Bild des Monats

Rollenspiel

Die Entwicklung von DSA-Illustrationen im Zeitablauf

Mein erstes DSA-Produkt war das Brettspiel „Die Burg des Schreckens“. Das Bild auf der Spielbox war für mich eine tolle Inspirationsquelle: Ich war vor allem von der Axt des Zwergen begeistert und diese war (und ist noch immer) meine Vorstellung der magischen Zweihandaxt.

Als ich ein paar Jahre später mit DSA als Rollenspiel anfing, erschien bald die Box „Mit Mantel, Schwert und Zauberstab“. Das Bild auf dieser Box gefiel mir damals schon sehr – ich kam zu der Einschätzung, es ist die beste farbige DSA-Illustration überhaupt. Das Bild regte meine Phantasie noch immer an und löst viele Fragen aus.

Ulrich Kiesow: Mit Mantel, Schwert und Zauberstab, 1992, Umschlag (Bild von Ugurcan Yüce)
  • Warum kämpfen die Beiden?
  • Weicht der Mann gerade zurück? Warum blickt er dennoch gelassen?
  • Ist die Frau zornig oder auch nur überlegt?
  • Warum schaut der Mann links am Tisch so gelassen auf den Kampf – ganz im Gegensatz zu der Frau auf der rechten Seite im Hintergrund?
  • Wer ist der dunkel gekleidete Mann auf der Treppe, der den Kampf beobachtet?

Ich bin mir sicher, ich könnte nur auf Basis dieses Bildes ein Abenteuer improvisieren – mehrmals sogar, mit unterschiedlicher Handlung.

Darüber hinaus finde ich den Stil des Bildes sehr ansprechend. Ohnehin war insofern Yüce der beste DSA-Illustrator für mich. Sehr gelungen finde ich insbesondere auch die Illustration von „Götter, Magier und Geweihte“. Einige meiner Freunde kauften überhaupt nur wegen der Boxenillustrationen DSA-Boxen – sie waren von den Bildern begeistert und wollten wissen, was sich dahinter verbirgt.

Ganz dementsprechend finde ich auch die dargestellten Figuren gelungen; sie entsprechen meinem Fantasy-Geschmack. Allerdings trifft der Künstler Herr Yüce nicht immer den Inhalt des Buches – die viel zu schönen Oger bei „Mehr als 1000 Oger“ sind hierfür bekannt.

Leider waren diese Illustrationen nicht von Dauer. Dies lag zweifelsohne auch am Tode Herrn Yüces. Darüber hinaus wurden in der Folge aber auch Künstler ausgewählt, deren Werke meines Erachtens (de gustibus non est disputantum) deutlich weniger gelungen sind.

Die Bilder Herrn Yüces wurden vor allem für Produkte bis DSA3 angefertigt. Mit DSA4 errreichten die DSA-Illustrationen für meinen Geschmack auch ihren Tiefpunkt – nämlich mit „Wege der Götter“.

Thomas Römer u.a.: Wege der Götter, 2015, Umschlag (Bild von Slawomir Maniak)

Bei Wege der Götter scheint mir das Titelbild Dumpfsinnige einer Nervenheilanstalt darstellen zu wollen (das Gebäude im Hintergrund? In den Bergen errichtet, um die Irren von anderen fern zu halten?). Die selten dämlichen Gesichtsausdrücke sind hierfür ursächlich. Oder liegt es daran, dass auf der Schriftrolle, welche die Frau in der Hand hält, rückseitig steht, dass kein Abendessen gibt heute? Vielleicht hat dies die strenge Frau in rot-weiß gerade verkündet – ist nun aber auch etwas traurig?

Im Übrigen ist aber auch die Maltechnik für meine Begriffe viel schlechter. Während die Yüce-Bilder präzise gezeichnet sind, ist das „Wege der Götter“-Bild eher verwaschen. Die anderen „Wege“-Bände sind etwas besser – überzeugen kann mich jedoch keines der Titelbilder der Kernbände. Nur die Umschlagillustrationen von „Wege der Alchimie“ und „Wege des Entdeckers“ brechen nach oben aus. Und natürlich das Bild von „Wege nach Myranor“! Letzteres sogar sehr deutlich. Als Myranor-Band ist es aber gesondert zu betrachten. Insgesamt sind die DSA4-Umschlagillustrationen dennoch für meinen Geschmack dürftig. Daher sind bei meinem DSA4-Spielleiterschirm alle Bilder mit DSA3-Bilder überklebt.

Zum Glück kommt nach Regen immer Sonnenschein – so auch bei DSA4, das insbesondere mit „Schlacht in den Wolken“ auch ein besonders gelungenes Titelbild hat.

DSA5 kam mit wieder einen veränderten Stil daher. Hierbei finde ich die Maltechnik überwiegend sehr gut. Ich störe mich jedoch an dem Gezeigten. In meinen Augen fehlt hier der Fantasy-Einschlag. Besonders gut wird dies für mich schon an dem Titelbild des Grundregelwerkes deutlich

Axel Spohr u.a.: Das Schwarze Auge Regelwerk, 2015, Umschlag (Bild von Anna Steinbauer)

An der Szene an sich ist wenig auszusetzen.

  • Eine Frau, vermutlich eine Magierin, inspiziert die Kristallkugel (die höchstwahrscheinlich ein schwarzes Auge ist).
  • Der Krieger schaut skeptisch-wohlwollend
  • Die anderen scheinen sich hierfür jedoch nicht zu interessieren – was man entweder als unschön empfinden kann, weil dies der Inspektion der Kugel die Wichtigkeit nimmt – aber auch als interessant – ob sich durch die Fenster Feinde nähern?)

Gegen die letztgenannte Interpretation spricht jedoch, dass dafür vor allem der Krieger in Vordergrund zu entspannt wirkt. Zudem haben die Figuren im Hintergrund des Bildes ihre Waffen nicht gezogen. Sie wirken auf mich eher ziellos den Raum dursuchend.

Künstlerisch-handwerklich ist das Bild toll! Allein die Spiegelung der Hand auf der Kristallkugel – und die Hand in der Kristallkugel, die diese zu greifen scheint. Der Blick der Frau hätte noch etwas mehr auf die Kugel gerichtet sein können – ich habe den Eindruck, dass sie nicht ganz bei der Sache ist und über die Kugel hinweg blickt.

Was mir jedoch nicht gefällt, und hier entlädt sich folglich die wesentiche Kritik, ist die Gestaltung der Figuren auf dem Bild. Gerade die mutmaßliche Magierin sieht für mich nicht nach einer solchen aus. Ihr fehlt jedwede magische Aura. Der Kleid könnte auch eine LARP-Klamotte sein. Die Frisur ist mir deutlich zu langweilig. In der Gesamtschau könnte man die Dame in eine Teehandlung in einer beliebigen Großstadt platzieren und sie würde nicht weiter auffallen. Auch ein Laden für Duftkerzen wäre denkbar.

In ähnlicher Weise finde in die Aufmachung des Begleiters langweilig. Dank Kettenhemd und Schwert passt dieser zwar nicht ohne Weiteres in die Neuzeit. Aber das sind auch die markantesten Ausrüstungsgegenstände – die ganze Gestalt könnte auf dem Mittelaltermarkt anzutreffen sein. Tauscht man aber gedanklich die Kleidung wäre er als Passant in einer Fußgängerzone denkbar. Ganz anders der Kämpfer des „Mit Mantel, Schwert und Zauberstab“-Bildes: Er würde in die Fußgängerzone, auch mit anderer Kleidung, keineswegs reinpassen. Zugegebenermaßen wäre die Kämpferin des Bildes schon eher hierfür geeignet – ihre Aufmachung ist aber sonst sehr phantastisch und wäre auf dem Mittelaltermarkt ein Blickfänger.

Während die DSA-Illustationen neueren Datums also handwerklich wirklich sehr gut ist, ist das Gezeigte für meinen Geschmack dröge.

Für mich wird dies an einem Bild-Vergleich besonders deutlich, bei dem die gleiche Figur (A’Sar al’Abastra) gezeigt wird.

Links: Lena Falkenhagen: Schlange und Schwert, 1996, Umschlag (Bild von Dieter Rottermund), Rechts: Thomas Michalski: Aventurisches Elementarium, 2022, S. 100, (Bildurheber mir nicht bekannt)

Die Figur A’Sar al’Abastra ist pure Fantasy. Als von einem Drachen geschaffenes Wesen, dass auserkoren ist, Erz zu beherrschen, nebenbei unsterblich aber immer immer wieder ihr Schaffen aus früheren Inkarnationen vergessend und dadurch stets auf der Suche, bietet sie so viele Anknüpfungspunkte für Geschichten, dass man ohne Weiteres ganze Kampagnen um sie schreiben könnte.

Dies wird für mich bei dem linken (DSA3)-Bild ersichtlich. Das ganze Bild ist pure Mystik für mich. Weiß dominiert neben dem Nachthimmel (A’Sar ist weiß), aber leuchteten Farben ziehen die Blicke des Betrachters an sich: Der helle rosa Stern und mehr noch der goldene Drache. Dabei blickt die Figur zur Seite – Verfolger? Oder hat sie etwas zurückgelassen? Bewusst, so scheint es. Wissend. Gleichsam sieht sie aber auch den Betrachter des Bildes. Zudem wehen ihre Haare auf der linken Kopfseite leicht nach vorne – eine Brise in der Nacht im Hochgebirge?

Ganz anders das Bild auf der rechten Seite. Mir fehlt hier jedwede Mystik. Hätte ich keine Betitelung würde ich sagen, man sieht eine Händlerin, die Kamele verkaufen möchte. Schade.

Das zweite Bild A’Sars stammt aus dem Aventurischen Elementarium. So gut das Buch im Grunde gelungen ist – die Illustrationen weiblicher Figuren scheinen fast immer mit einem großen Drang zur Langweile hin gemalt worden zu sein.

