Die Schnittmenge derer die Tabletop und derer, die Pen & Paper-Rollenspiele spielen, ist meiner Erfahrung recht groß. In gleicher Weise ist die Schnittmenge von LARP-Spielern und Pen & Paper-Rollenspielern beachtlich. Gleichwohl sind Miniaturenspiele, die auf einem Pen & Paper-Rollenspiel basieren, oft nicht erfolgreich (Armalion und Schicksalspfade als Auskopplungen von DSA sind hier zu nennen) und auch in der anderen Richtung klappt es oft nicht (Die Rollenspiel von Warhammer [auch 40k] oder Warmahordes frist(et)en ein vergleichsweise trauriges Dasein). „Offizielle“ LARP-Kombinationen sind ebenfalls selten. Auf Aventurien-LARPs werde ich gesondert eingehen.
Dennoch: Was liegt also näher als diese „Personalunion“ von Spielern auf die Spielwelten zu übertragen? Ich habe dies mehrfach versucht – es gelang mir nie.
Mein erster Pen & Paper-Rollenspiel-Charakter war ein Zwerg. Ich war als Kind begeistert von dem Hobbit und mochte vor allem Thorin Eichenschild. Nachdem ich mit sieben Jahren (oder so) als solcher bei Karneval verkleidet war, sollte mein erster Rollenspielcharakter ebenfalls ein Zwergenprinz sein. Dieser DSA-Charakter hieß zunächst auch Thorin – ich habe ihn aber später zu Andrasch umbenannt (das würde ich heute freilich beides nicht mehr tun – weder die Namensgebung noch eine Umbenennung). Als ich mit circa 16 Jahren vom LARP erfuhr, wollte ich unbedingt meinen Zwergen genauso dort auch spielen. Ich schilderte schon, dass daraus nichts wurde – weder meine körperlichen noch meine finanziellen Voraussetzungen ließen dies zu.
Ich hatte jedoch einen neuen Charakter, von dem ich begeistert war – einen Magier. So sollte eben dieser mein LARP-Charakter werden. Und auf dem ersten Con 1999 trug dieser Magier, der heute Xarxe ist, auch noch den Namen des DSA-Charakters (Zondan). Die Änderung sowohl des Namens wie auch des Konzepts (letzteres eher im Laufe der Zeit), waren schon deshalb erforderlich, weil die Möglichkeiten des Pen & Paper-Rollenspiels keinesweg beim LARP darstellbar waren und sind – auch hierzu äußerte ich mich bereits. Allein die Machtfülle des DSA-Charakters ist mit dem Grundkonzept des LARP schlicht unvereinbar.
Bei Demonworld, mit dem ich auch irgendwann in den späten Neunzigern anfing, wollte ich eigentlich, der oben stehenden Begeisterung für meinen Zwergenprinz folgend, die Zwerge spielen. Diese waren aber schon an einen Mitspieler vergeben. So entschied ich mich für Isthak. Da der (Schwarz-)Magiercharakter Zondan im Entstehen war, war Isthak für meine Zwecke die nächstbeste Wahl – den dieses Volk hat sowohl Dämomen wie auch Untote in ihren Reihen.
Vor allem war es bei Demonworld in der ersten Edition so, dass man DSA-Charaktere zu Demonworld-Helden konvertieren konnte. Dafür gab es explizite Regeln. Den DSA-Magier gab es damals noch nicht in Gänze, aber seinen Lehrmeister, den ich damals nur für eine Abenteuer kreiert hatte (allerdings auf einer [erforderlichen] hohen Stufe). Bedingt durch die Anforderungen dieses einen Abenteuers, hatte der erstellte Magier sehr hohe Werte – mit die höchsten, die das Regelwerk überhaupt zuließ. Infolgedessen wäre auch der konvertierte Isthak-Held mit sehr hohen Werte einhergegangen – der Held wurde daher von einem Freund, der damals so etwas wie die Demonworld-Oberherrschaft innehatte, schlicht abgelehnt.
In gewisser Weise kam der eigentliche DSA-Magier (Zondan) später aber doch noch zum Zug: Ebenfalls in den späten 90ern und in den frühen 2000ern spielten wir AD&D. Der Spielleiter erfand eine eigene Welt und wir konnten Vorschläge zu deren Gestaltung einbringen. So wurde das Demonworld-Reich Isthak kurzerhand in diese Welt versetzt und mein DSA-Magiercharakter zum Gott dieses Reiches erklärt. Mein AD&D-Charakter war ein Priester-Magier, der just diesen Gott verehrte. Allein – hierbei wurden zwei Pen & Paper-Rollenspiele kombiniert. Eine Überschreitung der „Hobbygrenzen“ lag nicht vor.
Aus dieser Zeit stammt jedoch meine Vorliebe für Eisvölker. Bei Warmahordes war Legion of Everblight meine erste Fraktion, die mit Isthak einiges gemein hat.
Jedenfalls waren die Experimente der Hobbykombinationen für mich als Spieler Anfang des Jahrtausends zunächst erledigt. Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Die Übernahme von Pen & Paper-Helden in die LARP-Welt scheiterte bei mir daran, dass diese Fähigkeiten hatten, die mit LARP nur schwer vereinbar sind – nicht nur in Bezug auf die Darstellung, sondern auch mit Blick auf das Spielgleichgewicht. Zumal LARP in der Regel ein Sammelpunkt von Helden ist, von denen regelmäßig keiner übermäßig heraussticht.
