicht von dem betreffenden Spieler sondern von seinen Mitspielern entdeckt.

Kennt man die ikononischen Rollen seiner Mitspieler kann dies das Rollenspiel erheblich aufwerten – weil die Charakterdarstellung viel selbstverständlicher von der Hand, respektive der Zunge, geht. Vor allem werden diese Paraderollen dem Spieler in der Regel auch nicht über, da er selbst innerhalb seines Spektrums neue Charaktere findet, die sehr gut von den anderen unterscheidbar sind.

Ob jeder Spieler eine ikonsiche Rolle hat oder nicht, kann ich nicht sagen. Bei dem ein oder anderen suche ich schon recht lange erfolglos, ob es eine gibt. Dennoch können diese großartige Rollenspieler sein!

Häufiger ist es, meiner Erfahrung nach, dass viele Spieler Outgame-Veranlagungen haben und diese zumindest unterbewusst ins Spiel einfließen lassen – was jedoch nicht in allen Rollen hilfreich ist. Ist man per se vorsichtig oder schüchtern, scheiden oft die meisten extrovertierten Rollen aus oder sind nur mit Zugeständnissen darstellbar.

Freilich kann man sich hierüber hinwegsetzen. Ich habe jedoch beobachtet, dass dies auf lange Zeit oft nicht zufriedenstellend ist – gerade wenn andere Spieler ihre Paraderolle spielen oder zumindest sonst eine gute Darstellung an den Tag legen. In gewisser Weise ist dies ein Jammer – weil Rollenspiel ja gerade die Erfahrung neuer Rollen ermöglichen soll.

Damit kommen wir zu dem Gegenteil der ikonischen Rolle: Der Fehlbesetzung. Wer einen Gelehrten spielen möchte, aber von der Spielwelt keine Ahnung hat, sollte das nicht tun. Es ist wenig stimmungsvoll, wenn der Spielleiter die Informationen aus dem Wissen des Gelehrten „vorsagt“, damit diese dann von dem Charakter und Spieler „nachgesagt“ werden.

In einem anderen Fall mag Pöbeln wichtig sein – und auch das will gelernt sein! Im Grunde gilt umgekehrt zur Paraderolle: Man sollte die direkte Rede für seinen Charakter so beherrschen, dass man die Darstellung überzeugend ist.

Abstraktere Fähigkeiten, die nicht oder nicht oft in Form der direkten Rede zur Schau kommen, sind hingegen zur Darstellung oft weniger wichtig. Als Beispiele mögen hier in erster Linie körperliche oder handwerkliche Fähigkeiten oder auch taktisches Verständnis dienen.

Ich weiß, dass dies ein nicht unumstrittener Standpunkt ist. Gleichwohl würde ich davon abraten, einen Charakter darzustellen, der einem schwerfällt. Ich habe mehrfach die Erfahrung gemacht, dass ein intersubjektiv als unbefriedigend dargestellter Charakter für niemanden eine Freude ist. Und es muss ja nicht gleich die Paraderolle sein! Ich bin sicher, dass jeder eine Rolle findet, die er (intersubjektiv beurteilt) gut darstellt und dem Spieler Freude macht. Und vielleicht findet dieser ja doch noch seine ikonische Rolle.

Schwieriger wird es freilich beim LARP. Da muss neben der Rede auch die Erscheinung passen. Daher ist mein Zwergen-Champion nie etwas geworden…

Von einem, der auszog, auf ein LARP zu gehen

Irgendwann in der Mittelstufe kamen zwei meiner Freunde mit dem Liverollenspiel in Berührung – und das fanden wir alle gleich großartig! Wir übten fechten (mit Stöcken, nur später mit Polsterwaffen) und joggten sogar, um unsere Helden gut darstellen zu können. Denn wir wollten zunächst im Grunde unsere DSA-Charaktere spielen oder hatten zumindest das Bild einer Heldengruppe vor Augen. Ich wollte einen Zwerg spielen. Und so zerbrach ich mir den Kopf, wie ich ein Kettenhemd beschaffe (geworden ist es nur eine Lederweste), sowie eine Zweihand-Doppelkopfaxt bekomme. Letztlich bin ich nie als Zwerg aufs Liverollenspiel gegangen – ich konnte die Ausrüstung nicht zusammenbringen, wähnte mich nicht gut genug im Kampf und war zudem zu groß. Als ich 1999 dann zum ersten Mal auf einem „richtigen“ LARP war, merkte ich zudem, dass es ohnehin alles ganz anders ist, als ich es mir vorgestellt hatte…

1.) Fast jeder ist Protagonist

Ich hatte, wie erwähnt, eine Heldengruppe vor Augen und wollte meinen DSA-Charakter spielen. Das war nunmehr ein Magier (und kein Zwerg mehr), der mit dem Gasthaus „Zum lachenden Shruuf“ übrigens eine enge Verbindung hat. Ich dachte, wir würde auf dem LARP ähnliche Abenteuer erleben wie am Tische zuvor.