Zum Glück gibt es auch bei DSA5 Lichtblicke. Gerade das Titelbild von „Banner der Treue“ ist gelungen (leider kann man das von dem Abenteuer selbst nicht ohne Vorbehalte sagen). Bleibt zu hoffen, dass die Qualität der Zeichnungen erhalten bleibt – die Künstler aber vielleicht von der Muße künftig in einer Art geküsst werden, das die Bilder etwas mehr von fremden Welten, Mystik und Abenteuern erzählen.

Die Idee des Co-Spielleiters (mit Stellenanzeige!)

In einem anderen Beitrag wies ich auf die Mühen hin, die (nur) der Spielleiter hat. Ein Ansatz, diese zu mindern, ist der Co-Spielleiter.

Wir hatten ein solches Spielleitergespann für einige Jahre im Einsatz. Der „Haupt-Spielleiter“ wurde durch einen Co-Spielleiter unterstützt. Vorab mussten die beiden sich freilich abstimmen, was zusätzlichen Zeit- und Organisationsaufwand mit sich brachte. Demgegenüber standen aber Vorteile beim Spieltermin:

  1. Szenen im Abenteuer konnten aufgeteilt werden.
  2. Bei Kämpfen konnten zahlreiche Aufgaben zwischen beiden geteilt und die Kämpfer hierdurch beschleunigt werden.
  3. Bei einem Gespräch mit mehreren Nichtspielercharakteren konnten diese auf die Spielleiter aufgeteilt werden – ein unschätzbarer Vorteil!
  4. Man konnte, im Falle einer getrennten Gruppe, beide Gruppenteile simultan betreuen.
  5. Falls ein Charakter gerade im Mittelpunkt stand, konnten die anderen durch den Co-Spielleiter dennoch eine kleine Szene erleben.
  6. Sofern erforderlich, konnte ein Spielleiter eine Regel nachschlagen, ohne das das Spiel ausgebremst wurde.

Diese Vorteile sind für meine Begriffe erheblich.

Gleichwohl habe ich ein Störgefühl dahingehend, dass, gerade bei komplexen Plots, der Abstimmungsaufwand recht groß sein kann. Der vermeintliche weitere (offensichtliche) Vorteil, dass der Plot gemeinsam ersonnen werden kann, könnte im Falle unterschiedlicherer Präferenzen eingeschränkt sein.

Ein weiterer Vorteil, nämlich dass auch bei Abwesenheit eines Spielleiters ein Spieltermin dennoch stattfinden kann, könnte durch eine geringe Verbindlichkeit zu einer Last werden, wenn ein Spielleiter schlicht oft fehlt. Dies geschah übrigens bei uns, so dass der Co-Spielleiter mehr oder weniger Haupt-Spielleiter wurde.

Dennoch bin ich mit etwas Abstand zu dem Ergebnis gekommen, dass ich das Konzept klasse finde. Ich möchte es daher einfach ausprobieren. Daher die folgende (nur halb scherzhafte)

Stellenanzeige für Co-Spielleiter (m/w/d)

Anforderungen:

  • Spaß an Fantasy-Rollenspielen, vor allem DSA
  • Anpassungsfähigkeit – an neue Situationen und Rollen
  • Zumindest grundlegende Kenntnisse der DSA-Welt (primär Aventurien) und der Regeln in der Version 4.1
  • Freude an einem Rollenspiel, das im besten Fall Emotionen auslöst
  • Akzeptanz, oder besser noch: Teilen, meiner Spielphilosphie
  • Wohnsitz im Großraum München

Ich biete:

  • Frei Entscheidung, welche Teile der Spielleitung übernehmen werden
  • Aktuell drei Gruppen – für jedes Erfahrungslevel ist was dabei
  • Tolle Spieler
  • Komplexe Plots mit einer Vielzahl von Handlungssträngen
  • Im Falle von Präsenzterminen einen großartige Darstellung von Kämpfen mit zahlreichen bemalten Zinnfiguren und Gelände
  • Zugriff auf eine umfassende DSA-Bibliothek
  • Erinnerungen für die Ewigkeit

Bei Interesse gerne melden!

Spielphilosphie – ein Selbstporträt

Vor einigen Wochen diskutierte ich mit einigen Freunden lustig die halbe Nacht über diverse Nerd-Themen. Hierbei hingen wir recht lange bei Rollenspiel-Theorie fest und ich erfuhr einiges über mich als Spielertyp, was mir in dieser Deutlichkeit bislang nicht klar war. Da diese Einstellungen meine Wertungen hier maßgeblich beeinflussen gebe ich dieses „Selbstporträt“ im Folgenden wieder. Es wird also subjektiv und oberlehrerhaft. Das Folgende bezieht sich zudem ausdrücklich auf das Pen & Paper-Rollenspiel, nur im weiteren Sinne auf LARP und gar nicht auf Tabletop.

Wir griffen bei unserem Austausch auf die Unterscheidung in einen gameistischen, narrativen und simulationistischen Spielstil zurück. Ohne hierbei ins Detail zu gehen – das wurde im Internet schon ausufernd getan – hier nur eine schlagwortartige Beschreibung:

  1. Gamestischer Spielstil legt Wert auf Fairness. Alle Spielern soll also durch das Spielsystem gleichwertige Möglichkeiten eingeräumt werden. Dies bezieht sich mitunter auch auf den Einbezug anderer Charaktere in die Handlung. Mir wurde zudem zugetragen, dass auch im Verhältnis Spielleiter-Spieler Ausgewogenheit herrschen sollte. Teilweise wird auch ein Spielziel als gamestischer Aspekt angefügt. Insgesamt sind die Anforderungen nahe denen, die man an ein typisches Brettspiel stellt.
  2. Der narrativistische Spielstil möchte die Geschichte in den Vordergrund rücken. Diese soll funktionieren. Konsistenz oder Entscheidungsfreiheit sind diesem unterzuordnen. Ein wenig erinnert mich dies an ein Theaterstück, dass wohl die größtmögliche Ausprägung in dieser Weise darstellt. Hier wird praktisch „nur“ die Geschichte rezipiert. Ich habe eine Freundin, die aus dem Theater kommt und nun LARPs veranstaltet – und ihre narrativistische Sichtweise ist unverkennbar.
  3. Beim simulationistischen Spielstil wird versucht, die Spielwelt möglichst schlüssig und „realistisch“ zu gestalten. Mit dem Realismus ist das so eine Sache. Einer meiner Mitspieler sage hierzu: „Realismus ist halt die einfachste Methode zumindest die Illusion von Konsistenz zu haben, da wir einfach nur aus dem echten Leben interpretieren und -polieren, und keine komplexen eigenen Mechanismen erfinden muss.“ Dies im Blick soll Realismus im Folgenden eher im Sinne von Konsistenz oder Schlüssigkeit verstanden werden – wobei ich denke, dass realweltliche Maßstäbe für diese Einwertung Pate stehen.

Ich wusste, dass ich vor allem Simulationist bin. Wie sehr dies jedoch richtig ist, wurde mir erst in diesem Gespräch klar.

Wie ist meine Entwicklung zu einem Vertreter dieses Spielstils zu erklären? Mich fasziniert beim Rollenspiel vor allem die Unendlichkeit der Möglichkeiten. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich beim DSA-Videospiel „Schatten über Riva“ nicht in den Magierturm kam, weil man hierzu einen Schlüssel (oder etwas Vergleichbares) benötigte. Das Spiel bot jedoch nicht die Möglichkeit an, einfach durch das Fenster rechts oberhalb der Türe in den Turm einzusteigen. Das war für mich ein Beleg, dass das Videospiel „unrealistisch“ und Pen & Paper-Rollenspiel viel besser ist: Den dort hätte man mir die Idee nicht so einfach verwehren können.

Im Grunde stelle ich an alle Rollenspiele die Erwartungshaltung, dass sie als Startpunkt eine realweltliche Epoche haben, und diese dann um Aspekte erweitern, welche die Spielwelt ausmachen (geographische Gegebenheiten außen vor gelassen).

In diesem Sinne ist Fantasy für mich in etwa „Mittelalter + Magie + Fabelwesen“. Folglich kann ich mit einem System, dass vereinfachend festlegt, dass ein Magier-Spielercharakter zum Beispiel keinen Zweihänder tragen kann (D&D), nichts anfangen. Denn, realiter, konnte mit Sicherheit jeder Mensch, unabhängig von der Profession, im Mittelalter dem Grunde nach einen Zweihänder führen – wenn auch nicht notwendigerweise gut.

Daher folgend meine Einstellung zum…

1. Narrativismus

Narrativistische Systeme legen aus meiner Sicht häufig zahlreiche unzulässige Beschränkungen auf. So versuchen narrativistische Systeme durch Abstraktion der Regeln diese in den Hintergrund zu drängen um der vorgesehenen Geschichte mehr Raum einzuräumen. In ähnlicher Weise (oder daher) werden die Handlungsmöglichkeiten der Spielercharaktere beschränkt – auch hier vor dem Hintergrund, dass die Geschichte „ungestörter“ ablaufen kann. Typischen Beispiele sind Systeme, die zum Beispiel eine bestimmte Handlung nur ermöglichen, wenn abstrakte Ressourcen dafür vorhanden sind. So könnte eine Behandlung im Krankenhaus die Ressource „Einfluss“ erfordern – egal, ob man die Ärzte besticht oder erpresst oder sogar selbst Arzt ist (Fragged Empire).

