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Monthly Archives: Mai 2023

Analyse der (wichtigen) Ankündigungen zu DSA auf der CCC 2023

Auf der Collector’s Club Convention („CCC“) Ulisses‘ am vorvergangenen Wochenende wurden vor allem zwei erwähnenswerte Neuigkeiten für DSA verkündet. Hierzu habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Voilá:

1. Trennung zwischen Regel- und Hintergrundbänden

Als Folge der Turbulenzen rund um die Open Gaming Licence („OGL“) und hierbei insbesondere der Ankündigung, die DSA-Regelwerke im Zuge einer Open RPG Creativ („ORC)-Version für Ulisses-Regelwerke allgemein und unentgeltlich verfügbar zu machen, ist eine Trennung der Regelwerke von Hintergrundmaterialien (d.h. der Weltbeschreibung) nur folgerichtig.

Wir erinnern uns: Ulisses kündigte an, eigene Regelwerke in einer Art zur Verfügung zu stellen, wie es heute schon für das D&D-Regelwerk („D20“) der Fall ist – welches für eine Vielzahl von, auch fremden, Hintergrundwelten verwendet wird. Diese Verwendung des D&D-Regelwerkes erfolgt für die Verwender kostenfrei und wird über die sog. OGL, einem Lizenzvertrag, abgedeckt. Dieser umfasst aber nur das Regelwerk. Die (originären, Wizards of the Coast gehörenden) Hintergrundwelten sind nicht frei verfügbar. Auch die Marken, allen voran „Dungeons & Dragons“, nicht.

Dies soll perspektivisch auch für die Ulisses-Regelwerke möglich sein. Hierdurch könnte, zumindest theoretisch, erreicht werden, dass diese Regelwerke eine größere Verbreitung erfahren und hierdurch als Nebeneffekt Werbung für Ulisses gemacht wird.

Allein dieses Vorhaben macht eine strikte Trennung von Regel- und Hintergrundbänden zumindest zwecksmäßig: Durch eine solche Trennung ist auch im Zweifel klar, welche Teile des Spielsystems (als Überbegriff für Regelwerk und Hintergrundmaterial) frei verfügbar sind, und welche nicht. Dies wäre dann schon daran erkennbar, in welchem Band diese veröffentlicht worden sind.

Ergänzend war der von DSA5 beschrittene Weg, Hintergrundbände mit Regelelementen anzureichern auch vorher nicht immer wohlgelitten. Das ist verständlich: Eine Trennung in Regel- und Hintergrundbände ist alles andere als unüblich.

Die Ankündigung ist damit nicht nur konsequent sondern auch begrüßenswert, da sie zu einer besseren Struktur innerhalb des Spielsystems führen dürfte.

Freilich gibt es etwas Wasser im Weine.

Grundlegend frage ich mich, wie viele Spieler, die nicht die offizielle DSA-Welt bespielen möchten, Interesse an Regeln für Regionen in just dieser Welt haben. Aber gut – das mag für bestimmte Spezialregeln oder –ausrüstungsgegenstände auch der Fall sein.

Zudem soll es nunmehr für DSA-Hintergrundbände, die Regionen beschreiben, nicht, was erwartbar gewesen wäre, zwei, sondern drei Bände geben. Der dritte Band soll sog. Meisterinformationen beinhalten (nur für den Spielleiter bestimmte Informationen) und zudem ein zu der jeweilige Region passendes Abenteuer. Obgleich auch die Trennung zwischen Spieler- und Spielleiterwissen schon vielfach gefordert und gut begründbar ist, stelle ich mir zwei Fragen:

  1. Die Kombination aus Abenteuer und Meisterinformationen könnte etwas gekünstelt werden – einfach deshalb, weil das Abenteuer oft in keiner Verbindung zu dem Großteil der Meisterinformationen stehen dürfte.
  2. Kunden (wie ich), die bislang nur die Abenteuer kauften, werden über dieses neue Kuppelprodukt nun auch die Meisterinformationen erwerben. Umgekehrt gibt es sicher Kunden, die bislang keine Abenteuer kauften, sondern die Meisterinformationen nutzten, um eigene Abenteuer zu entwerfen. Diese Kunden werden nun diese offiziellen Abenteuer „zwingend“ miterwerben müssen.

Ich nehme an, dass der zweite Punkt ursächlich für die Entscheidung Ulisses‘ ist, drei Bände anzubieten. Die Kuppelprodukte werden naheliegenderweise, da sie mehr Inhalt bieten, teurer sein und die beschriebenen Kundengruppen daher höhere Preise zu entrichten haben – was für dem Ulisses-Umsatz zuträglich ist. Das umgekehrte Risiko, dass sich die beschriebenen Kunden dazu entschließen, die Produkte gar nicht mehr zu kaufen, wird Ulisses-seitig vermutlich weniger stark gewichtet. Aus meiner Sicht eine wohl realistische Einschätzung.

Weniger schwer wiegt aus meiner Sicht dass Käufer, die bereits die kombinierten Produkte für bislang abgedeckte Regionen erwarben, nunmehr nicht damit rechnen dürfen, dass künftige Regionen auch in dieser kombinierten Form angeboten werden – den dies würde nicht nur die Ankündigung konterkarieren, sondern auch mit erheblichen Mehrkosten einhergehen.

Erforderlich wäre eine solche „Doppelauflage“ auch nur, um den geschilderten Käufern die Möglichkeit zu geben, ihre Sammlung mit einheitlich gestalteten Büchern fortzuführen. Dieses Interesse dürfte seitens Ulisses als weniger wichtig gewertet werden – zumal auch während DSA3 ein Umbruch in der Gestaltung erfolgte – nämlich als Fanpro das Spielsystem von Schmidt Spiele übernahm. Man mag jedoch einwenden, dass eine solche Übernahme einen herberen Einschnitt darstelle und andere Ursachen hatte als die aktuelle Entwicklung.

Vielmehr zeigt sich aus der künftigen Gestaltung der Hintergrundbände meines Erachtens noch ein anderes Vorhaben Ulisses‘: Deren Gestaltung ist gegenwärtig sehr schlicht vorgesehen und nicht der aktuellen Edition entsprechend. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass derartige Bände auch (sonst) von Regeleditionen unabhängig sein sollten, und keiner erwarten darf, dass die Weltbeschreibung noch während der aktuellen fünften Regeledition komplettiert werden wird. Sie könnte vielmehr nahtlos bei möglichen künftigen Regeleditionen weitergeführt werden.

Mit Blick auf das Editionsproblem begrüße ich dies.

2. DSA4.1 wird wieder aufgelegt

Das ist wirklich ein Ding. Es wurde angekündigt, die alten Wege-Bände wieder aufzulegen. Später wurde zudem annonciert, ergänzend dazu auch noch die Bücher Liber Cantiones und Liber Liturgium neu aufzulegen.

Dieses Vorhaben lässt einige Thesen zu.