- Die Übertragung eines Pen & Paper-Charakters in eine Tabletop-Welt scheiterte aus einem ähnlichen Grunde: Dieser wäre mit der erforderlichen Spielbalance im Tabletop unvereinbar gewesen.
Vor einigen Jahren gab es einen weiteren Anlauf: Wir spielten eine Battletech/ Mechwarrior-Kampagne. Unsere Spielercharaktere waren Mechkrieger und Söldner. Nur die Gefechte mit den Mechs wurden mit den Battletech-Regeln ausgeführt, sonst griffen wir auf den Mechwarrior-Regel zurück. Das klappte ganz gut – als Problem stellten sich jedoch die simulationistischen Schwächen des Battletech-Regelwerks heraus, welche das Mechwarrior-Regelwerk in diesem Umfang nicht hatte. So hatten Handfeuerwaffen eine weit größere Reichweite als die Waffen der Battlemechs. Zudem war die Ökonomie unausgegoren – ein Aspekt der bei Battletech als Brett- oder Tabletop-Spiel so keine Rolle spielt – beim Rollenspiel aber sehr wohl, da die Charaktere derartige Überlegungen anstellen. Letztlich klappte es nicht – obwohl ich begeistert von dem Konzept war.
Da ich vom Rollenspiel her komme, waren meine Konvertierungsversuche stets von dort ausgehend. Was aber, wenn man es andersherum hält? Das scheint mir möglich! Auf dem Epic Empires werden die Warhammer-Armeen Imperium und Chaos bespielt. Ich sehe auch prima facie keine Probleme einen beliebigen LARP-Charakter in ein Pen & Paper-Rollenspiel zu überführen (freilich muss beides einen ähnlichen Rahmen, wie beispielsweise Fantasy, haben).
Es gibt auch Aventurien-LARPs, bei denen die Überschreitug der Hobbygrenzen augenscheinlich gelingt. Dies ist bei genauer Betrachtung aber nur bedingt richtig – die hier bespielten Charaktere sind keine (sehr) hochstufigen oder greifen auf ihre Fähigkeiten zumindest nicht wie im Pen & Paper-Rollenspiel zu. Ich habe jedenfalls noch keine erfolgreiche Anwendung und glaubwürdige Darstellung des DSA-Zaubers „Mit dem Wind in Sternenhöh“ auf dem LARP gesehen. Gleichwohl könnte man die Aventurien-LARP-Charaktere ins Pen & Paper-Rollenspiel überführen.
Vor einigen Jahren gelang Freunden von mir jedoch die Konvertierung von Pen & Paper-DSA-Helden zum LARP. Der wichtige Faktor, der den Erfolg erklären könnte, war jedoch, dass diese Charaktere zum großen Teil nicht magiebegabt waren oder bereit waren, ihre magischen Fähigkeiten nicht im vollen Umfang ins LARP zu übernehmen. Dadurch stellten sich viele Fragen, die aus der Machtfülle herrührten mitunter gar nicht. Auch die magischen Gegenstände (dieser sonst sehr, sehr erfahrenen) Helden wurden nicht übertragen.
Für mich als Spielleiter ergab sich damit aber eine neue Möglichkeit der Hobbykombination. Ich war Spielleiter dieser Gruppe, lebte damals aber im Ausland, daher scheiterte meine Teilnahme am LARP. Gespielt wurde per Videokonferenz. Um die Heldenerlebnisse miteinander zu verknüpfen, nahm ich vor dem Con Kontakt zur LARP-Orga auf. Diese war so freundlich, mir einen Hinweis für den LARP-Plot zu geben, den ich beim Pen & Paper-Spieltermin vor dem Con an die Spielercharaktere weitergab (ein verrückter Seher sprach zu den Helden). Zum Ende des Spieltermins gingen die Helden schlafen, so dass das LARP als Traum in die Pen & Paper-Welt integriert wurde.
Ergänzend erlangten diese (schlafenden, träumenden) Charaktere auf dem LARP Hinweise für den Pen & Paper-Plot.
Mit diesem „Kniff“ war auch die Konsistenz der Heldenerlebnisse gewahrt. Ich bin ex post noch immer sehr zufrieden über diese Kombination.
Leider musste ich feststellen, dass die Spieler beziehungsweise Charaktere die Parallelen nicht erkannten. Sie hatten zwar einen handfesten Hinweis zur Lösung des LARP-Plots aus dem Pen & Paper-Spieltermin und ebenfalls einen gewichtigen Hinweis für das Pen & Paper-Abenteuer aus dem LARP. Der Transfer gelang aber nicht: Den Spielern und Helden kam gar nicht in den Sinn, dieses Wissen zu kombinieren oder anzuwenden. Erst als ich nach LARP und nach Abschluss des Pen & Paper-Abenteuers auf die wechselseitigen Hilfen hinwies, wurde den Spielern die Verknüpfungen bewusst. Daher muss auch dieser Versuch von mir, die Hobbygrenzen zu überschreiten, als gescheitert gelten.