Mit Blick auf das obenstehende sollte klar sein, dass ich hierfür wenig übrig habe. Gleichwohl hat der Gedanke des Narrativismus als Spielleiter einen Platz bei mir: Bevor eine Tatsache in der Spielwelt verankert wird, überlege mich mir, ob diese der Geschichte hilft. So erwarte ich, dass die Spieler Charaktere erschaffen, die grundsätzlich in die Handlung passen, diese bereichern – oder zumindest nicht stören. Dies kann sich auf die geographische Herkunft der Charaktere beziehen, aber auch auf deren Einstellung. Auch erwarte ich, dass nur Charaktere erschaffen werden, die eine grundsätzliche Motivation oder zumindest Motivationspotential mitbringen, um an einer Kampagne mitzuwirken.

Sobald ein Charakter aber die „Eignungsprüfung“ bestanden hat, gibt es meinerseits keine Einschränkungen mehr, was der Charakter „tun darf“.

In ähnlicher Weise weiche ich von meinen vorherigen Überlegungen, wie eine bestimmte Gegebenheit in der Spielwelt gestaltet ist, ab, wenn es der Geschichte dienlich ist sowie sonst nicht schädlich – und hier noch keine Festlegung getroffen wurde. War beispielsweise mein eigentlicher Plan, dass die Charaktere eine wichtige Person an Ort A suchen, diese von mir aber an Ort B vorgesehen war, so verschiebe ich sie geschwind an Ort A, wenn dies hilfreich ist – aber nur, wenn keiner weiß, dass sie eigentlich an Ort B sein sollte. Die Spieler merken daher von diesem narrativistischen Eingriff nichts; in der Außenwahrnehmung ist die Welt also konsistent.

Ein weiterer narrativistisch geprägter Aspekt ist, dass ich es bevorzuge, wenn die Charaktere Probleme selbst lösen und nicht zum Beispiel Söldner anheuern. In praxi ist das oft kein Thema, weil die Spieler schließlich die Abenteuer selbst erleben wollen. Falls das im Einzelfall gleichwohl ein Problem ist, sollte sich das Anheuern von Mietlingen nicht per se lohnen: Wäre dem so, wäre der Markt in der Spielwelt „unvollkommen“ – die Spielercharaktere würden besser Konditionen bei Nichtspielercharakteren vorfinden als die Nichtspielercharaktere bei den Spielercharakteren. Das sollte, wenn auch aus simulationistischen Gründen, nicht der Fall sein.

Dem steht übrigens nicht entgegen, wenn Charaktere NSC-Begleiter haben wie Lehrlinge, Leibwächter oder -diener.

2. Gamismus

Gamismus in Sinne von Fairness zwischen den Spielern spielt bei mir eine deutlich untergeordnete Rolle. Da ich beobachten kann, dass reale Menschen unterschiedliche Erfahrungsniveaus haben können, erscheint es mir schlüssig, dass dies auch in der Spielwelt möglich ist. Daher haben Charaktere in meinem Spielrunden sehr häufig unterschiedliche Erfahrungsniveaus. Es ist mir auch ziemlich egal, wenn einzelne Charaktere zur Geschichte nichts beitragen können – solange dies ein temporärer Effekt ist: Wie oben geschildert, überlege ich mir ex ante, ob Charaktere überhaupt Raum in der Kampagne finden. Als „Ausgleich“ achte ich mittel- bis langfristig auf ausgewogene Partizipationsmöglichkeiten.

Hierbei achte ich als Spielleiter auch, gewissermaßen ebenfalls in gameistischer Tradition durchaus darauf, dass die Herausforderungen angemessen für die Charaktere sind. Bedingt durch den, insofern narrativistisch geprägte, „Zulassungsprozess“ der Charaktere, ist dies in praxi nur sehr selten ein Problem.

Es ist auch keineswegs so, dass bei mir als Spielleiter alle Spieler gleich viele Erfahrungspunkte erhalten. Sollte ein Charakter während eines Spielabends, verschuldet oder nicht, nicht an dem Abenteuer teilnehmen, so kann dieser Charakter bei mir weniger Erfahrungspunkte erhalten. In gleicher Weise gebe ich Charakteren, deren Spieler nicht zugegen sind, in der Regel nur 66% der Erfahrungspunkte. Gleichwohl muss ich darauf hinweisen, dass ich de facto in der Regel durchaus gleich viele Erfahrungspunkte verteile – aber eben nicht immer.

Mir völlig unverständlich ist eine gameistische Regel bei DSA 5, dass ein im Spiel erlittener Nachteil (z.B. der Verlust einer Hand), dem betreffenden Charakter Erfahrungspunkte in der Höhe einbringen sollte, als ob er den Charakter bei der Erschaffung gewählt habe.

Ein möglicherweise als gameistisch zu betrachtender Aspekt, im Sinne der Spieler-Spielleiter-Fairness, ist jedoch, dass ich gerne auch die (anderen Spieler) entscheiden lasse, auf welche Charaktere zusätzliche Erfahrungspunkte verteilt werden sollten, weil ich denke, nicht davon ausgehen zu können, dass allein sachgerecht einordnen zu können.

Obgleich mir als Spielleiter natürlich daran gelegen ist, dass die Spieler den Plot verfolgen, so lasse ich es durchaus zu, dass dieser aus dem Augen verloren wird. Wenn ich merke, dass die Hinweise zum Plot hin nicht verfangen, dann gebe ich dieses „Spielziel“ eben auf – und es geschieht etwas anderes. Oder auch, zumindest für den Moment, nichts.

Mit Blick darauf, dass ich aber vorab darauf achte, dass die Charaktere Interesse an den großen Linien haben, kam dieses „Liegenlassen“ beim Hauptplot noch nicht vor. Nebenplots wurden jedoch schon häufiger außer Acht gelassen.

3. Simulationismus

Die vorstehenden Argumentationslinien verdeutlichen bereits mein simulationistisch geprägtes Denken.

Gleichwohl soll im Folgenden meine Sichtweise noch etwas weiter untermauert werden.

Zum einen finde ich es, wie dargestellt, sehr wichtig, dass das Potential des Rollenspiels voll ausgenutzt wird. Das bedeutet für mich, dass den Spielern keine Einschränkungen auferlegt werden, was ihre Charaktere versuchen können. Bei einem Fantasy-Rollenspiel muss zumindest alles möglich sein, weil auch im Mittelalter möglich war. Regelmechanismen die dies verhindern empfinde ich als unzulässig. Hieraus ist nicht zu schließen, dass diese Handlungen von Erfolg gekrönt sein müssen – ein Fehlschlag ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn das Streben (zu) ambitioniert ist. Oder, anders gewendet: Dem Grunde nach darf alles versucht werden – dem Erfolge nach muss man sehen, was die Spielwelt dem entgegenstellt.

Zum anderen möchte ich, dass die Welt glaubhaft und konsistent ist. Das kann ich im Folgenden anhand einiger Beispiele verdeutlichen:

  • Für den unglücklichen Fall, dass ein Konvertierung des Charakters erforderlich sein sollte, verfolge ich grundsätzlich nicht den Ansatz die vorhandenen Erfahrungspunkte (meinetwegen auch nach Multiplikation mit einer Zahl), neu zu verteilen. Ich finde es vielmehr angemessen, im neuen Regelwerk die alten Fähigkeiten des Charakters möglichst nachzuzeichnen und dann Erfahrungspunkte in einer Höhe zu vergeben, dass dieses Ziel genau erreicht wird.
  • In ähnlicher Weise bin ich der Meinung, dass eine Weiterbildung (z.B. ein Zweitstudium für Magier bei DSA) keine Erfahrungspunkte kostet, sondern Erfahrungspunkte bringt. Realiter ist es auch so, dass zum Besuch der Schule oder Universität nicht erst einige Jahre irdisches „Abenteuerleben“ erforderlich ist. Ich plädiere daher für die Vergabe von Erfahrungspunkten für ein Studium in der Höhe, dass dieses genau „bezahlt“ werden kann.
  • Einmal erreichte Setzungen will ich unverändert wissen. Das gilt zum einen für Aspekte, die ich selbst vornehme (Nichtspielercharakter X ist an Ort A wohnhaft – nicht an Ort B; siehe oben) als auch von solchen Setzungen, die durch die Rollenspielproduzenten vorgenommen werden: (Auch) aus diesem Grund bin ich in der Regel auch gegen neue Editionen eines Regelwerks, da diese Setzung häufig missachtet wird. Aus meiner Sicht ist eine neue Regeledition schlicht nicht ermächtigt, Eingriffe in die Spielwelt vorzunehmen. Dies darf nur im Rahmen der organischen Entwicklung innerhalb der Spielwelt selbst geschehen (so aber möglicherweise eine Änderung im Regelwerk begründen oder rechtfertigen). DSA 5 hat hierbei durch das (zwischenzeitliche) Weglassen des ikonischen Reversalis für mich den Erzfrevel begangen. Anders der Wechsel von DSA 3 zu 4: Das Ändern von Spezialgebieten zu Merkmalen hin wurde mit inneraventurischer Forschung begründet – und zudem konnte man sich nach beiden Regelwerkseditionen einen Charakter mit sehr vergleichbaren Fähigkeiten konstruieren.
  • Ich vertrete die Meinung, dass ein bestimmte Herausforderung „für sich“ besteht. Wie stark die Spieler sind, ist nebensächlich. Ein Gegner z.B. ist genauso stark, wie er ist. Wenn nur zwei Charaktere gegen ihn kämpfen würden, wäre mir das gleich. Bestünde die Gruppe nur aus Nicht-Kämpfern (und käme gleichwohl in Konflikt mit diesem Gegner), auch.
  • In meinen Runden starten die Spielabende genau dort, wo der letzte endete. Zeit- oder Raumsprünge finden nicht statt, nur weil das nächste Abenteuer woanders belegen ist. Es ist immer eine Begründung innerhalb der Spielwelt zu finden, warum die Charaktere nun woanders sind und zum Beispiel Reisezeit einzuplanen.
  • Bei Kaufsystemen bei der Charaktererschaffung kosten Stände wie „Adlig“ mitunter Erschaffungspunkte. Das erscheint mir höchst unplausibel. Dies bedeutet nämlich, dass, ceteris paribus, adlige Menschen im Schnitt schwächer/ weniger gebildet etc. sind. Mit Blick auf deren in der Regel bessere Ausbildung und bessere Ernährungsmöglichkeiten, finde ich dies höchst fraglich. Ich neige daher dazu, adligen Charakteren die Punkte zum Erwerb des Vorteils „zurückzugeben“.
  • Solchen Charaktere würde ich auch ohne Weiteres mit NSC-Begleitern ausstatten (siehe oben; gemeint sind zum Beispiel Diener, Leibwächter etc. – auch als Spielercharakter sind solche Rollen natürlich möglich).
  • Die Regelmechanismen müssen grundsätzlich geeignet sein, eine einigermaßen plausible Weltsimulation sicherzustellen. Dies bedeutet nicht nur, dass sie nichts verbieten. Es meint vielmehr auch, dass die Ergebnisse den Erwartungen entsprechen. Ein schönes Beispiel, wo dies nicht erfolgt, ist D&D. Dort wird nur mit einem W20 gewürfelt. Die Standardabweichung ist sehr hoch, gleichzeitig sind alle Ergebnisse (1-20) gleichverteilt. Die Chance eine Probe nicht zu schaffen, ist damit, auch bei hohen Werten, recht hoch. Das entspricht jedoch nicht der Lebenserfahrung – erfahrungsgemäß gelingen erfahrenen Menschen übliche Tätigkeiten recht sicher. D&D hat damit einen unplausiblen Regelmechanismus.
  • In ähnlicher Weise erwarte ich auch, dass das Regelwerk die Spielwelt widerspiegelt. Dies erfolgt beispielsweise bei DSA 4.1 (möglicherweise auch bei 5, da bin ich mir nicht sicher) im folgenden Beispiel nur bedingt: Gemäß der Weltsetzung ist das Rufen von Dämonen mit großen Gefahren verbunden, verspricht aber auch große Macht. Entsprechend bedienen sich gerade mächtige Zauberer der Hilfe von Dämonen. So weit, so gut. Dummerweise ist jedoch das Rufen von Elementaren kaum schlechter (mit dem Ergänzungsband Elementare Gewalten bei DSA 4.1 vielleicht sogar besser). Da diese Spielart der Zauberei nicht mit Gefahren der Dämonologie einhergeht, ist die Regelsystematik hier missglückt. Unter diesen Umständen würde nämlich keiner Dämonen beschwören; das Rufen von Elementaren wäre dominant dazu.

