Bild des Monats

Die Entwicklung von DSA-Illustrationen im Zeitablauf

Mein erstes DSA-Produkt war das Brettspiel „Die Burg des Schreckens“. Das Bild auf der Spielbox war für mich eine tolle Inspirationsquelle: Ich war vor allem von der Axt des Zwergen begeistert und diese war (und ist noch immer) meine Vorstellung der magischen Zweihandaxt.

Als ich ein paar Jahre später mit DSA als Rollenspiel anfing, erschien bald die Box „Mit Mantel, Schwert und Zauberstab“. Das Bild auf dieser Box gefiel mir damals schon sehr – ich kam zu der Einschätzung, es ist die beste farbige DSA-Illustration überhaupt. Das Bild regte meine Phantasie noch immer an und löst viele Fragen aus.

Ulrich Kiesow: Mit Mantel, Schwert und Zauberstab, 1992, Umschlag (Bild von Ugurcan Yüce)
  • Warum kämpfen die Beiden?
  • Weicht der Mann gerade zurück? Warum blickt er dennoch gelassen?
  • Ist die Frau zornig oder auch nur überlegt?
  • Warum schaut der Mann links am Tisch so gelassen auf den Kampf – ganz im Gegensatz zu der Frau auf der rechten Seite im Hintergrund?
  • Wer ist der dunkel gekleidete Mann auf der Treppe, der den Kampf beobachtet?

Ich bin mir sicher, ich könnte nur auf Basis dieses Bildes ein Abenteuer improvisieren – mehrmals sogar, mit unterschiedlicher Handlung.

Darüber hinaus finde ich den Stil des Bildes sehr ansprechend. Ohnehin war insofern Yüce der beste DSA-Illustrator für mich. Sehr gelungen finde ich insbesondere auch die Illustration von „Götter, Magier und Geweihte“. Einige meiner Freunde kauften überhaupt nur wegen der Boxenillustrationen DSA-Boxen – sie waren von den Bildern begeistert und wollten wissen, was sich dahinter verbirgt.

Ganz dementsprechend finde ich auch die dargestellten Figuren gelungen; sie entsprechen meinem Fantasy-Geschmack. Allerdings trifft der Künstler Herr Yüce nicht immer den Inhalt des Buches – die viel zu schönen Oger bei „Mehr als 1000 Oger“ sind hierfür bekannt.

Leider waren diese Illustrationen nicht von Dauer. Dies lag zweifelsohne auch am Tode Herrn Yüces. Darüber hinaus wurden in der Folge aber auch Künstler ausgewählt, deren Werke meines Erachtens (de gustibus non est disputantum) deutlich weniger gelungen sind.

Die Bilder Herrn Yüces wurden vor allem für Produkte bis DSA3 angefertigt. Mit DSA4 errreichten die DSA-Illustrationen für meinen Geschmack auch ihren Tiefpunkt – nämlich mit „Wege der Götter“.

Thomas Römer u.a.: Wege der Götter, 2015, Umschlag (Bild von Slawomir Maniak)

Bei Wege der Götter scheint mir das Titelbild Dumpfsinnige einer Nervenheilanstalt darstellen zu wollen (das Gebäude im Hintergrund? In den Bergen errichtet, um die Irren von anderen fern zu halten?). Die selten dämlichen Gesichtsausdrücke sind hierfür ursächlich. Oder liegt es daran, dass auf der Schriftrolle, welche die Frau in der Hand hält, rückseitig steht, dass kein Abendessen gibt heute? Vielleicht hat dies die strenge Frau in rot-weiß gerade verkündet – ist nun aber auch etwas traurig?

Im Übrigen ist aber auch die Maltechnik für meine Begriffe viel schlechter. Während die Yüce-Bilder präzise gezeichnet sind, ist das „Wege der Götter“-Bild eher verwaschen. Die anderen „Wege“-Bände sind etwas besser – überzeugen kann mich jedoch keines der Titelbilder der Kernbände. Nur die Umschlagillustrationen von „Wege der Alchimie“ und „Wege des Entdeckers“ brechen nach oben aus. Und natürlich das Bild von „Wege nach Myranor“! Letzteres sogar sehr deutlich. Als Myranor-Band ist es aber gesondert zu betrachten. Insgesamt sind die DSA4-Umschlagillustrationen dennoch für meinen Geschmack dürftig. Daher sind bei meinem DSA4-Spielleiterschirm alle Bilder mit DSA3-Bilder überklebt.

Zum Glück kommt nach Regen immer Sonnenschein – so auch bei DSA4, das insbesondere mit „Schlacht in den Wolken“ auch ein besonders gelungenes Titelbild hat.

DSA5 kam mit wieder einen veränderten Stil daher. Hierbei finde ich die Maltechnik überwiegend sehr gut. Ich störe mich jedoch an dem Gezeigten. In meinen Augen fehlt hier der Fantasy-Einschlag. Besonders gut wird dies für mich schon an dem Titelbild des Grundregelwerkes deutlich

Axel Spohr u.a.: Das Schwarze Auge Regelwerk, 2015, Umschlag (Bild von Anna Steinbauer)

An der Szene an sich ist wenig auszusetzen.