Das ist grob unzutreffend.

Naturgemäß fahren nämlich zum LARP fast nur „Helden“ – man ist also einer vor Vielen und keineswegs zwingend im Zentrum des Geschehens, wie es beim Tischrollenspiel der Fall ist. Allerdings nehmen sich schon sehr viele sehr wichtig und erwarten ihren Charakteren gegenüber ein bestimmtes Auftreten. Das führt mich zum Zweiten…

2.) Auf dem LARP ist „Anything goes Fantasy“

Die überwiegende Zahl der Cons spielt nicht in einem geschlossenen Setting. Das Conquest of Mythodea zum Beispiel spielt zwar in einem bestimmten Setting – es wird aber keineswegs darauf geachtet, dass Charaktere, die aus einer anderen Welt kommen, an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Es kann also Jeder mit Allem dorthin – und regelmäßig auch auf andere Cons. Von diesem Regelfall wird im Folgenden ausgegangen – auch weil ich es kaum anders kenne.

Daher sind die LARPs oft ein Gemisch von Epochen, Welten und dergleichen. Es kann gut sein, dass sich ein rechtschaffender Ritter plötzlich einem Mob aus dem Zeitalter der Revolution gegenübersieht. Oder dass römische Legionäre mit Musketen angegangen werden.

Es ist also ratsam, möglichst wenig Erwartungen an eine Con oder die Erlebnisse dort zu haben. Jeder hat seinen eigenen Mikrokosmos und diese Kosmen sind oft nicht einmal in den Grundlagen aufeinander abgestimmt.

Hieraus ergibt sich auch, dass es oft eine andere Erwartungshaltung an das „Fantasy-Level“ gibt. Es gibt Spieler, die lehnen zum Beispiel mit großer Inbrunst Lederhosen ab – weil solche im Mittelalter (offenbar) nicht getragen wurden. Da Lederhosen aber von zahlreichen ikonischen Fantasy-Helden getragen werden (Herkules in der TV-Serie, Conan in den Filmen, Faramir in der Herr der Ringe-Verfilmung..), ist für mich gut nachvollziehbar, dass andere Spieler, diese für sehr stimmig halten.

Auch bestehen, wie angedeutet, ganz andere Vorstellungen von dem, was man spielen kann. Besonders gut in Erinnerung ist mir eine Spielerin, die einen Gott-Imperator spielte, beziehungsweise spielen wollte. Die hiermit verbundenen Erwartungen wurden von den anderen Spieler (wenig verwunderlich) nicht erfüllt. Im Gegenteil – diese fanden das Konzept in jeder Hinsicht schlecht. Auf dem Conquest gab es früher ein Lied unter Nichtspielercharakteren, dass diese auseinanderfallenden Vorstellungen überspitzt beschreibt:

„Hast mich gar nicht kommen sehen,
bin ein Nachtelf-Paladin,
Mein Flammenschwert macht Vier-Direkt –
SL schaff‘ diesen Spieler weg“

Auch wenn unsichtbare, flammenschwertschwingende Nachtelfen-Paladine sicher (meist) überzeichnete Extremfälle sind, wird hoffentlich klar, dass die Vorstellungen, was möglich, sinnvoll oder auch nur verständlich ist, weit auseinandergehen.

Hart trifft es auch die, die irgendeine Form von klerikalem Charakter spielen. Da die Gottheit im Zweifel keine kennt (manchmal hat man einen Outtime-Vorteil, wenn man zum Beispiel eine DSA-Gottheit wählt), ist jede Form der Verehrung unwahrscheinlich.