Ich denke, das vorstehende macht meinen bevorzugten Spielstil deutlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser teilweise befremdlich wirken mag. Sei es drum: Ein Mitspieler sagte jüngst, dass Freunde langer Kampagnen oft Simulationisten seien. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Aber falls ja, könnte ich beruhigt sein: Die meisten meiner Mitspieler schätzen lange Kampagnen.

Geschlechterrollen (nicht nur) im Pen & Paper-Rollenspiel – im Spiel und am Spieltisch

Ich bin ja primär mit DSA „rollenspielsozialisiert“ – und da war Gleichberechtigung schon immer wichtig. Es gibt daher keine Boni oder Mali nach Geschlecht (man könnte ja annehmen, dass männliche Charaktere einen Bonus auf Körperkraft bekommen oder weibliche auf Intuition – all das gibt es aber nicht).

Nur in Einzelfällen gibt es eine Unterscheidung. Nur Frauen dürfen Amazonen sein. Und bis vor kurzem nur Männer (sofern sie Zwerge sind), Geoden. Geoden sind de facto Zwergen-Druiden.

Die Änderung bei den Geoden kam mit DSA 5. Vorher waren Geodinnen nicht möglich. Wer mich kennt, kennt meine Aversion gegen Änderungen in der Spielwelt – also finde ich auch diese Änderung schlecht. Zumal sie vermutlich rein realweltlich-politisch motiviert ist. Und das ist die schlechteste Ursache, die mir momentan einfällt. Zumal Amazonen weiter nur Frauen sein dürfen. Selbst wenn man der realweltlichen Logik folgen würde, wäre diese also inkonsequent umgesetzt. Gleichwohl kommt mir diese Inkonsequenz entgegen – sonst wäre ja noch etwas geändert worden.

Mit Blick darauf, dass die Zahl der Geoden schon gering war, ist die Änderung im Ergebnis wohl ohnehin für die allermeisten Spielgruppen egal.

Früher wurde diskutiert, ob es Ritterinnen geben sollte. Es wurde die Meinung vertreten, Ritter seien immer männlich – dafür seien Amazonen immer weiblich. Diese Argumentation hörte ich lange nicht mehr – und teile sie auch nicht, da ich mir Ritterinnen sehr gut vorstellen kann.

Neben dieser regeldogmatischen Betrachtungsweise gibt es eine Weitere. Ich frage mich als Spielleiter bei vielen Nichtspielercharakteren, was wäre, wenn diese das jeweils andere Geschlecht hätten. Häufig ändert sich hierdurch mein subjektiver Blick auf den Nichtspielercharakter. Das finde ich spannend (und vielleicht sagt es was über mein rückständiges Weltbild aus). Ich finde auch, dass man sich bei Nichtspielercharakteren immer die Frage stellen sollte, ob wie diese andersgeschlechtlich wirken würden. Als Beispiel könnte man Borbarad nehmen – den bösen Schwarzmagier-Antagonisten aus der 7G-DSA-Kampagne. Ich finde, wenn dieser weiblich gewesen wäre, hätte das der Kampagne einen anderen Spin gegeben. Man muss sich aber bewusst sein, dass eine solche Einschätzung vermutlich aufgrund eingefahrener Stereotypen erfolgt – obgleich diese im Rollenspiel, wo viel über Klischees zugänglich gemacht wird, kein Nachteil sein muss. Im Gegenteil: Diese Stereotypen sind oft Überbleibsel vergangener Zeiten – und gerade Fantasy-Rollenspiele sind in aller Regel mittelalterlich geprägt.

Bei der Wahl des Geschlechts von Spielercharakteren stellt sich schnell die Frage, ob X-Gender wünschenswert ist. Früher wurde das in vor allem einer meiner Runden abgelehnt. Mittlerweile wird dort X-Gender zugelassen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass mittlerweile auch realweltlich, zumindest juristisch, das Geschlecht geändert werden kann, scheint es naheliegend, dass X-Gender im Rollenspiel allemal möglich sein sollte. Insbesondere auch deshalb, weil Spielleiter schon lange auch andersgeschlechtliche Charaktere darstellen.

Ich habe zum Beispiel eine Magierin (eine Chimärologin) als Spielercharakter, bei der ich bei der Erschaffung abwog, ob dieser Charakter nicht auch männlich funktionieren würde. Die Antwort, die ich mir gab, war ein klares Nein. Daher ist es eine Frau geworden.

In unserer Hexxen-Runde spielt eine Spielerin einen Mann (einen Priester). Auch sie schilderte, dass sie für sich zu dem Ergebnis kam, dass dieser für die Rolle einfach besser passe. Mit Blick darauf, dass Priesterinnen der katholischen Kirche bis zum heutigen Tage sehr selten sind, ist dies allein schon deshalb gut nachvollziehbar.

Dennoch gibt es in diesen Fällen recht oft Missverständnisse und der X-Gender-Charakter wird mituntern falsch angesprochen („ich gehe ‚ihr‘ hinterher“ anstelle von „ich gehe ‚ihm‘ hinterher“). Das kann man den anderen Mitspielern schwer verdenken. Ich glaube, vor allem die realweltlich weibliche oder männliche Stimme stört die Immersion, einen männlichen beziehungsweise weiblichen Charakter vor sich zu haben. Wie ich an anderer Stelle schrieb, ist die glaubhafte Darstellung der direkten Rede, der Kern der Darstellung eines Rollenspielcharakters überhaupt. Ich hörte, dass man lernen kann, seine Stimme ungezwungen höher oder tiefer klingen zu lassen – aber soweit bin ich noch nicht. Eine tolle Idee wären auch Geräte oder Software, welche die Stimme simultan verstellen – solche kenne ich aber nicht.

Neben dem, aus meiner Sicht maßgeblichem, „Stimmenproblem“, wird mitunter angeführt, dass man das jeweils andere Geschlecht per se nicht glaubhaft darstellen könne. Das sehe ich weniger. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es Szenen geben kann (zum Beispiel mit amourösem Einschlag), bei denen man sich schwer tut, diese im anderen Geschlecht in der Ich-Perspektive darzustellen. Ich habe gute Erfahrungen gemacht, in solchen Fällen in die dritte Person zu wechseln. Hierdurch schafft man eine gewisse Distanz zum Charakter, die, obgleich sonst störend, hier hilfreich sein kann. Verlässt man die Welt des Pen & Paper-Rollenspiels und begibt sich in die Welt des LARP, wird die Darstellung eine X-Gender-Charakters deutlich schwieriger. Weil neben der Stimme die Erscheinung maßgeblich für die Charakterdarstellung ist, müsste diese andersgeschlechtlich gelingen. Das wird meist scheitern – und ist in den wenigen Fällen, die ich kenne, gescheitert. So wie ich zum X-Gender im Pen & Paper raten kann, so rate ich davon daher im LARP ab.

Die Darstellung von Charakteren im Rollenspiel

Wenn man mit Rollenspiel erstmals beginnt, ist die Charaktergestaltung oft simpel: Es handelt sich mitunter einfach um den Spieler, der jedoch mit anderen Fähigkeiten und einem anderen Aussehen ausgestattet ist. Ein wirklich anderer Charakter findet sich zu Beginn oft nicht.