These 1: Es gibt eine große Nachfrage nach DSA4.1-Regelwerken

Dass allein vergriffene Bücher wieder aufgelegt werden, hat jüngst eine gewisse Regelmäßigkeit erfahren. Es begann mit der „Kaiser-Retro-Box“ und setzte sich zuletzt über vergriffene Abenteuer fort. Insofern könnte man anführen, dass die Wiederauflage von DSA4.1 nur ein weitere Schritte in dieser Tradition sind. Das ist bei Lichte betrachtet aber nicht so: Ausgenommen der Kaiser-Retro-Box, die DSA1 zum Inhalt hatte, wurden Hintergrundbände und Abenteuer neu aufgelegt. Und bei DSA1 ist unbedingt davon auszugehen, dass dieses Regelwerk aus verschiedenen Gründen nicht in Konkurrenz zur aktuellen fünften Auflage des Regelwerkes zählt. Bei DSA4.1 ist dies jedoch so: Ich ließ mir jüngst sagen, dass über 50% der Spieler DSA4.1 spielten. Ob das stimmt kann ich nicht sagen – aber in meinem Umfeld ist DSA4.1 weit weiter verbreitet als DSA5. Und aus zahlreichen Foren-Diskussionen lässt sich entnehmen, dass DSA4.1 weiterhin viele Spieler hat. Davon gehe ich aufgrund meiner Datenlage nachfolgend aus und unterstelle damit, dass Netzwerkeffekte keine der beiden Editionen begünstigen (was sonst der entscheidende Faktor sein dürfte).

DSA5 ist deshalb aber nicht gescheitert – vielmehr scheint die Zahl der DSA4.1-Spieler so groß zu sein, dass es sich Ulisses nicht (mehr) leisten kann, diesen Markt nicht zu bedienen. Allein – wird dies kommerziell erfolgreich sein?

In der Tat sind auf dem Sekudärmarkt die Preise für DSA4.1-Regelwerke sehr hoch. Es läge daher der Schluss nahe, dass es eine große Nachfrage nach DSA 4.1-Produkten gibt. Allein – das kann so sein, muss es aber nicht: Alternativ zu einer hohen Nachfrage würde auch eine unelastische Nachfrage die hohen Preise erklären: Das bedeutet, dass es nur ein paar wenige Interessenten für die alten Regelwerke gibt (und zwar etwas mehr als Anbieter) – diese Interessenten aber bereit sind, sehr hohe Preise zu bezahlen. Sobald aber diese wenigen Interessenten fündig geworden wären, würde der Preis fallen. Der Markt wäre schnell gesättigt.

Aufgrund dieser Zusammenhänge werden im Übrigen Abenteuer, nach denen die Nachfrage schon grundsätzlich geringer ist, selten neu aufgelegt. Dies ist bei Regelwerken grundsätzlich anders: Diese nutzen nicht nur dem Spielleiter, sondern auch den Spielern. Die Nachfrage und damit auch die Zahl der verkauften Exemplare ist daher höher.

Zudem kann gehofft werden, dass Ulisses aufgrund der Erfahrungen mit den bereits erfolgten Neuveröffentlichungen eine Vorstellung hat, welche Nachfrage nach neuen DSA4.1-Regelwerken besteht. Im Übrigen sollen, ausweislich der vorhandenen Bilder, die Einbände der Bücher mit den Illustrationen der DSA4.0-Boxen versehen sein. Das bedeutet zum einen, dass Sammler einen „Grund“ haben, diese neuen Auflagen auch zu erwerben, da sie insoweit verschieden sind. Zum anderen aber auch, dass Kunden, wie ich, welche die Umschlag-Illustrationen der Wege-Bände für missraten halten, sich möglicherweise die Neuauflagen kaufen werden.

In meinem Umfeld schätze ich, dass rund zehn Spieler die neuen Bände erwerben werden. Ich werde dies allein der anderen Titel-Illustrationen wegen tun. Meine Mitspieler meistenteils deshalb, weil sie erst vor einiger Zeit bei uns mit DSA (und damit DSA4.1) angefangen haben, und die Regelbände gerne besäßen.

Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund der anderen genannten Punkte, gehe ich davon aus, dass die DSA4.1-Bände freudige Abnehmer finden werden. Im Übrigen sind für Ulisses die Kosten minimal, da die Bücher bereits druckfertig existieren. Es müsse keine Kosten für das Verfassen von Texten, das Lektorat etc. gedeckt werden – der Deckungsbeitrag ist weit höher und die Amortisation beginnt schon bei kleineren Stückgrößen. Ich denke daher, dass Ulisses profitieren wird.

These 2: DSA 4.1 läuft DSA5 den Rang ab

An anderer Stelle habe ich mich über das Editionsproblem im Rollenspiel ausgelassen. Und – die Wiederauflage der Wege-Bände könnte genau dieses Problem aus Spielersicht mindern. Da die beiden Regelwerke ohnehin schon de facto im Wettbewerb miteinander stehen, könnte fraglich sein, welche Edition nach der Ankündigung wohl langfristig besser angenommen wird. Folgende Aspekte könnten eine Rolle spielen:

Aktualität

Für DSA5 spricht mit Sicherheit, dass es schlichtweg die jüngste Edition ist und daher die, zu der Neueinsteiger wohl am ehesten greifen werden – nur könnte die Zahl der Rollenspiel-Neueinsteiger überschaubar sein, da diese eher D&D wählen, welches durch die sozialen Medien eine umfassende Bewerbung erfährt. Inwiefern dies durch die Zurverfügungstellung des DSA-Regelwerks durch eine ORC-Variante eine Änderung erfährt, bleibt zunächst abzuwarten (ich bin aber skeptisch).

Weitere Punkte sprechen für DSA5: Die neuen Abenteuer werden mit Sicherheit für die Standardversion, das heißt gegenwärtig DSA5, erscheinen. Wer DSA4.1 spielt, müsste diese also „konvertieren“. Erfahrenen Spielleitern dürfte dies leichtfallen (ich konvertiere die Werte von Gegnern üblicherweise, während der Würfel rollt), andere mögen damit hadern.

Vollständigkeit

Ergänzend ist bislang keine Ankündigung dahingehend erfolgt, ob auch die weiteren „regelnahen“ DSA4.1-Bände neu aufgelegt werden. Allen voran ist das Zoo Botanica Aventurica zu nenne, welches die Werte von Kreaturen (und ferner: Pflanzen) enthält. Des Weiteren könnten die Wege der Alchemie, das Aventurische Arsenal und der Meisterschirm als fehlend empfunden werden. All diese Werke stehen für DSA5 zur Verfügung oder sind erwartbar. DSA5 wäre also insofern zu präferieren.