3.) LARP-Plots sind in der Regel unplausibel motiviert

Als LARP-Orga steht man initial vor der Frage, wie man es schafft, diese Herrscharen von Individuuen aus unterschiedlichen Welten, Zeiten und Dimensionen nun „intime“ in die Länder zu schaffen, in der die Con spielt. Hierzu werden die großen Probleme (wie Zeit und Dimension aber auch Geographie) üblicherweise übergangen und zum Beispiel Turniere bemüht, zu denen alle eingeladen werden. Auch sehr geläufig sind Hilfegesuche zum Beispiel eines Adligen (den freilich keiner kennt). Letztlich ist es aber so, dass sehr viele Spielercharaktere de facto keinen Grund haben, auf der Veranstaltung zu sein – weil sie vielleicht an keinem Turnier teilnehmen, realiter nie eingeladen werden würden oder auf ein bloßes Hilfsgesuch eigentlich nicht reagieren.

Dennoch sollen im nächsten Schritt diese sich fremden Weltenbummler unter Einsatz ihres Lebens gemeinsam den Plot lösen. Auch hier ist von einem zu tiefergehenden Hinterfragen dringend Abstand zu nehmen. In vielen Fällen haben die Charaktere nämlich keine, wirklich keine, Motivation, dies zu tun. Zugegeben: Die kann man sich Outtime vorab zusammenstricken, wenn man den Charakter erstellt oder auch dann überlegen, wenn man sich anmeldet.

4.) Die Darstellung ist oft mäßig

Viele Gewandungen (das sind die Kostüme) sind wirklich klasse. Ich persönlich finde aber auch, dass viele einfallslos sind – jedoch mittlerweile wirklich nur noch selten welche handwerklich schlecht. Darüber hinaus muss man in aller Regel schon Abstriche machen: LARP finden gerne auf Burgen statt – ganz klassisch ist hier die Burg Bilstein zu nennen. Diese Burg sieht schön aus und die Außenanlagen ist in weitern Teilen auch so gestaltet als ob sie in einem Fantasy-Film Platz finden könnten. Allein – es gibt auch Innenräume und bei denen ist es überwiegend anders: Gekachelte Jugendherbergs-Flure mit hellen Holztüren sind nun mal keine stimmigen Räumlichkeiten für einen epischen Kampf gegen Orks oder für phantastische Begegnungen mit Feen.

Und auf Cons gibt es praktisch nie Reittiere (ich kenne löbliche Ausnahmen!). Dabei wären gerade Pferde für Ritter mehr als nur stimmungsvoll.

Auf Zeltcons ist es meiner Meinung nach im Durchschnitt besser um das Ambiente bestellt. Die meisten Zelte sind „Intime“-Zelte, viele auch stimmig eingerichtet. Aber auch hier gibt es Tiefpunkte. Mein Negativ-Favorit in dieser Hinsicht ist das sogenannte Flatterband. Das ist eine etwa auf Brusthöhe gespannte Schnur, die eine Palisade (sic!) anzeigen soll.

Grundsätzlich gibt es zudem das damit verwandte Phänomen des „Telling“. Hierbei wird, aus Ermangelung einer Darstellung, flux von der Spielleitung (im Einzelfall auch von anderen) erzählt, was geschieht – willkommen im Pen & Paper-Rollenspiel (allerdings ohne Pen und Paper).

„Telling“ ist freilich höchst unpopulär. Dennoch zeigt es die (natürlichen) Grenzen von LARP auf. Vor vielen Jahren war ich Zeuge eines Gespräches im dem es darum ging, wo die Immersion besser wäre – beim LARP oder beim Pen & Paper-Rollenspiel. Mit Blick auf das Vorstehende sollte klar sein, dass diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden kann: Beim LARP werden die Möglichkeiten oft nicht genutzt (Stichwort: Flatterband) oder die Darstellung ist nicht oder nur mit prohibitivem Aufwand möglich (Teleportation bzw. fliegende Teppiche) und die Immersion kann geringer sein, als sie beim Pen & Paper-Rollenspiel üblicherweise ist. Schließlich ist die Unzulänglichkeit viel offenbarer und trifft zudem auf höhere Erwartungen. Das Pen & Paper-Rollenspiel kennt keine Darstellungsgrenzen, ist jedoch regelmäßig weniger immersiv in seiner grundsätzlichen Anlage.

Warum dennoch LARP?