Genau hierum soll es nicht gehen.

Nach langer Zeit des Rollenspiels haben sich für einige Spieler in meinem Umfeld ikonische Rollen herausgestellt, die von diesen besonders gut dargestellt werden können. Das hat mit Erfahrung nur bedingt etwas zu tun. Im Gegensatz zum vorstehenden, eher negativen, Beispiel handelt es sich durchaus um individuelle und unterscheidbare Charaktere – sowohl unterscheidbar von dem Spieler als auch untereinander. Offenbar bringt der Spieler ein bestimmtes Talent mit, zum Beispiel eine bestimmte Charakterklasse, besonders gut darzustellen.

Da insbesondere (aber nicht nur) beim Pen & Paper-Rollenspiel die Darstellung ganz wesentlich durch die direkte Rede des Charakters geprägt wird, kommt dieses Talent vor allem hierbei zum Tragen. Nach meiner Erfahrung erkennt man die ikonische Rolle also daran, ob der Spieler es versteht, in zahlreichen Spielsituation fabelhafte Sätze für seinen Charakter zu formen.

In allen mir bekannten Fällen wurde die jeweils ikonischen Rollen nicht von dem betreffenden Spieler sondern von seinen Mitspielern entdeckt.

Kennt man die ikononischen Rollen seiner Mitspieler kann dies das Rollenspiel erheblich aufwerten – weil die Charakterdarstellung viel selbstverständlicher von der Hand, respektive der Zunge, geht. Vor allem werden diese Paraderollen dem Spieler in der Regel auch nicht über, da er selbst innerhalb seines Spektrums neue Charaktere findet, die sehr gut von den anderen unterscheidbar sind.

Ob jeder Spieler eine ikonsiche Rolle hat oder nicht, kann ich nicht sagen. Bei dem ein oder anderen suche ich schon recht lange erfolglos, ob es eine gibt. Dennoch können diese großartige Rollenspieler sein!

Häufiger ist es, meiner Erfahrung nach, dass viele Spieler Outgame-Veranlagungen haben und diese zumindest unterbewusst ins Spiel einfließen lassen – was jedoch nicht in allen Rollen hilfreich ist. Ist man per se vorsichtig oder schüchtern, scheiden oft die meisten extrovertierten Rollen aus oder sind nur mit Zugeständnissen darstellbar.

Freilich kann man sich hierüber hinwegsetzen. Ich habe jedoch beobachtet, dass dies auf lange Zeit oft nicht zufriedenstellend ist – gerade wenn andere Spieler ihre Paraderolle spielen oder zumindest sonst eine gute Darstellung an den Tag legen. In gewisser Weise ist dies ein Jammer – weil Rollenspiel ja gerade die Erfahrung neuer Rollen ermöglichen soll.

Damit kommen wir zu dem Gegenteil der ikonischen Rolle: Der Fehlbesetzung. Wer einen Gelehrten spielen möchte, aber von der Spielwelt keine Ahnung hat, sollte das nicht tun. Es ist wenig stimmungsvoll, wenn der Spielleiter die Informationen aus dem Wissen des Gelehrten „vorsagt“, damit diese dann von dem Charakter und Spieler „nachgesagt“ werden.

In einem anderen Fall mag Pöbeln wichtig sein – und auch das will gelernt sein! Im Grunde gilt umgekehrt zur Paraderolle: Man sollte die direkte Rede für seinen Charakter so beherrschen, dass man die Darstellung überzeugend ist.

Abstraktere Fähigkeiten, die nicht oder nicht oft in Form der direkten Rede zur Schau kommen, sind hingegen zur Darstellung oft weniger wichtig. Als Beispiele mögen hier in erster Linie körperliche oder handwerkliche Fähigkeiten oder auch taktisches Verständnis dienen.

Ich weiß, dass dies ein nicht unumstrittener Standpunkt ist. Gleichwohl würde ich davon abraten, einen Charakter darzustellen, der einem schwerfällt. Ich habe mehrfach die Erfahrung gemacht, dass ein intersubjektiv als unbefriedigend dargestellter Charakter für niemanden eine Freude ist. Und es muss ja nicht gleich die Paraderolle sein! Ich bin sicher, dass jeder eine Rolle findet, die er (intersubjektiv beurteilt) gut darstellt und dem Spieler Freude macht. Und vielleicht findet dieser ja doch noch seine ikonische Rolle.

Schwieriger wird es freilich beim LARP. Da muss neben der Rede auch die Erscheinung passen. Daher ist mein Zwergen-Champion nie etwas geworden…

Die imparitätische Lastenverteilung beim Pen und Paper-Rollenspiel

Immer wieder finde ich Gesuche von Rollenspielrunden für Spielleiter. Manchmal gar mit Vorgaben, was gespielt werden soll („Wir möchten gerne mit der Borbarad-Kampagne starten. Hierzu suchen wir Dich als Spielleiter“).

Es herrscht also, zumindest, tendenziell, Spielleitermangel. Ich persönlich habe meist mehr Rollenspiel spielen wollen, als ich konnte – oft weil keiner meistern wollte oder konnte. Daher machte ich aus der Not eine Tugend und wurde selbst Spielleiter. Seit über 30 Jahren bin ich daher ganz überwiegend Spielleiter gewesen – und es sieht nicht so aus, als ob sich dies ändern würde.

Warum ist das so? Ein großer Reiz des Rollenspiels macht die Charakterdarstellung aus. Und ich kenne es als Spieler und aus zahlreichen Gesprächen – man „verliebt“ sich in seinen Charakter. Diesen kann man dann immer weiter ausarbeiten, neue Facetten entdecken (lassen), weitere Fähigkeiten erlernen, immer diffizileres Charakterspiel erleben – es ist großartig!

Genau das kann der Spielleiter nicht. Es ist sogar schädlich. „Verliebt“ sich der Spielleiter in einen Nichtspielercharakter besteht die große Gefahr, dass dieser den Spielercharakteren die „Show“ stiehlt. Protagonisten sollen aber, zumindest mittel- bis langfristig, Spielercharaktere sein.

Ich habe als Spielleiter daher begonnen, mir nicht einen Charakter, sondern eine Spielwelt zu erschaffen. In „meinem“ Aventurien wird jedes Abenteuer nur einmal gespielt. Diese Spielercharaktere sind damit in meinem Aventurien dafür gruppenübergreifend definiert. Es kreuzen sich mitunter auch die Handlungsfäden verschiedener Gruppen. Es gibt Nichtspielercharaktere, die in unterschiedlichen Kampagnen auftauchen. Und was eine Spielgruppe macht, kann zum Guten oder Bösen für eine andere sein.

Damit habe ich diesen Aspekt, den ich am Spielersein schätze, einigermaßen nachgezeichnet. Einigermaßen, weil mich ein toller eigener Charakter oft nochmals mehr begeistert. Allerdings mag ich meine Geschichten ebenfalls schon sehr. Dann gibt es für mich insoweit häufig keinen Unterschied mehr. Ich glaube aber, dass es den meisten nicht so geht und das Erlebnis als Spieler vorgezogen wird. Zudem zerstören neue Regeleditionen oft, zumindest in der offiziellen Setzung die Konsistenz einer geschaffenen Spielwelt.

Es gibt darüber hinaus (weitere) Nachteile, die allein dem Spielleiter anheimfallen und die nur bedingt ausgeglichen werden können. Hier sind zum einen die Kosten für sämtliche Regelwerke und Abenteuer zu nennen. Ich lese zwar immer wieder, dass man die Kosten für Regelwerke ja aufteilen könne – nach meiner Erfahrung ist das aber unpraktikabel, weil man bei der Vorbereitung als Spielleiter die Regeln griffbereit haben möchte und sollte.

Viel schwerer noch wiegt genau diese Vorbereitungszeit. Zum einen müssen die Regeln gelernt werden. Auch hierzu wird mitunter vorgeschlagen, dass ja verschiedene Gruppenmitglieder unterschiedliche Regelbereiche verantworten könnten. Ich halte diesen Ansatz für untauglich. Als Spielleiter möchte ich vielmehr bei der Vorbereitung wissen, was die Spielercharaktere werden tun können und mich nicht auf eine diffuses Gefühl oder Halbwissen verlassen müssen.

Vor allem aber ist die individuelle Vorbereitungszeit pro Abenteuer zu beachten. Je nach Komplexität des Abenteuers und Erfahrung des Spielleiters ist es mit einem einmaligen Lesen keineswegs getan – und selbst ein einmaliges Lesen kann mitunter einige Zeit in Anspruch nehmen. Gleiches gilt bei selbstgestrickten Abenteuern, wenn nicht sogar in größerem Umfang. Hinzu kommen Vorbereitungen in Form von Anpassungen an die Gruppe oder für die Kampagne sowie Mühen für Handouts, Musik, Karten und dergleichen mehr. Ich habe zudem auch immer den Anspruch gehabt, zumindest wichtige Kämpfe mit passenden, bemalten Figuren darstellen zu können, was ebenfalls Zeit und Geld kostet. Dies kann aber als persönlicher Marotte abgetan werden und zudem teilweise auch von Spielern übernommen werden.

In jüngster Vergangenheit kommen, zumindest potentiell, weitere Vorbereitungstätigkeiten hinzu. Mittlerweile braucht es mitunter Karten für VTT oder Roll20. Auch das muss fast zwingend der Spielleiter übernehmen. Daher forderte ich an anderer Stelle, dass diese Dinge ohne weitere Vorbereitung einsetzbar sind.

Der Spielleiter hat damit nicht nur ein für viele weniger attraktives Spielerlebnis. Er muss auch deutlich mehr Arbeit (und Geld) für das Hobby bereitstellen.