Ganz anders fällt die Würdigung aus, wenn man eine Gruppe hat, welche die Spielwelt DSAs „ganzheitlich“ bespielen möchte: Für Myranor, Tharun, Rakshazar und auch Die Dunklen Zeiten stehen keine DSA5-Regeln zur Verfügung. Solche Spieler werden daher höchstwahrscheinlich auf DSA4.1 zurückgreifen. Allerdings – und dies kann kaum hoch genug bewertet werden – Bände für die oben genannten Schauplätze sind gegenwärtig nur mit großer Mühe und unter hohen Kosten erwerbbar – die Neuauflage nur der Wege-Bände hilft solchen Spielgruppen daher nur wenig. Schwerer wiegt vermutlich, dass die „großen“ ikonischen Kampagnen (7G, Phileasson, Simyala, Königsmacher, Jahr des Greifen, Jahr des Feuers) alle für DSA4.1 verfügbar sind – gegenwärtig nicht aber für DSA5. Für DSA5 gibt es „nur“ die jüngeren Theaterritter– und die Sternenträger-Kampagne.

Ein Punkt für DSA5 könnte die Verfügbarkeit einer englischen Ausgabe sein. Ich meine zwar, dass internationale Runden selten sind (ich kenne nur eine, bei der aber alle deutsch sprechen) – aber für solche Spielgruppe dürfte wenig an DSA5 vorbeiführen.

Ergänzend, aber keineswegs nachrangig, muss gesehen werden, dass es (nur) für DSA5 eine vernünftige VTT-Unterstützung gibt. Online-Runden dürften dieses „Manko“ DSA4.1s vermutlich hoch gewichten und das Regelwerk daher eher weniger schätzen. Auch das DSA5-Regelwiki ist ein ähnlich gelagerter Vorteil.

Struktur

Auch wenn DSA-Regelwerke nicht gerade für ihre intuitive Struktur gelobt werden, mag diese für Käufer doch eine Rolle spielen. Ich wage zu behaupten, dass DSA4.1 besser strukturiert ist, bzw. war: Die große Schwäche von DSA5, Regeln über zahlreiche Bände zu verteilen oder nicht frei von Redundanzen zu sein, könnte über die Kodex-Bände geheilt werden. Die Regelwerke könnten hier also vergleichbar sein bzw. werden.

DSA5 liegt aber vermutlich vorne, wenn es um die Struktur innerhalb eines Buches geht – aber hier bin ich mir keineswegs sicher.

Stil

Sehr subjektiv – aber dennoch relevant: Bei DSA5 wird die vollfarbige Aufmachung oft gelobt. DSA4.1 war stets in schwarz-weiß gehalten. Nach meiner Einschätzung finden farbige Seiten mehr Anklang. Eine völlig andere Frage ist, inwiefern die Sprache der Edition 5 oder 4.1 vorziehenswürdig ist. In meinem Umfeld wird oft (aber keinesfalls unisono) beklagt, dass DSA5 „gegenderte“ Texte hat. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass andere, insbesondere jüngere Spieler, genau dies vorziehenswürdig finden.

Fazit

Mir scheint, als ob die Wiederauflage der DSA4.1-Bände für „Altspieler“ erfolgt, die möglicherweise neue Mitspieler haben, oder die Exemplare ihres Regelwerkes ersetzen möchten. Hierfür spricht insbesondere:

  1. Insbesondere derartige Spieler dürften noch DSA4.1. spielen.
  2. VTT und dergleichen spielt für langjährige Spieler, die feste Gruppen haben dürften, eine untergeordnete Rolle.
  3. „Altspielern“ ist es eher egal, ob die neuen Abenteuer zu ihrem verwendeten Regelwerk passend sind. Wenn sie solche überhaupt spielen, fällt ihnen die Konvertierung leicht.
  4. Solche Spieler dürfte auch am Ehesten die anderen Kontinente bespielen – diese waren schon immer speziell und wurden meines Erachtens kaum von Einsteigern gewählt.
  5. Zudem dürfte diese Spielergruppe am meisten Sammler aufweisen und die höchste Bereitschaft sowie die finanzielle Möglichkeit, für alte Regelwerke nochmal in die Tasche zu greifen. Ob sie, DSA5 gekauft haben, darf in eigen Fällen wohl in Zweifel gezogen werden.

Es liefe damit auf eine (verlagsseitig gewissermaßen akzeptierte oder gar geförderte) Teilung der Spielerschaft hinaus. Außerhalb von Cons dürfte das keine große praktische Rolle spielen.

Ein „Rang ablaufen“ gibt es dann nicht, sondern eine Koexistenz. In Kombination mit der Trennung von Spielregeln und Hintergrundbänden besteht für Ulisses sogar die Hoffnung, dass Spieler früherer Editionen (allen voran Spieler von DSA4.1) die neuen Hintergrundbände kaufen, da diese nun nicht im Widerspruch zu ihrem Regelwerk stehen. Jeder weitere so verkaufte Hintergrundband ist für Ulisses ein gutes Geschäft. Für den Verlag daher ein kommerziell sinnvoller Zug.

Und weiter? Eine Vision.

Ich versuchte schon aufzuzeigen, welche Synergien für Ulisses aus der Kombination der beiden Ankündigungen denkbar sind.

Darüber hinaus wird aber auch die Möglichkeit sichtbar, DSA zu einem gezielt „regelagnostischen“ System zu machen. Dies geht weit über die Ankündigungen im Zusammenhang mit der OGL hinaus, die keinesfalls das Nachdrucken alter Editionen zwingend machten (auch Hasbro druckt die alten D&D-Regelwerke meines Wissens nicht nach): Ulisses möchte nun DSA4.1-Regelwerke publizieren. Das Ilaris-Regelwerk gibt es ebenfalls als gedruckte Ausgabe im f-shop. Den Band „Harteschales Hausregeln“ gab es ebenfalls mal gedruckt zu erwerben, wenn auch nicht von Ulisses unterstützt. Über einen Nachdruck von DSA3 und DSA2 wird zumindest spekuliert.

Mit jeder unterstützten Regelvariante hat Ulisses die erhöhte Chance, dass deren Anhänger die neuen „regelagnostischen“ Bände (das heißt Hintergrundbände) erwerben. Gleichzeitig geht der Verlag das Risiko ein, sein primäres Regelwerk (DSA5) und dessen Verkäufe zu schwächen. Jede Drucklegung muss daher von Ulisses sorgsam abgewogen werden, wenn man nicht darauf baut, dass Sammler ohnehin alles kaufen (was bis zu einem bestimmten Grad aber denkbar ist). Grundsätzlich dürften aber die Fixkostendegressionseffekte pro als Buch erhältlicher Regelversion sinken. Allen voran gilt dies für die aktuelle Version, deren ungedeckte Fixkosten am höchsten sind, da sie in Erstellung befindlich ist.