Allen Schwächen zum Trotze ist LARP dennoch eine tolle Sache. Allein der Geruch des Leders der Ausrüstung, das Schmecken der Lagerfeuer in der Luft lassen Vorfreude aufkommen. Die Stimmung, die zum Beispiel eine Taverne mit einem Barden mit sich bringt, ist sonst unerreicht. Gefährliche Situationen sind auch viel authentischer bedrohlich: Ein dunkler Wald, in dem man sich tatsächlich verlaufen hat und in dem es Untote gibt, ist etwas anderes, als dies, vergleichsweise theoretisch, bei Tischrollenspiel zu erleben. Auch geht ein LARP Tage, nicht nur Stunden. Und, idealerweise zumindest, ohne Pause. Viele Situation sind urkomisch – ohne aus der Welt zu fallen. Hervorheben möchte ich auch die Zeit, die man mit Freunden verbringt und einen die Freundschaft nochmals anders, vielleicht sogar intensiver erfahren lässt. Und diese Erinnerungen halten ewig – gerade auch wegen der oben geschilderten Unzulänglichkeiten. Wie sagte jüngst ein guter Freund von mir: „Auch wenn die Con nicht so geil war – irgendwie war’s geil!”

Die Degeneration des Rollenspiels im Liverollenspiel

Zum letzten Mal auf dem Epic Empires war ich im Jahre 2013. Wir waren damals, nachdem einige meiner Gruppe nicht mehr in das neutrale Lager wollten, im Lager des Königs.

Auf dem Epic Empires geht es darum, an einem Wettbewerb auf Seiten eines (regelmäßg des eigenen) Lagers teilzunehmen. Die ganze Geschichte ist einigermaßen absurd, weil es im Grunde keinen Grund gibt, an diesem (lebensgefährlichen!) Wettbewerb teilzunehmen, aber okay – LARP-Plots leben auch sonst in Teilen davon, nicht hinterfragt zu werden. Im Grunde ist aber auch das Teil des Problems.

Jedenfalls kann man das eigene Lager im Wettbewerb nach vorne bringen, indem man andere Lager angreift, um dort Trophäen zu erringen. Diesen Plan verfolgte unser Lager eines Morgens. Es sollte das Lager des Chaos (Warhammer Fantasy entlehnt) angegriffen werden.

Nach langem Hin und Her ging es schließlich los. Aus Gründen, die ich nicht kenne musste vor dem, nicht zu weit gelegenen Lager des Chaos, gewartet werden. Während wir da so herumstanden, marschierte, einen Steinwurf entfernt, das Lager des Imperiums (ebenfalls Warhammer Fantasy entlehnt, und damit Erzfeind des Chaoas) auf das Chaos-Lager zu und griff dieses an. Vor unserem Augen wurde nun das Chaos-Lager angegriffen, besiegt und die ersehnte Trophäe entwendet.

Warum wir nicht als lachender Dritter vom Platze gingen, weiß ich nicht mehr – vermutlich Müßiggang. Nun müsste eigentlich jeder vor Scham im Boden versinken und seine eigene Existenz – und mehr noch die der Führer – in Frage gestellt werden. Natürlich geschah das nicht. Ein besonder gesegneter Mensch hatte vielmehr den grandiosen Vorschlag, das Lager des Chaos anzugreifen „um diesem noch mal einen schönen Kampf zu liefern“. Das geschah dann auch. Dass dieses Unterfangen, aus dem Blickwinkel der Charaktere betrachtet, völlig wahnsinnig war, wurde übergangen. Dass bei diesem Angriff das eigene Leben in Gefahr war, gleichzeitig aber nichts, auch nichts (aus der Sicht der Charaktere) Ideeles gewonnen werden konnte, war egal.

Ich hatte ein wenig Glück, weil mein Charakter („Xarxe“) sich nicht mit solch pragmatischen Fragen befasst und sie ihn auch nicht kümmern. Ich nahm auch an diesem Kampfe nicht teil. Dennoch – tief im Herzen weiß ich ja, dass das, was da gerade geschieht, völlig ideotisch ist.

Diese Beobachtung, dass Charakere aus Outtime-Erwägungen heraus etwas völlig Dämliches tun, ist für mich die Abkehr vom Rollenspiel. Denn beim Rollenspiel geht es meiner Meinung vielmehr darum, eine Rolle in einer Welt glaubwürdig auszufüllen. Das kann im Einzelfall natürlich auch mal ein wahn- oder stumpfsinniger Charakter sein (wer mag – viel Spaß!), dann passt die oben geschilderte Verhaltensweise gut. Sonst aber nie.

Daher mein Aufruf: Zurück zum Rollenspiel im LARP!