Die letztgenannten Nachteile sind meiner Erfahrung nach deutlich schwieriger zu mitigieren. Eine Möglichkeit sind wechselnde Spielleiter. Das hat bei uns aber nie langfristig funktioniert. Ich finde es aber auch deshalb suboptimal, weil die Geschichte dann nicht mehr aus einer Hand heraus geplant wird und daher weniger konsistent oder zusammenhängend werden kann. Zudem gibt es ganz spezielle Gestalten, die sich selbst für die Spielleiterrolle kategorisch ausschließen.

Die Aufteilung der monetären Belastung auf alle Spieler ist sicher machbar. Das habe ich aber noch nie gesehen – und ist auch schwierig, weil vorab geklärt werden müsste, wem zum Beispiel das Abenteuerbuch am Ende gehören soll. Gedanklich könnte ich mir aber vorstellen, dass man sich darauf verständigt, dass die gemeinsam angeschafften Spielmittel dem Spielleiter gehören sollen – gewissermaßen als Ausgleich für seine Mühen. Auch das habe ich noch nie gesehen oder gar selbst vorgeschlagen – naheliegenderweise, denn da ich meist, trotz allem, Spielleiter bin, würde das schnell selbstsüchtig wirken.

Eine Variante, von der ich hörte, ist, dass der Spielleiter immerhin nicht die Outgame-Organisation verantworten muss. Das heißt, er muss nie Spieltermine koordinieren, sich nicht um die Verpflegung kümmern und dergleichen mehr.

Ich weiß, dass dies ein guter Freund von mir umzusetzen versucht. Seitdem hat es in dieser Runde keinen Spieltermin mehr gegeben.

Es wird spätestens damit für mich deutlich, dass den Spielleiter vor allem auch eine besonders große Passion für das Hobby auszeichnet. Das kann allerdings problematisch sein und weitere Probleme begründen.

Ich weiß von mir selbst, dass ich mich überaus zufrieden macht, wenn von den Spielern ein positives Feedback kommt. Einmal wurde nach dem Kampagnenabschluss sogar geklatscht. Das fand ich sehr rührend. Damit wären oder waren für mich alle Mühsal vergessen.

Leider ist aber oft das genaue Gegenteil der Fall: Die, von mir im Folgenden postulierte, geringere (nicht zwingend geringe!) Begeisterung von Spielern für das Hobby führt regelmäßig dazu, dass Prioritäten anders gesetzt werden. Das kann dazu führen, dass Spieltermine, auch kurzfristig, abgesagt werden. Die Gründe dafür mögen für den Absagenden subjektiv völlig einleuchtend sein – für den Spielleiter, der andere Präferenzen hat und vorab viel Arbeit investierte, könnten sie das jedoch, erneut subjektiv, gerade das nicht sein. Ich erlebte es daher oft, dass mir Absagen beziehungsweise deren Begründungen (erneut subjektiv) als Affront erschienen.

Als Teillösung hierfür plädiere ich dafür, dass sich Gruppen über ein Maß der Wichtigkeit des Spiels verständigen – und sich daran halten. Möglicherweise passen manchmal einfach die Erwartungshaltungen nicht zusammen und es braucht für den ein oder anderen eine andere Gruppe.

Zudem möchte ich, davon unabhängig, dazu raten, dem Spielleiter regelmäßig eine positive Rückmeldung zu geben. Das geht freilich über den vorgenannten Punkt des Mitmaches im Rahme des gemeinsamen Konsenz‘ hinaus. Und die anderen oben stehenden Punkte könnten doch auch wohlwollend in Betracht gezogen werden.

Rollenspiel per Videoschalte – Fluch oder Segen?

Ich lebte für etwa zwei Jahre in Singapur. Eine meiner größten Sorgen war, wie es wohl gelingen könnte, weiterhin (aktiver) Spielleiter meiner langjährigen DSA-Gruppe zu sein. Letztlich gelang das – ich kaufte mir in Singapur mit als Erstes einen LCD-Fernseher. Mit einem browserbasierten Videokonferenzprogramm konnten wir die Spielgruppe am Leben halten. Später kam noch Musik dazu (wobei ich einen Rechner in Deutschland aus Singapur fernsteuerte) und das Ganze war eine gute Sache. Nur die Zeitverschiebung war etwas knifflig: Im Ergebnis startete meine Gruppe in Deutschland um 8 Uhr morgens. Ich hingegen erst um 15 Uhr Ortszeit – aber dafür blieb ich bis 5 Uhr früh wach (22 Uhr in Deutschland).

In einem Fall spielten wir sogar Forbidden Stars per Videoschalte. Jeder hatte das Spiel vor sich aufgebaut. Die Bewegungen von Figuren der anderen Spieler mussten entsprechend nachvollzogen werden.

Als das Coronavirus kam, waren wir also gut vorbereitet. Da ich wieder in Deutschland war, gab es die Zeitzonenproblematik nicht mehr. Zudem wechselten wir auf Zoom als Konferenzprogramm. Nunmehr waren auch meine Mitspieler nicht mehr gesammelt in nur einem Raum. Stattdessen wählte sich jeder separat ein. Irgendwann setzte ich noch einen Icecast-Server auf und auf für die Hintergrundmusik war gesorgt. In der höchsten „Ausbaustufe“ gab es eine gesonderte, zweite Kamera, um gegebenenfalls Kämpfe mit Miniaturen für alle sichtbar visualisieren zu können. Ich war sehr zufrieden, dass es trotz Corona mit den Rollenspielgruppen weiterging. Mehr noch – ich spielte so viel, wie seit Jahren nicht mehr. Bis zu fünf Termine der Woche fanden vereinzelt statt. Viele hatten schlicht nichts Besseres zu tun.

Nun ist diese Zeit vorbei. Es gibt keine nennenswerten Restriktionen mehr. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich das nochmal ändern wird.

Gleichwohl ist Rollenspiel per Zoom – zumindest ein Stück weit – geblieben. In zwei Fällen geht es bei uns nicht anders: Die Spieler einer DSA-Runde sind in vier verschiedenen Ländern lebend. Beim zweiten Fall lebt der Spielleiter mittlerweile nicht mehr in München, so dass eine Zusammenkunft per Videokonferenz ebenfalls zwingend ist. Es gibt aber auch Fälle, wo das Spiel per Videoschalte das neue Normal zu sein scheint. Ich traf sogar mal einen, der wie ich in München lebt, der explizit nur nach einer Online-Runde suchte.

Ich merke jedoch, dass sich eine gewisse Zoom-Müdigkeit bei mir einstellt. Ich bin ohnehin schon dauernd beruflich in Videokonferenzen. Mitunter den ganzen Tag. Meine Freude, am Abend sich erneut in einer Videokonferenz – obgleich für Rollenspiel – wiederzufinden, ist allein deshalb schon überschaubar.

Ich finde, es geht auch Einiges verloren. Früher konnte man eine kurze Ingame-Szene parallel zur Hauptszene stattfinden lassen. Das geht nun nicht mehr. Es ist mitunter schwieriger zu Wort zu kommen, weil möglicherweise andere sprechen und man selbst nicht vernommen wird.

Zudem ist man, zumindest als Spieler, leichter abgelenkt. Ich weiß nicht, was da alles gemacht wird – aber von Internet-Bestellungen aufgeben bis nebenbei einfache Videospiele spielen, ist glaube ich alles dabei. Daneben gibt es immer wieder technische Probleme. Mal geht die Kamera nicht, dann ist die Internetverbindung weg und in wieder einem anderen Fall mag VTT oder Roll20 etc. nicht funktionieren.

Nicht nur aus diesen Gründen ist die Stimmung geringer. Daher empfinde ich das Rollenspiel per Videokonferenz daher mittlerweile mitunter als wenig erquicklich. Das scheint anderen auch so zu gehen: Neben dem Vorstehenden, scheint mir auch sonst, die Verbindlichkeit bei Online-Runden deutlich geringer zu sein – oft fehlt jemand oder kommt zu spät.

Hybrid-Runden sind nochmal speziell: Hier muss oft der Ort, an dem sich die Spieler in Präsenz treffen, vorbereitet werden, damit die Online-Spieler dabei sein können. Und Handouts sollten idealerweise online und offline zur Verfügung stehen. Die Übertragung von Kampfdarstellungen mit Miniaturen ist auch erschwert.

Ich bin daher nicht abschließend sicher, wie ich zu Rollenspiel via Videoschalte stehen soll. Einerseits ermöglichen sie Spielrunden, die sonst nicht möglich sind. Jedoch ist meines Erachtens die „Qualität“ des Rollenspiels vermindert.

Der Erfolg Battletechs – und warum Systeme immer simpler werden

In meinem Beitrag zum Elend neuer Editionen stellte ich fest, dass Battletech anders ist. Ich bezeichnete es als erfolgreiches System, weil seine Neuauflagen im Wesentlichen ohne Übervorteilung der Kunden daherkamen. Dabei muss Battletech auch wirtschaftlich zumindest einigermaßen erfolgreich sein, weil es immer noch fortgeführt wird und in Laufe seines langen Lebens schon viele Verlage sah.