Interessant könnte ein DSA-Regelwerk auf D20-Basis sein (gibt es inoffiziell auch schon). Damit könnnten vor allem Spieler angesprochen werden, die durch die sozialen Medien bei D&D gelandet sind. Wäre dies für Ulisses ein Problem, wenn sie DSA-D20-Regelbücher unter der OGL verkaufen können? Wohl kaum: Ich denke, das Erschließen dieser Zielgruppe wäre für Ulisses hochinteressant. Dies würde auch dann gelten, wenn diese neuen Spieler so zahlreich wären, dass die DSA-D20-Version über Netzwerkeffekte der neue Standard würde. Für Ulisses könnte dies sogar von Vorteil sein, weil man sich keine Mühe machen müsste, neue Regeleditionen grundständig zu entwickeln, sondern auf die D20-Vorlagen zurückgreifen könnte. Auch etwas kleinere Auflagen (wegen Kunden, die beispielsweise das DSA4.1-Regelwerk kaufen), wären dann profitabel.

Unbenommen von einem DSA-D20-Regelwerk ist künftig eine Koexistenz verschiedener DSA-Regelwerke denkbar. Für die Community bietet sich damit die Möglichkeit, die Editionsstreitigkeiten ad acta zu legen. Jede Spielgruppe könnte nach ihrer Façon glücklich werden – da der Wettbewerb um das „bessere“ Regelwerk weniger wichtig würde. Ein zumindest denkbares und doch auch schönes Szenario.

Ein Tabletop-System als „Community“-Projekt (weiter)betreiben?

Einleitung

Vor drei Wochen fand bei „uns“ ein Warmahordes-Spieltag in der Pilsquelle statt. Beim Abendessen kam die ubiquitäre Frage auf, wie es wohl weitergeht mit dem System. Kurze Zeit später traf ich einen der Spieler zum Mittagessen. Hierbei wurde diskutiert, ob man nicht eine „Community-Edition“ von Warmahordes machen könnte – basierend auf MK3.

Interessanter Gedanke, fand ich. Ich wage zu behaupten, dass ich diesen Prozess schon einmal passiv begleitet habe: Bei Demonworld. Daher versuche ich die Genese dieses Community-Projekts als Vergleich für ein hypothetisches Warmahordes-Community-Projekt heranzuziehen. Die Überlegungen lassen sich aber vermutlich auf andere Fälle übertragen.

Als Vergleich würden möglicherweise auch andere Systeme taugen – diese kenne ich aber nicht.

Zunächst zu Demonworld: Nach dem Einstellen des Spielsystems, wurde dieses zunächst von der Community vervollständigt. Es fehlten Armeebücher für die zweite Edition, die (meiner Meinung nach), aufgrund allgemeiner Trägheit nicht mehr von Hobby Products, dem Hersteller, auf den Markt gebracht wurden und deren Fehlen den Niedergang sicher nicht gerade aufgehalten hat. Mit den schließlich erscheinenden inoffiziellen Armeebüchern konnte die Community weiterspielen. Der Nexus derselben war zunächst die Seite dw4all.de, dann mal demonweb.de. Heute ist dies demonworldfreunde.de. Das Spiel wird dort weiter betreut und ein Forum ermöglicht den Austausch mit anderen Spielern.

Über die Seite erfolgt auch die Verteilung des Regelwerks sowie der Armeebücher. Zudem wurde das Regelwerk inoffiziell weiterentwickelt, und zwar in Form sog. Errata zum alten, offiziellen Regelwerk. Auch die Armeebücher liegen in weiter aktualisierten, aber unverändert inoffiziellen, Versionen zum Herunterladen bereit. Ergänzend wurde ein neues Volk erschaffen und mit Regeln ausgestattet. Auch sonst wurden vereinzelt neue Einheiten erstellt.

Die Miniaturen gab es lange nicht. Irgendwann (ca. 2010-2012) kaufte aber Ral Partha die alten Formen, stellt diese Figuren seitdem wieder her und verkauft sie auch – wenn auch in anderen Packungsgrößen. In Deutschland werden diese unter anderem (und ich denke initial) vom Impshop in Ulm wieder geführt. Gleiches gilt übrigens für die DSAArmalion-Figuren, die ehemals ebenfalls von Hobby Products hergestellt wurden.

Für die neuen Völker und Einheiten gibt es teilweise Figuren von Ral Partha (möglicherweise waren diese in ähnlicher Weise von Hobby Products geplant), teilweise muss man kreativ werden. Die Community hilft hierbei.

Um die Seite mit den Inhalten zu betreiben, verfügt der Inhaber über eine Genehmigung der Rechteinhaber.

Man könnte also meinen: Das ist doch toll! Auf geht’s zum Warmahordes-MK3-Community-Projekt!

Voraussetzungen

Falls man diese Entwicklung Demonworlds zu einem „Community-Projekt“ als Erfolg sehen möchte, so waren meines Erachtens die folgenden Voraussetzungen hierfür maßgeblich:

  1. Die Miniaturen standen weiter zur Verfügung. Auch wenn nach dem Konkurs Hobby Products die Figuren für einige Zeit nicht hergestellt wurden, waren sie in aller Regel doch auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich – ggf. war etwas Geduld erforderlich.
  2. Das Spiel wurde nicht mehr durch den Hersteller vertrieben. Daher bestand nie ein Wettbewerb zwischen dem Community-Projekt und dem offiziellen Spiel.
  3. Es fanden sich überhaupt Engagierte, welche das Spiel „fortführten“.

Für eine Übertragung auf ein Warmahordes MK3 Community-Projekt sollten diese Voraussetzungen naheliegenderweise ebenfalls gegeben sein.

Übertragbarkeit auf Warmahordes

Ad 1.)

Der erste Punkt ist bei Warmahordes aber nur eingeschränkt erfüllt. Zwar sind aktuell die meisten Figuren mit etwas Mühe erhältlich (und etwas Mühe hatte man bei Warmahordes schon immer). Es ist meines Erachtens aber fraglich, ob dies in Zukunft noch so sein wird. Privateer Press versucht gerade die verbliebenen Bestände loszuschlagen. Zudem sollen künftig Figuren mit einem anderen Fertigungsverfahren, nämlich mit 3D-Druck, hergestellt werden. Diese neuen Figuren werden ein anderes Design aufweisen, eine „Abwärtskompatibilität“ für MK3 wird voraussichtlich nur bedingt gegeben sein (sofern man nicht unpassende Proxies verwenden möchte). Es erscheint auch nicht naheliegend, dass die alten Figuren von einem Dritthersteller durch Erwerb der Formen gefertigt werden können. Zum einen ist Privateer Press nicht insolvent und die Formen stehen auch sonst nicht zum Verkauf. Zum anderen sind die meisten Figuren Warmahordes‘ mittlerweile zumindest teilweise aus Resin oder Plastik. Resin- und Plastikformen müssen häufiger ausgetauscht werden, als Formen für Metall (Demonworld hatte nur Metallfiguren). Daher ist eine künftige Nutzbarkeit der Formen fraglich.