  • Eine Frau, vermutlich eine Magierin, inspiziert die Kristallkugel (die höchstwahrscheinlich ein schwarzes Auge ist).
  • Der Krieger schaut skeptisch-wohlwollend
  • Die anderen scheinen sich hierfür jedoch nicht zu interessieren – was man entweder als unschön empfinden kann, weil dies der Inspektion der Kugel die Wichtigkeit nimmt – aber auch als interessant – ob sich durch die Fenster Feinde nähern?)

Gegen die letztgenannte Interpretation spricht jedoch, dass dafür vor allem der Krieger in Vordergrund zu entspannt wirkt. Zudem haben die Figuren im Hintergrund des Bildes ihre Waffen nicht gezogen. Sie wirken auf mich eher ziellos den Raum dursuchend.

Künstlerisch-handwerklich ist das Bild toll! Allein die Spiegelung der Hand auf der Kristallkugel – und die Hand in der Kristallkugel, die diese zu greifen scheint. Der Blick der Frau hätte noch etwas mehr auf die Kugel gerichtet sein können – ich habe den Eindruck, dass sie nicht ganz bei der Sache ist und über die Kugel hinweg blickt.

Was mir jedoch nicht gefällt, und hier entlädt sich folglich die wesentiche Kritik, ist die Gestaltung der Figuren auf dem Bild. Gerade die mutmaßliche Magierin sieht für mich nicht nach einer solchen aus. Ihr fehlt jedwede magische Aura. Der Kleid könnte auch eine LARP-Klamotte sein. Die Frisur ist mir deutlich zu langweilig. In der Gesamtschau könnte man die Dame in eine Teehandlung in einer beliebigen Großstadt platzieren und sie würde nicht weiter auffallen. Auch ein Laden für Duftkerzen wäre denkbar.

In ähnlicher Weise finde in die Aufmachung des Begleiters langweilig. Dank Kettenhemd und Schwert passt dieser zwar nicht ohne Weiteres in die Neuzeit. Aber das sind auch die markantesten Ausrüstungsgegenstände – die ganze Gestalt könnte auf dem Mittelaltermarkt anzutreffen sein. Tauscht man aber gedanklich die Kleidung wäre er als Passant in einer Fußgängerzone denkbar. Ganz anders der Kämpfer des „Mit Mantel, Schwert und Zauberstab“-Bildes: Er würde in die Fußgängerzone, auch mit anderer Kleidung, keineswegs reinpassen. Zugegebenermaßen wäre die Kämpferin des Bildes schon eher hierfür geeignet – ihre Aufmachung ist aber sonst sehr phantastisch und wäre auf dem Mittelaltermarkt ein Blickfänger.

Während die DSA-Illustationen neueren Datums also handwerklich wirklich sehr gut ist, ist das Gezeigte für meinen Geschmack dröge.

Für mich wird dies an einem Bild-Vergleich besonders deutlich, bei dem die gleiche Figur (A’Sar al’Abastra) gezeigt wird.

Links: Lena Falkenhagen: Schlange und Schwert, 1996, Umschlag (Bild von Dieter Rottermund), Rechts: Thomas Michalski: Aventurisches Elementarium, 2022, S. 100, (Bildurheber mir nicht bekannt)

Die Figur A’Sar al’Abastra ist pure Fantasy. Als von einem Drachen geschaffenes Wesen, dass auserkoren ist, Erz zu beherrschen, nebenbei unsterblich aber immer immer wieder ihr Schaffen aus früheren Inkarnationen vergessend und dadurch stets auf der Suche, bietet sie so viele Anknüpfungspunkte für Geschichten, dass man ohne Weiteres ganze Kampagnen um sie schreiben könnte.

Dies wird für mich bei dem linken (DSA3)-Bild ersichtlich. Das ganze Bild ist pure Mystik für mich. Weiß dominiert neben dem Nachthimmel (A’Sar ist weiß), aber leuchteten Farben ziehen die Blicke des Betrachters an sich: Der helle rosa Stern und mehr noch der goldene Drache. Dabei blickt die Figur zur Seite – Verfolger? Oder hat sie etwas zurückgelassen? Bewusst, so scheint es. Wissend. Gleichsam sieht sie aber auch den Betrachter des Bildes. Zudem wehen ihre Haare auf der linken Kopfseite leicht nach vorne – eine Brise in der Nacht im Hochgebirge?

Ganz anders das Bild auf der rechten Seite. Mir fehlt hier jedwede Mystik. Hätte ich keine Betitelung würde ich sagen, man sieht eine Händlerin, die Kamele verkaufen möchte. Schade.

Das zweite Bild A’Sars stammt aus dem Aventurischen Elementarium. So gut das Buch im Grunde gelungen ist – die Illustrationen weiblicher Figuren scheinen fast immer mit einem großen Drang zur Langweile hin gemalt worden zu sein.

Zum Glück gibt es auch bei DSA5 Lichtblicke. Gerade das Titelbild von „Banner der Treue“ ist gelungen (leider kann man das von dem Abenteuer selbst nicht ohne Vorbehalte sagen). Bleibt zu hoffen, dass die Qualität der Zeichnungen erhalten bleibt – die Künstler aber vielleicht von der Muße künftig in einer Art geküsst werden, das die Bilder etwas mehr von fremden Welten, Mystik und Abenteuern erzählen.