Was also zeichnet Battletech aus? Können sich andere Systeme an Battletech orientieren? Ich könnte mir vorstellen, dass die folgenden Punkte diesen Erfolg Battletechs erklären:

  1. Neue Veröffentlichungen gehen meist mit einem kleinen Zeitsprung einher (bis zu circa 25 Jahren). In dieser Zeit entwickelt sich die Welt weiter – aber ohne, dass die alten Battlemechs oder Luft-Raum-Jäger verschwänden. Diese sind weiterhin vorhanden und werden auch eingesetzt. Es findet also keine Entwertung von Sachwerten statt. Im Gegenteil: Auch in der Spielwelt werden regelmäßig alte Mechs eingesetzt.
  2. Interessanterweise sind alte Modelle sogar besonders gefragt: Sog. „Unseen“ Mechs wurden wegen lizenzrechtlicher Probleme vor Jahren vom Markt genommen. Die Ersatzmodelle („Reseen“) sind deutlich weniger wohl gelitten. Alte „Unseen“-Modelle sind damit sogar begehrt.
  3. Gleichzeitig kommen die neuen Veröffentlichungen meist ohne große technologische Sprünge aus. Wer die ursprüngliche Technologie kennt (3025), findet sich auch in späteren Technologiestufen sehr schnell zurecht. Es gibt also keine Brüche mit der alten Welt. Auch Realwissen über die Regeln wird nicht obsolet.
  4. Die Spielmechanik ist in ganz weiten Teilen identisch geblieben, vor allem beim Kampfe mit Battlemechs, was den bei weitem überwiegenden Teil des Spieles ausmacht. Es gibt also keine immersionszerstörenden „Retcons“ der Weltenrealität.
  5. Die Regeln waren zudem stets simpel, gerade wenn man nur mit Battlemechs spielt.
  6. Auch die Werte der Einheiten sind fast völlig unverändert. Ich kenne tatsächlich nur eine Ausnahme – und die kann man getrost ignorieren. Es kommt damit nicht vor, dass eine Edition Battlemechs verändert. Deren Werte und Fähigkeiten sind seit Jahr und Tag gleich.

Fraglich könnte sein, warum sich das System trotzdem für den Produzenten lohnt. Meines Erachtens liegt dies, neben der großen, aber wechselnden, Spielerbasis daran, dass das Hauptprodukt die Battlemechs sind. Und auch der Kauf nur eines Mechs lohnt sich bereits. Man muss nicht Duzende von weiteren Einheiten erwerben, um sinnvoll in einer neuen Zeit zu spielen. Daher ist der monetäre Aufwand für Spieler in eine neue Technologiestufe einzusteigen, minimal. Deshalb werden die neuen Figuren gekauft (und auch die alten noch), so dass der Hersteller Umsatz erzielt. Die Regelwerke selbst („Hardware-Handbücher“) kommen noch dazu, auch wenn sie einen geringen Umsatzbeitrag ausmachen dürften.

Zudem ist das System weit bekannt, was einen steten Zulauf an Spielern sicherstellen dürfte. Vor allem die zahlreichen, und oft guten, Videospiele tragen dazu bei. Die Einstiegshürde bei Battletech ist zudem minimal – mit nur eine Mech kann man schon dabei sein, die Karten sind ebenfalls sehr günstig zu haben. Es ist, als ob man ein Brettspiel kauft (viele sagen ja auch, Battletech sei ein Brettspiel). Und die Regeln sind vergleichsweise simpel.

X-Wing oder Star Wars Armada sind die Zuspitzung der Faktoren, die den Battletech-Erfolg ausmachen. Die Krieg der Sterne-Welt ist mit die bekannteste überhaupt. Und das Regelwerk ist erneut sehr simpel. Vor allem kann man sich günstig nur ein paar Raumschiffe kaufen und mitmachen – diese Modelle werden sogar schon bemalt geliefert!

Es zeigt sich aber für mich, dass andere Systeme es schwer haben, dieses Konzept zu kopieren.

Tabletop-Systeme

Die meisten (zumindest mir bekannten) Tabletop-Systeme erfordern deutlich mehr initiale Ausgaben für Miniaturen und Gelände.

Ein überschaubarer Zeitsprung ist grundsätzlich möglich – fraglich ist aber, ob die alten Einheiten dann noch nutzbar sind. Mir geht es hierbei mehr um die innerweltliche Logik – die Effizienz im Spiel kann im Zweifel dadurch sichergestellt werden, dass die Punktekosten niedrig gehalten werden.

Dann wäre der Battletech-Erfolg insoweit kopiert.

Rollenspielsysteme

Rollenspielsysteme verkaufen in der Regel keine margenstarken Figuren, sondern Bücher und Hefte. Diese werden nur gekauft, wenn auch etwas Neues drinsteht – daraus ergibt sich ja gerade die Plage der neuen Editionen. Zudem genüg oft ein Buch für mehrere Spieler. Beim Tabletop braucht zumindest jeder eine Armee oder Kampftruppe.

Rollenspielregelwerke sind zudem realiter nicht so gestaltet, dass ältere Editionen noch Bedeutung haben können.

Zudem ist es zumindest für Fantasy-Rollenspiele oft nur schwer möglich, einen Zeitsprung wie bei Battletech vorzunehmen. Zum einen sind dann die Spielercharaktere schnell alt und damit oft nicht mehr spielbar (was sehr unschön ist). Zum anderen stellen sich notwendigerweise keine technologischen Vorteile ein. Damit diese beachtenswert wären, müssten sie oftmals die Spielwelt verändern – mit negativen Wirkungen auf den Wiedererkennungswert und möglicherweise der Folge eines Verlassens des Fantasy-Genres. Für SciFi-Systeme finde ich die Zeitsprunglösung aber ziemlich gut! Charaktere könnten z.B. in einer Stasiskapsel die Zwischenzeit verbringen. Und neue Technologie gehört oftmals zum Wesen von SciFi. Eingeschränkt mag ein Zeitsprung auch bei High Fantasy-Systemen möglich sein.

Grundlegendes Problem: Bekanntheit

Der Zugang für Neueinsteiger ist jedoch auch, neben der monetären Komponente, in beiden Fällen weitaus schwieriger. Das Battletech-Regelwerk ist geradezu simpel. Rollenspiel- und Tabletop-Regelwerke sind das häufig nicht. Zudem fällt die Bekanntheit der meisten Spielwelten regelmäßig hinter der des Battletech-Universums zurück. Neueinsteiger werden den Systemen daher weitaus weniger leicht zugeführt.

Für herkömmliche Rollenspiel- oder Tabletop-Systeme scheitert der „Battletech-Ansatz“ daher schon und vor allem an der Bekanntheit der Welt. Vor diesem Hintergrund frage ich mich schon, warum der DSA-Film nie kam. Immerhin gab es Computerspiele, die aber meines Erachtens nach nicht viele neue Spieler zu DSA brachten. Ich meine aber, dass diesen auch nicht den Erfolg der Battletech-Videospiele beschieden war.

Gleichwohl wird, dessen ungeachtet, versucht, die vorhandenen Systeme zumindest immer weiter zu simplifizieren. Nach dem Motto: Falls die Welt dann doch mal jemand entdeckt, soll er wenigstens gut einsteigen können!

Dass hierbei das Spiel zunehmend von sich selbst entfremdet wird, wird im Kauf genommen. Ein Hoch auf Battletech, dass dies nicht nötig hatte, sondern sich selbst immer treu war.

Das Problem neuer Editionen

Vorweg – ich bin im Laufe der Jahre kein Freund neuer Editionen bei Rollen- oder Tabletopspielen geworden. Das liegt daran, dass ich in meiner „Nerd-Karriere“ mehrheitlich schlechte Erfahrungen mit neuen Editionen machte:

  1. Demonword (ein nicht übermäßig komplexes „Rank and File“ Tabletop-System mit Hexfeldern), scheiterte daran, die zweite Edition überhaupt erst vollständig zu veröffentlichen – es fehlten schlicht Armeebücher. Das haben Fans zwar nachgeholt, aber das System ist heute praktisch tot – obgleich es in der ersten Edition recht erfolgreich war und ich auch denke, dass die zweite Edition keine der weiter unter stehenden Probleme mit sich brachte.
  2. Shadowrun wurde von lange und mit viel Freude in der dritten Edition gespielt. Dann kam die Vierte – und Shadowrun war „raus“ bei uns: Zwar wurde die neue Regelmechanik bei uns durchweg begrüßt (es gab keine „explodierenden“ Würfel mehr), aber die Welt wurde im Rahmen des Editionswechsels angepasst. Statt Cyperpunk gab es nun Hightech. Das fanden ein paar Mitspieler inakzeptabel (ich nur unglücklich), und so verschwand Shadowrun aus meiner Welt. [Update 17. Mai 2023: Mittlerweile weiß ich, dass die sechste Edition offenbar von der Spielerschaft nicht angenommen wurde und die ganz überwiegende Mehrzahl der Spieler bei der fünften Edition geblieben ist. Die sechste Edition Shadowruns‘ muss daher als gescheitert gelten.]
  3. DSA. Die vierte Edition war bei uns bereits wenig gewollt – wir benötigten wohl sechs Jahre, bis wir umgestiegen waren. Gründe dafür waren auch wieder Änderungen an der Welt, die ungewollt waren: Plötzlich gab es weniger Lebensenergie und mit einem Schlag Schwertgesellen. Zudem waren Dämonen von einem Tag auf den anderen mit nicht-magischen Waffen zu verletzen. Es dauerte lange, bis diese Inkonsistenzen geheilt waren: Dämonen sind bei uns „de facto“ immer noch nur mit magischen (und geweihten) Waffen zu verletzen – weil bei uns praktisch jeder Dämonologe die Dämonen so ruft – nur Anfänger machen „von der Vereinfachung“ Gebrauch, es anders zu halten. Schwergesellen waren lange nicht als SC zulässig und wurden behutsam in die Welt eingeführt. Die niedrigere Lebensenergie akzeptierten wir schließlich – man konnte im Gegenzug ja mehr Paraden haben. Gleichwohl kommt auch heute noch ab und an die Frage auf, warum die Lebensenergie eigentlich so niedrig sei, und dass dies doch unstimmig wäre.