Da die Miniaturen Warmahordes‘ auch eher einzigartig sind, ist die Verwendung anderer Miniaturen nicht ohne Weiteres, bzw. überwiegend nur dann möglich, wenn man unpassende Proxies akzeptiert.

Es bleibt damit zunächst nur der Gebrauchtmarkt für Miniaturen. Auch hier zeigt sich Resin als teilweise nachteiliges Material: Das Entfärben von Resin- oder Plastik-Miniaturen ist, im Vergleich zu Metallfiguren, erschwert (Biostrip 20 klappt wohl sehr gut).

Perspektivisch kann man natürlich hoffen, dass vergleichbare Modelle über Etsy etc. angeboten werden. In ähnlicher Weise gibt es auch zahlreiche „nachgemachte“ Modelle für Games Workshop-Miniaturen. Je nach Ähnlichkeit mit der Originalminiatur können rechtliche Fragestellungen eine Rolle spielen. Es ist für mich aber denkbar, dass der Tabletop-Markt auf Sicht ohnehin erheblich durch nicht offizielle, aber gleichwohl passende Modell geprägt sein wird.

In jedem Fall dürfte das Angebot solcher Modelle eine entsprechende Nachfrage voraussetzen.

Ad 2.)

Privateer Press ist weiter am Markt aktiv und konzentriert sich auf MK4. Daher ist davon auszugehen, dass Privateer Press eine MK3 Community nicht unterstützen und vielleicht sogar sabotieren würde. Dies könnte durch den Entzug des Rechtes geschehen, die Regeln online zur Verfügung zu stellen und auch zum Abschalten der Warmachine University führen. Ebenfalls ist es denkbar, dass die Warroom App oder die Karten mit den Werten der Modelle nicht mehr zum Download bereitstehen könnte. In diesem Fall könnten diese Dateien nur „unter der Hand“ (und möglicherweise unrechtmäßig) weitergegeben werden – sofern vorab entsprechende private Kopien angefertigt wurden.

Anders würde es sich darstellen, falls Privateer Press mit MK4 final Schiffbruch erleiden würde – und dafür gibt es Anhaltspunkte. Dann wäre die Situation vergleichbar zu Demonworld damals. Derzeit sieht es nach meiner Wahrnehmung aber wieder etwas hoffnungsvoller für die neue Edition aus.

Ad 3.)

Auch bezüglich dieses Punktes bin ich bestenfalls nur verhalten optimistisch. Mit der Ankündigung von MK4 sind die wichtigsten Multiplikatoren, aus der Community abgesprungen und im Wesentlichen zu Games Workshop abgewandert.

Nur für den Fall, dass MK4 scheitert, sehe ich Hoffnung, dass sich wieder ein paar finden, die das System am Laufen halten – einfach, weil es sonst gar nicht weitergehen würde.

Auch darf nicht übersehen werden, dass einige aus alten MK2-Tagen hoffen, mit MK4 wieder hierhin zurückkehren zu können. Es ist daher, so es überhaupt so weit kommen sollte, möglich, dass (auch) ein MK2-Wiederaufleben avisiert wird.

Insgesamt bin ich daher skeptisch, ob aktuell eine Warmahordes Community-Edition entstehen kann.

Weitere Lehren aus Demonworld als Community-Projekt

Auch die Fortführung von Demonworld als Fanprojekt ist nicht perfekt. Neben einer Betrachtung dessen, was dieses Community-Projekt überhaupt ermöglicht hat, soll im Folgenden untersucht werden, welche Schwierigkeiten bei Demonworld aus meiner Sicht bestehen.

Neue oder veränderte Inhalte

Das Aktualisieren von Regeln in Form sog. Errata kann nicht nur als (positives) Aufrechterhalten der Lebendigkeit des Spieles betrachtet werden.

Negativ gewendet können Regeländerungen zu einer Entwertung von Spielfiguren führen. Im Falle Demonworlds wurde sogar zwischenzeitlich die Splittung einer Fraktion (ausgerechnet bei Isthak – meiner Fraktion) in Betracht gezogen, weil man eine Vampir- oder Untotenfraktion einführen wollte. Dies ist im Grunde die Fortführung des Editionsproblems. Mit Blick darauf, dass hierfür keine kommerzielle Notwendigkeit besteht, ist für mir dieses Verhalten völlig ungerechtfertigt und kurzsichtig. Vermutlich wurden die inhärenten Schwierigkeiten eines solchen Handelns nicht gesehen.

Formal unklare Entscheidungsrechte

Änderungen wie die Vorstehenden werden nicht konsensual verabschiedet. Bei Demonworld gibt es einen (mir in der Zusammensetzung unbekannten) Zirkel, der die Weiterentwicklung des Spielsystems, insbesondere in Form der Erratas, vorantreibt. Dieser Zirkel hat aber bestenfalls Legitimation durch einen impliziten, aber potentiell fragilen, Konsens der Spielerschaft. Die Legitimation ist mit der eines Rechteinhabers nicht vergleichbar.

Das muss kein Problem sein, kann es aber. Wie vorstehend erläutert, ist die Splittung einer Fraktion aus meiner Sicht konfliktanfällig. Bei Demonworld ist zudem die Bepreisung der Einheiten mit Punkten in den Errata intransparent; der Kreis der Entscheider exklusiv. Ich unternahm hier mal einen Versuch, Einblicke zu erlangen. Dies war anscheinend nicht gewünscht und verlief im Sande.

Der guten Form halber möchte ich klarstellend darauf hinweisen, dass ich den aktuellen Stand des Demonworld Community-Regelwerks (von Dezember 2019) im Wesentlichen für gelungen halte.

Bei Warmahordes bestünde die angedeutete, mögliche Gefahr, dass Dissens darüber besteht, ob ein Community-Projekt in Richtung MK2 oder MK3 ginge. Eine mögliche Strömung in Richtung MK4 erscheint mir gegenwärtig nicht absehbar.

Die vorstehenden Probleme sind Community-Projekten inhärent. Sie wiegen umso schwerer, wenn die Spielerschaft größer ist und viel Begeisterung und Engagement einbringt. In aller Regel sind die Ideen nicht gleichgerichtet und die Community wird durch das Projekt geschwächt und nur teilweise erhalten. Ich höre immer wieder, dass gerade die Tabletop Community besonders harsch sei – ich persönlich finde das aber nicht.

Fazit

Ein erfolgreiches Community-Projekt erfordert von den Beteiligten Flexibilität und möglichst wenig Dogmatismus. Es sollte versucht werden eine möglichst hohe Kompatibilität zu alten Spielerfahrungen herzustellen.

Für Warmahordes kann man für meine Begriffe zwei Standpunkte einnehmen:

  1. Wenn man MK4 mag: Hoffen, dass die neue Edition doch noch fliegt. Dann bleibt alles, wie gehabt und man umgeht viele Probleme.
  2. Wenn man MK4 nicht mag: Weiter in seiner jeweiligen aktuellen Spielgruppe MK3 (oder MK2) spielen und, idealerweise, Kontakt zu Gleichgesinnten außerhalb der eigenen Spielgruppe aufbauen. Hierbei dürfte fast automatisch ein Community-Projekt entstehen – ob es sich auswächst, bliebe abzuwarten (und ist wohl eher zweifelhaft) und wäre für die Partizipierenden zunächst unerheblich.

Tabletop mit unbemalten Figuren oder mit „Proxies“

In meinem Umfeld ist es eher unüblich mit unbemalten Figuren oder Proxies zu spielen– aber natürlich kenne ich dennoch viele solcher Fälle. In der guten alten Demonworld-Zeit kannte ich einen Spieler, der Orks spielte und vorzugsweise Bogenschützen aufstellte. Allerdings hatte er diese Figuren nicht, dafür aber mehrere Einheiten Oger. Also nahm er die Oger-Figuren als Proxy für die Bogenschützen. Die Oger waren obendrein nicht bemalt – nicht mal grundiert. Insgesamt war die Darstellung der Bogeschützen daher, für meine Begriffe, bescheiden.

Jahre später begann ich mit Warmahordes. Hier hatten wir einen Retribution-Spieler, der stets unbemalte (und ebenfalls auch nicht grundierte) Figuren verwendete. Das wurde zumindest von mir kritisiert, da mir sonst bekannte Spieler den Anspruch hatten (beziehungsweise entwickelt hatten), stets bemalt und ohne Proxies zu spielen (die Figuren sind zumindest „Battle Ready“, was oft heißt, dass sie grundiert sind und mit mindestens drei Farben bemalt wurden).

Auch aktuell haben wir einen Spieler in unserer Warmahordes-Gruppe, dessen Figuren aktuell noch nicht bemalt und nicht grundiert sind. Er ist damit aber der Einzige – alle anderen haben Figuren, die mindestens „Battle Ready“ sind. Bei unserem letzten Spieletag schlug ein potentieller neuer Spieler scherzhaft vor, dass nicht-bemalte Figuren minus 4 auf ihen Angriffswurf erhalten sollten.

Im Grunde sind die Argumente weithin bekannt: Nicht jeder mag alle Figuren kaufen – gerade beim Ausprobieren neuer Modelle. Und nicht jeder findet die Zeit zum Bemalen. Gerade wenn man anfängt, kann das Bemalen, je nach System, in der Tat sehr schnell überhandnehmen. Und wieder andere wollen einfach nicht bemalen – schon gar nicht mehrfach die gleiche Figur.

Demgegenüber steht ein möglicherweise schöneres Spielerlebnis, welches durch bemalte Nicht-Proxy-Figuren oder auch dreidimensionales Gelände entstehen könnte. Fraglich könnte sein, ob dieser Aspekt überhaupt (zwingend) dem Tabletop-Hobby immanent ist. Der vorgenannte Retribution-Spieler war der Meinung, mann könne auch mit beschrifteten Pappscheiben in Größe der jeweiligen Figurenbasis spielen. Es gäbe mithin für Figuren eigentlich keinen Grund.

Also gut. Folgende Fragestellungen könnten beleuchtet werden:

1. Gibt es spieltechnische Gründe, mit Figuren zu spielen?

Ich ziele hiermit auf den (insofern extremen) Gedanken des Retribution-Spielers ab, man könne auch beschriftete Pappscheiben statt Miniaturen verwenden. Dies stimmt nach meinem Dafürhalten nur auf den ersten Blick: Die Unterscheidung von Figuren ist häufig aus spieltechnischen Gründen erstrebenswert – man weiß, was man vor sich hat. Bei Pappscheiben ist die Unterscheidung deutlich schwieriger und Verwechselungen wahrscheinlich. Hierdurch kann man sich in der unangenehmen Situation wiederfinden, dass ein Spieler aufgrund einer solchen Verwechslung die „Rückabwicklung“ eines Zuges fordert. Das wäre unschön.

In ähnlicher Weise finde ich auch die Unterscheidbarkeit von nicht bemalten Figuren oft problematisch. Falls ergänzend auch noch Proxies verwendet werden, kann sogar ein falscher (unterbewusster) Eindruck erzeugt werden – man denke nur an die Bogenschützen, die durch (viel größere) Oger-Figuren dargestellt wurden. Als ich mal eine Figur vergessen hatte, nahm ich als Proxy eine andere. Mein Mitspieler (und auch ich) ordneten diese Figur immer wieder falsch ein und mussten uns ins wiederholt Gedächnis rufen, was sie eigentlich darstellen soll.

Im Extremfall kann es daher mühsam sei, sich zu merken, welche Figuren spieltechnisch (und nicht tatsächlich) vorhanden sind.

Darüber hinaus spielt die Dimensionierung der Figur aber oft keine Rolle. Bei Warmahordes ist die spielrelevante Größe der Miniaturen fast ausnahmslos in Abhängigkeit der Größe der Basis vorgegeben – unabhängig davon, wie groß die Miniatur physikalisch ist. Bei Demonworld ist die Größe auf der Einheitenkarte notiert und orientiert sich an grundsätzlichen Festlegungen, wie groß beispielsweise ein berittener Mensch ist.

Daher kommt der Gestaltung der Figur regeltechnisch hier keine Bedeutung zu. Insofern sind Pappscheiben oder Proxies genauso gut wie bemalte oder unbemalte Figuren.

Bei Warhammer Fantasy und 40k ist es offenbar anders: Hier haben die Abmessungen der tatsächlichen Miniatur (aber, wenn ich es richtig verstehe, ohne Arme und Waffen) Einfluss auf die regeltechnische Deckung. Daher wären hier Proxies in anderer Größe potentiell schädlich für die Spielbalance.

Im Einzelfall können Pappmarker aber auch einen spieltechnischen Vorteil haben: Manche Modelle ragen weit über die Basis hinaus. Sollen solche Modelle nebeneinander stehen verhaken sich diese möglicherweise – oder ist realiter gar nicht möglich, diese direkt nebeneinander zu platzieren – obgleich dies regeltechnisch möglich sein sollte. Pappscheiben haben dieses Problem nicht.

Dennoch bin ich der Meinung, dass im Ergebnis die Verwechslungsgefahr als Argument schwerer wiegt. Falls ein Spieler ohne Proxies nur bemalte Figuren aufstellt und der andere Spieler unbemalte Figuren oder sogar Proxies verwendet, kann dies im Extremfall sogar für den Spieler mit bemalter, nicht Proxy-Armee ein spieltechnischer Nachteil sein. Dieses Problem besteht nur dann nicht, wenn die Proxies sehr ähnlich dem Aussehen und die Größe der Ursprungsminiatur haben.