    Schlimmer noch war die Einführung von DSA 5. Dies wird nunmehr von ein paar Freunden zwar experimentell gespielt – aber erst seit wenigen Wochen. Der weit größere Teil bleibt bei DSA 4. Für mich auch hier wieder vor allem deshalb, weil die Welt angepasst wurde: Mit einem Schlag waren Zauber von bestimmten Charakteren gar nicht mehr erlernbar, der, für das System ikonische, Reversalis wurde gleich ganz gestrichen.
  1. Warmahordes. Hier ist die jüngste Entwicklung noch nicht abgeschlossen, da die vierte Edition, MK IV, gerade erst im Entstehen begriffen ist. Man kann rückblickend aber feststellen, dass die Einführung der dritten Edition MKIII wahrscheinlich der größte Management-Fehler in der Tabletop-Geschichte gewesen sein dürfte: Das System war, je nach Quelle pari mit oder sogar vor dem Brachenprimus Warhammer – und stürzte durch die Einführung von MK III fast im freien Fall – in Europa und (mehr noch) in Asien fast bis in die Bedeutungslosigkeit. Dies vor allem deshalb, weil Modelle, die vormals gut waren, an Relevanz verloren und Modelle, die nun gut waren, von vielen nicht besessen wurden. Außerdem wurden einzelne Aspekte des Regelwerks vereinfacht.

    Bei der Einführung von MK IV werden Teile der Fehler wiederholt. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass alte Modelle an Relevanz verlieren oder sogar, im Turnierbereich zumindest, gar nicht mehr zu Einsatz kommen können. Allerdings wird daneben ein Format angekündigt, in dem alle (auch alte) Modelle spielbar sein sollen.
  2. Warhammer Fantasy spiele ich nicht selbst. Gleichwohl weiß ich, dass es durch Age of Sigmar abgelöst wurde. Von einem Editionswechsel kann in diesem Zusammenhang die Rede kaum sein: Zwar gab es wohl formal eine Möglichkeit, alte Modelle weiterzuverwenden. Allerdings waren schon die Basen anders (rund statt vormals eckig). De facto aber war daher Age of Sigmar, so wie ich es verstehe, ein neue Spiel. In Extremfällen führte die zu so viel Verdruss bei den Spielern, dass diese ihre alten Armeen verbrannten. Für den Hersteller war es ebenfalls ein Fanal und trug meines Wissens maßgeblich zum Erfolge Warmahordes bei.

Analysiert man diese Fälle, so wird deutlich, was die Nachteile eines Editionswechsels sind:

  1. Eingriffe in die Welt – sei es, beim Rollenspiel, durch Neusetzungen, oder, beim Tabletop, durch eine Veränderung der Stärke der Einheiten. In beiden Fällen ist dies für die Glaubwürdigkeit der Spielwert fatal: Warum sollte, von einem Tage auf den anderen, z.B. der Zauber Reversalis nicht mehr existieren, obgleich er in vielen Publikationen eine Rolle spielt? Oder warum gewinnt eine Einheit im Tabletop erwartbar nicht mehr gegen eine andere, wo das doch vormals der Fall war? Aus meiner Sicht ist dieser Nachteil für Produkte, die das Eintauchen in eine Welt ermöglichen sollen, ganz erheblich.
  2. Entwertung von Sachwerten: Vor allem beim Tabletop werden Modelle, die vormals für teuer Geld erworben wurden, dem Spiel entzogen. Entweder tatsächlich, weil sie gar nicht mehr zulässig sind. Oder nur de facto, weil ihr Einsatz nicht mehr sinnvoll ist. Im Rollenspiel gilt das gleiche für Regelwerke, allerdings ist hier der monetäre Einsatz oftmals deutlich geringer. Dieser zweite Punkt ist die realweltliche Konsequenz des ersten.

Dem gegenübersteht ein maßgebliches Interesse des Herstellers, (dennoch) eine neue Edition zu veröffentlichen. Aufgrund des geringen Marktvolumens bei gleichzeitig geringem Marktwachstum ist dieser nämlich recht schnell gesättigt. Da die Produkte auch kaum einer realweltlichen Alterung oder Abnutzung unterliegen, stellt sich eine Marktsättigung ein.

Die geschilderten Produkteigenschaften sind jedoch, aus Konsumentensicht, ein maßgeblicher Vorteil! Als Kind erkannte ich, dass Rollenspiele mit geringem Geldaufwand praktisch ewige Freude gewährt – anders als das Videospielen, das regelmäßig den Kauf neure Spiele oder gar Hardware erforderlich macht.

Für die Produzenten stellt sich dennoch die Erfordernis, auch nach der Markteinführung noch Umsatz zu erwirtschaften. Die neue Edition ist daher als Wette zu verstehen: Entweder die neue Edition wird angenommen – dann ist für den Produzenten alles super und der Umsatz wieder einige Zeit gesichert. Oder sie scheitert. Dann möglicherweise – abhängig von Auflage, Verkaufszahlen und ob Crows-Funding zur Finanzierung verwendet wurde – lediglich die Entwicklungskosten teilweise verloren. Es gibt also einen starken Anreiz, es mit einer neuen Edition zu versuchen.

Wir haben damit eine, aus meiner Sicht nahezu einmalige Situation, dass die Interessen von Produzent und Konsument nach einiger Zeit diametral auseinanderlaufen. Der ein oder andere mag einwenden, dass dies doch immer so sei, weil man ja auch immer wieder z.B. ein neues Mobiltelefon kaufen müsse. Das stimmt aber nicht: Das neue Mobiltelefon hat in der Regel auch weitere Funktionen. Wer mit seinem aktuellen Gerät zufrieden ist und das neue Display etc. nicht benötigt, kann ohne Weiteres mit dem Altgerät verbunden bleiben. Das neue Gerät bringt also einen konkreten Mehrwert. Es obliegt dem Kunden, ob er bereit ist, für diesen zu zahlen.

Bei Nerd-Spielsystemen ist das anders. Neue Editionen sind, meiner subjektiven Erfahrung nach, in aller Regel nur anders, nicht besser. Ob zum Beispiel DSA 5 DSA 4 überlegen ist oder vice versa, wird (noch immer) in zahlreichen Foren diskutiert. Zudem muss für das „Anders“ jede Menge Zeit für das Erlernen der neuen Regeln investiert werden. Meine Bereitschaft hierzu geht mittlerweile gegen null.

Die zunehmend (auch von mir selbst) gewählte Lösung (aus Konsumentensicht) ist, dass der Editionswechsel in der Regel nicht oder, wenn überhaupt, verzögert mitgegangen wird. Das klappt bei Rollenspiel sehr gut, weil man in der Regel auf die eigenen Gruppen beschränkt ist. Diese fungieren als weitgehend geschlossene Systeme, weswegen auch Hausregeln implementierbar sind.

Bei Tabletop-Systemen ist dies etwas schwieriger, weil diese von vielen auch auf Turnieren gespielt werden wollen. Daher braucht es einen Standard, der von allem akzeptiert ist. Das ist in der Regel die aktuelle Regelversion – auch wenn im Grunde nichts dagegen spricht, eine Veranstaltung nach dem alten Regelwerk zu organisieren. Ich für mich bin jedoch bei vielem ein „Legacy-Spieler“ (Wortschöpfungs eines Freundes) geworden.

Allein, fraglich dürfte sein, ob diese Strategie auch den Produzenten, und damit dem Hobby als Ganzem, nützt. Vermutlich langfristig nicht, oder nur dann, wenn immer neuere Spieler die Legacy-Spieler ersetzen.

Gibt es einen Mittelweg? Offenbar ja: Aus meiner Sicht ist Battletech ein System, dass seit Urzeiten im Wesentlichen unverändert besteht und offenbar noch immer profitabel ist. Meine Figuren und Regelwerke aus den frühen Neunzigern kann ich heute noch verwenden – die Regeländerungen sind, gerade im Kernbereich, dem Kampf mit Battlemechs, minimal. Dieser Erfolg könnte darauf zurückzuführen sein, dass das System in seiner Geschichte voranschreitet, hierbei neue Produkte veröffentlicht werden, gleichzeitig die alten Modelle aber nicht obsolet werden aber auch keine Abhängigkeiten dahingehend entstehen, als dass man sämtliche Entwicklungen und Modelle wissen müsste (anders als z.B. bei Warmahordes). Zudem ist das System auch außerhalb der Nerdszene über Computerspiele bekannt und hat dadurch immer neuen Zulauf – ich lerne immer wieder Leute kennen, die mit Battletech anfangen. Und fast jeder den ich kenne, hat es mal gespielt.

Grundsätzlich wäre selbstredend auch für andere Systeme erstrebenswert, weitere Spieler zu gewinnen. Wenn dies gelänge (insbesondere aber duurch die Produzenten, weil diese im Zugzwang stehen), wäre das Ursprungsproblem angegangen – der Markt würde breiter werden und wachsen. Ob dies realiter geschieht, ist meines Erachtens fraglich. Ergänzend erscheint es mir (auch daher) sinnvoll, dass die Produzenten über eine Nutzungsgebühr nachdenken, die für sinnvolle, aber mit geringen Grenzkosten einhergehende Services, verlangt werden kann. Dies sind typischerweise digitale Produkte. Zugang zu guten elektronischen Regel-Wiki könnten eine Idee sein. Auch VTT ist ein Schritt in diese Richtung; wobei ich glaube, dass LCD-Monitore als Tischplatten mit Karten auf die Figuren gestellt werden können etc. noch besser wären, vor allem weil zu viel Digitalisierung für viele abschreckend sein dürfte – was die Idee grundsätzlich erheblich erschwert. Zudem muss die Eigenarbeit für die Spieler minimiert werden. Im Ergebnis würde durch solche Gestaltungen aber ein konstanter, wenn auch vermutlich überschaubarer Umsatzstrom für die Produzenten generiert.

Sonst wird es eben weitergehen mit dem Teufelskreislauf der Editionswechsel. Vermutlich nicht zum Guten der Szene.