Aber auch beidseitig nicht bemalte (und insofern „fair“ bemalte) Figuren können die Spielmechanik beeinträchtigen: Sind beide Armeen im selben Zustand der Nicht-Bemalung, kann man die Figuren möglicherweise nicht mehr einer Partei zuordnen.

2. Welches Gewicht ist dem Argument einzuräumen, bemalte Nicht-Proxy-Figuren verschlechtern das Spielerlebnis?

Diese Frage ist nur subjektiv zu beantworten. Grundsätzlich fällt mir aber bei der Besprechung aller Tabletop-Systeme auf, dass die Gestaltung der Figuren eine große Rolle spielt. Und neue Systeme oder Editionen werden an dem Design ihrer Miniaturen gemessen, so dass dieses für den wirtschaftlichen Erfolg eine Rolle spielt. Daher meine ich, dass der typisierte Spieler dem Aussehen der Figuren eine zumindest gewisse Wichtigkeit beimisst.

Auch Neueinsteiger werden oft durch schöne Szenen „geködert“. Dies umfasst jedoch nicht nur bemalte und originale Figuren, sondern auch ein ansprechendes Spielfeld. Daher scheint mir im Ergebnis, dass das Spielerlebnis des Durchschnittsspielers tatsächlich durch nicht bemalte Figuren, oder auch durch Proxies, vermindert sein dürfte.

3. Welcher Standpunkt wird in offiziellen Publikationen vertreten?

Ich stütze mich hier vornehmlich auf Warmahordes, da ich hier Wissen mitbringe und zudem überhaupt Regelungen enthalten sind. Dort finden sich im Steamroller-Regelwerk 2021 folgende Hinweise:

„Privateer Press encourages players to have a fully painted force on the table. Games with painted armies are more interesting to watch and generally enhance the experience for all. Although painting is not required, players are encouraged to show off all aspects of the hobby.“ (S. 2)

Und es werden folgende Regelungen für Veranstaltungen festgelegt:

BASELINE – Painted armies are not required.

Basic Painting Required – All models must be primed and basecoated. Players must present the intended final color scheme on all parts of the model. Bases can be unfinished.

Advanced Painting Required – All models must be completely painted and based. This means that every model must be painted with a reasonable diversity of color and that individual elements of the miniature must be distinguishable by color, shading, and highlighting. For instance, flesh must be a different color than hair or clothing, and metal must be a different color than leather. Bases must be finished with sand or flock or otherwise modeled and painted. Whether a model is completely painted and based is the decision of the EO [Hinweis – dies meint: Event Organizer]. As a general rule, if a player feels the need to justify why a model is acceptable, it probably isn’t.“ (S. 12)

Bezüglich Proxies ist Privateer Press eindeutiger:

„All models used in Privateer Press organized play events must be Privateer Press models from the WARMACHINE or HORDES lines. Each model must be fully assembled and mounted on a round-lipped base of the size specified on its stat card. The use of non–Privateer Press models, unassembled models, or inappropriately based models is not permitted.“ (S. 2)

Es wird also deutlich, dass das Spielen mit bemalten Modellen vorziehswürdig ist, aber aus Sicht des Herstellers, nicht per se, erforderlich. Allerdings wird dem Organisator das „Recht“ eingeräumt, höhere Standards zu verlangen.

Und hiervon wird teilweise auch Gebrauch gemacht: Auf der Tabletop-„Weltmeisterschaft“, der WTC, sind nur bemalte Armeen (und keine Proxies) zugelassen. Man muss aber ehrlicherweise sagen: Realiter wird sonst viel mit unbemalten Figuren gespielt.

Meines Wissens gab es bis circa 2004 bei Warhammer Fantasy und 40k einen „Bemalzwang“, da die Grand Tournament Rules und die „Hausordnung“ der Games Workshop-Läden nicht bemalte Figuren nicht zuließen. Letzteres wurde meines Wissens aber circa 2004 geändert.

Warhammer World schreibt jedoch (auch heute noch) bemalte, nicht „geproxyte“ Figuren auf Games Workshop-Veranstaltungen vor:

  • Each model must be Citadel or Forgeworld miniatures
  • Each miniature must be fully assembled
  • Each miniature must be painted to a minimum battle ready standard (including bases)
  • Each miniature must accurately represent its entry on your army roster

Dass Privateer Press Proxies oder Warhammer World nicht offizielle Figuren verbieten möchten, ist rein durch kommerzielle Interessen getrieben und daher hier unerheblich. De facto kann zudem der Organisator oder der Mitspieler auch Proxies zulassen – und dies geschieht auch regelmäßig. Ich wurde schon oft gefragt, ob man eine Figur oder Einheit, die ähnlich zu der gewünschten aussieht, verwenden darf. Pflichtschuldig stimmte ich immer zu.

Auch der „Wunsch“, möglichst bemalte Figuren zu verwenden, dürfte kommerziellen Interessen geschuldet sein: Wenn man davon ausgeht, dass Bemalung das Spiel attraktiver macht, ist es nur naheliegend, dass der Hersteller ein möglichst gutes Marketing auf diese Weise erzielen möchte. Dem gegenüber steht, dass ein „Bemalzwang“ die Einstiegshürde höher setzt und Kunden erst gar nicht gewonnen werden können. Die Änderung bei Games Workshop Anfang der 2000er-Jahre läßt vermuten, dass dieser zweite Aspekt überwiegt. Die Wertung gerade aktiver Spieler kann davon abweichen.

Einschätzung

In der Gesamtschau komme ich daher zum Ergebnis, dass bemalte, Nicht-Proxy-Figuren zumindest sehr wünschenswert sind. Dies dürfte das Spielerlebnis verbessern, zumindest zunächt für Neueinsteiger attraktiver machen und das Spiel fairer machen. Damit stellt sich die Frage, wie man dieses (hehre) Ziel erreicht.

Zu Frage der Bemalung

Die Argumente wider der Bemalung einer Armee sind weiter präsent. Dennoch: Überhaupt bemalte Figuren sind oft ausreichend. Die Miniaturen müssen daher nicht aussehen wie im Tabletop-Katalog. Die Ansprüche an die Bemalung sind also grundsätzlich niedrig anzusetzen. Und mittlerweile gibt es zahlreiche Techniken (jüngst sog. Speed Paints), schnell ein akzeptables Ergebnis zu erzielen.

Sowohl mangelnde Zeit als auch Bemalfreude lässt sich zudem grundsätzlich mit einem Bemalservice lösen. Ich habe hiervor ausgiebig Gebrauch gemacht; ich male, insbesondere aus Zeitgründen, nur noch vereinzelt Figuren selbst an. Die meisten meiner fremd bemalten Figuren wurden vom Phantasos Studio bemalt; vereinzelt aber auch vom Flügelschlag Studio oder von Fane of Illusion.

Ich komme aber nicht umhin, zuzugeben, dass dies teuer werden kann. Die Kosten hängen jedoch von der gewünschten Qualität ab – und hier muss keineswegs ein besonders hoher Standard angestrebt werden. Dennoch mag diese Lösung nicht nur eine Frage des Wollens, sondern auch des Könnens sein.

Eher anekdotischen Charakter hat, dass ein früherer Mitspieler einer DSA-Runde, der mehrfacher Warhammer 40k-Weltmeister war, seine (zahlreichen) Armeen von seiner jeweiligen Freundin bemalen ließ. Auch das ist natürlich denkbar – aber wohl nicht in allen Fällen umsetzbar.

Ein alternativer Ansatz besteht im Erwerb gebrauchter aber bemalter Armeen. Für Warmahordes gibt es, bedingt durch den Editionswechsel, da gerade einige gute Angebote. Für die Games Workshop-Systeme gibt es grundsätzlich immer wieder Angebote. Häufig sind bemalte Figuren sogar günstiger, als unbemalte.

Im Übrigen werden für viele heutige Systeme nicht viele Figuren benötigt. Das relativert das Problem der Bemalung – sei es gemessen in Zeit, Bemalfreude oder Geld. Und für andere Systeme kann man sich oft auf auf kleinere Listen (bei Warmahordes MK3 sog. Theme Forces) fokussieren.

Zu den Proxies

Mir fallen nur wenige Argumente ein, warum man (nicht sehr ähnliche) Proxies nutzen sollte. Wenn man man ein Modell ausprobieren möchte oder dieses zu Hause vergessen hat, leuchtet mir die Verwendung eines Proxies ein. Sonst aber scheint mir die Verwendung von Proxies ganz überwiegend nachteilig.

Zu beachten ist jedoch, dass ich hiermit nicht alternative Figuren meine, welche die orignären Figuren gut darstellen. Ich kenne jemanden, der Probleme hatte, offizielle Warmahordes-Figuren zu bekommen – und sich daher kurzerhand selbst Figuren gebastelt hat. Ziemlich gute sogar, die von den offiziellen Miniaturen kaum unterscheidbar waren. Auch die Verwendung ähnlicher Miniaturen alternativer Hersteller wird durch meine vorstehenden Argumente nicht berührt (rechtliche Aspekte könnten dies aber): Wenn die regeltechnische Miniatur klar durch die verwendete Miniatur erkennbar ist, besteht keine Verwechslungsgefahr. Diese Art von „passenden“ Proxies ist für mich unproblematisch. Die Anforderungen, damit ein Proxy passend ist, sind aber recht hoch für mich.

Eine Einschränkung zur Wahrung der Zugänglichkeit

Um die Einstiegshürden für Neueinsteiger niedrig zu halten, möchte ich Anfänger (oder solche, die gerade eine neue Armee anfangen oder eine Figur ausprobieren möchten), von den vorstehenden Vorschlägen ausnehmen. In solchen Fällen finde ich auch unbemalte Figuren in Ordnung oder auch die Verwendung unpassender Proxies. Falls der Neueinsteiger aber bei dem System bleiben möchte, fände ich es jedoch schön, wenn er schließlich eine bemalte Nicht-Proxy-Armee zum Spielen verwendet.

Mit einem neuen Pen & Paper-Rollenspielsystem anfangen

Immer wieder werde ich mit der Situation konfrontiert, dass ein neues Rollenspiel ausprobiert oder sogar gleich langfristig gestartet werden soll. Mir wird hierbei zunehmend klar, dass mir dies immer mehr schwerfällt.

Hierbei bin ich nicht (so) dogmatisch wie andere („Wenn wir Fantasy spielen, können wir auch gleich DSA spielen, das ist am besten.“ – womit zahlreiche Systeme per se keine Chance haben), aber einfach aufgrund meiner Präferenzen schwierig.

Zur Welt

Einerseits erwarte ich von der Welt, dass sie so innovativ ist, dass es sich „lohnt“ diese auszuprobieren. Auch kann ich nur anhand einer solchen Welt einen für mich schönen Charakter erstellen oder aber, als Spielleiter, mir eine Geschichte ausdenken. Dazu bedarf es in beiden Fällen einer recht guten Beschreibung der Spielwelt – den sonst finde ich nur schwer Anknüpfungspunkte. Andererseits, meine gerade angebrachte Forderung konterkarierend, möchte ich mich möglichst wenig einlesen. Diese beiden Anforderungen schließen praktisch einander aus – und (leider) fallen damit viele System hinten runter. Dennoch gibt es zwei mögliche Auswege:

  1. Ich kann die Welt anderweitig erfahren. Hier sind Romane an erster Stelle zu nennen. Sowohl das Witcher- als auch das Splittermond-Universum habe ich mir über Romane erschlossen und könnte mir nun gut vorstellen, hier mal zu spielen. In ähnlicher Weise haben sich die Iron Kingdoms über das Tabletop für mich erschlossen.
  2. Das System spielt auf der Erde. Hexxen ist hier für mich das jüngste Beispiel. Wenn man sich ein wenig mit Geschichte auskennt, kann man mit „echtem“ Wissen die Spielwelt erfahren. Problematisiert wird dies allein dadurch, dass Spielwelten in aller Regel einem alternativen Geschichtsverlauf folgen, was die Nutzbarkeit eigenen Wissens einschränkt.

Zu den Regeln

Ich lese im Grunde keine neuen Regeln mehr. Das ist nicht einmal böse gemeint. Selbst wenn ich es mir fest vornehme und ein neues System gerne spielen möchte – ich tue es einfach nicht. Zu einem konkreten Zeitpunkt, wenn ich das Regelwerk lesen könnte, scheint mir stets eine andere Beschäftigung attraktiver.

Zudem schätze ich narrativistische Elemente nicht, wie sie heute in Regelwerken üblich sind. Ich verweise hierzu auf meinen Beitrag zur Spielphilosophie.

Zum Spielsystem

Mich interessieren heutzutage kampflastige Systeme weniger. Der Fokus sollte für mich auf der Charakterdarstellung liegen. Das ist aber weniger etwas, was aus dem Spielsystem erwächst, sondern ist eine Spielstilfrage, die durch die Spielgruppe maßgeblich beeinflusst wird. Aus meiner Sicht bietet jedes System die Möglichkeit, ein intensives Charakterspiel zu betreiben.

In Kürze: Ich bin vermutlich ein schwerer Fall, wenn man neue Systeme ausprobieren möchte. Aber zum Glück habe ich genug Runden und Spielsysteme.

Vielleicht bin ich auch einfach alt und eingefahren.

Beitragshäufigkeit

Ich deutete es ja schon an – ich bin mir nicht sicher, ob ich weiterhin so oft etwas posten kann. Der Grund ist schlicht: Es gibt gerade eher wenig, zu dem ich etwas schreiben möchte. Ein paar Dinge habe ich noch im Hinterkopf und diese reifen heran. Aber wöchentlich wird es wohl keine neuen Beiträge mehr geben.