Simulationismus

Werteübertragung aus der Realität und „gerechte“ Bezahlung von Charakteren im Liverollenspiel – eine Erweiterung

In meinen letzten beiden Beiträgen versuchte ich, Lösungen für das mögliche Problem der gerechten Entlohnung von Charakteren und einer möglichen Übertragung realweltlicher Werte in die Spielwelt, in beiden Fällen beim Pen & Paper-Rollenspiel, aufzuzeigen.

Nunmehr soll es darum gehen, ob diese Lösungen auch für das Liverollenspiel denkbar sind. Dem vorgelagert ist sachlogisch die Frage, ob die Probleme überhaupt bestehen. Damit kommen wir zu

  1. „Gerechte“ Bezahlung von Charakteren im Liverollenspiel

Beim Liverollenspiel stellt sich die Frage nach einer (monetären) Entlohnung in der Regel nicht. Ich habe nur in Ausnahmefällen erlebt, dass die Lösung des von dem Veranstalter geplanten Plots eine Belohnung in Form von Münzen mit sich brachte.

Das ist nicht verwunderlich. Im Gegensatz zum Pen & Paper-Rollenspiel haben Münzen beim LARP praktisch keinen Gegenwert. Man kann in der Spielwelt mit diesem praktisch nichts erwerben. Selbst Nahrungsmittel müssen auch in Euro bezahlt werden. Nur Intime-Dienstleitungen sind mit dem Spielgeld bezahlbar. Hierunter fallen unter anderem einfache Botendienste, die Benutzung eines Badezubers oder gelegentlich Sölderdienste oder magische Dienstleitungen. In der Regel ist das Spielgeld daher vor allem als Einsatz für Intime-Spiele (vor allem Karten- oder Würfelspiele) wichtig.

Damit ist das Geld seiner wesentlichen Funktion beraubt. Es wird als Tauschmittel nicht oder nur für vereinzelte Dienstleistungen verwendet. Man kann aber keine Gegenstände, vor allem keine magischen, damit erwerben. Da alle Gegenstände ein realtweltiches Pendant haben, ist hierfür auch immer reales Geld zu entrichten. Daher besteht für niemanden die Möglichkeit mit viel Spielgeld den Charakter mit besserer Ausrüstung auszustatten, wie es beim Pen & Paper-Rollenspiel möglich ist.

Ergänzend ist zu sehen, dass das LARP-Geld „Fiat-Money“ par excellence ist. Man kann sehr günstig gewaltige Münzvorräte outttime kaufen und diese intime verwenden. Dies ist beim Pen & Paper-Rollenspiel naheliegenderweise nicht möglich (wenn man davon absieht, dass es bestechliche Spielleiter geben könnte). Allein dies macht die praktische Irrelevanz des Spielgeldes beim LARP deutlich.

Daher besteht de facto nur ein verhaltenes Interesse daran, Spielgeld zu haben. Es muss daher nicht gerecht verteilt werden – wenn es überhaupt als Belohnung in Betracht gezogen wird. Im Ergebnis ist auch ein spielerischer Vorteil reicher Charaktere fernliegend.

  1. Übertragung von realweltichen Werten in die LARP-Spielwelt

LARP ist in vielen Fällen, „anything goes Fantasy“. Ein einheitlicher Werte-Referenzrahmen liegt nicht vor und ist auch de facto auf Cons, die keine vordefinierte, allgemein bekannte Welt bespielen, nicht implementierbar.

Man ist daher gut damit beraten, bei der Einforderung von Werten sehr anspruchslos zu sein. Schon naturgemäß werden je nach realzeitlicher Vorlage die Werte der Charaktere divergieren (z.B. Revolutionszeit versus Mittelalter). Dazu kommen noch mögliche Ausprägungen in Bezug auf die Fantasy-Stoßrichtung. Zwischen dem Elfenbild des Hexer-Universums und dem Tolkiens liegen Welten. Mein Ratschlag ist daher, dass ein LARP-Charakter „in sich“ stimmig sein sollte und möglichst wenig auf die Akzeptanz bestimmter Setzungen außerhalb seiner selbst, oder seiner Gruppe, angewiesen ist. Im Extremfall ergibt sich sonst das Problem der LARP-Stasi.

Im Kern ist diese Empfehlung des Setzen eines Rahmens, der möglichst omni-kompatibel mit anderen Charakteren ist, der Ersatz dafür, dass der Spielleiter beim Pen & Paper-Rollenspiel einen solchen definiert.

Im Kern ist dieser Gedanke in den „zwei Regeln“ niedergelegt: Wenn Du angespielt wirst, zeige irgendeine plausible Reaktion. Spiel irgendwas, egal was, aber spiel. Und: Wenn Du jemanden anspielst, erwarte keine bestimmte Reaktion. Akzeptiere, was Dein Gegenüber draus macht.

Bei bereitwilliger Einhaltung der zwei Regeln ist die Frage nach dem Wertereferenzrahmen gelöst. Spieltechnische Effekte sind hiervon nicht zwingend abgedeckt.

Alternativ dazu kann man freilich geschlossene Setzungen für LARP-Veranstaltungen festlegen. Diese könnten zum Beispiel in der Hexer-Welt, oder im Herr der Ringe-Universum angesiedelt sein. Diese „Lösung“ funktioniert in weiten Teilen, weil hierdurch der Wertereferenzrahmen gesetzt wird. Sie scheitert aber insoweit, als dass selbst eine sehr ausgearbeitete Spielwelt wie Aventurien noch Diskussionen über den „richtigen“ Umgang mit allem Möglichen erforderlich zu machen scheint. Gerade deshalb diskutierte ich in meinem anderen Beitrag über Interpretationserfordernisse und mögliche Lösungen.

Die vermeintliche Idee, dass der LARP-Veranstalter, anstelle des Spielleiters im Pen & Paper-Rollenspiel, diese Setzungen vornimmt scheitert aus meiner Sicht aus zwei Gründen:

  1. Meiner Erfahrung nach befassen sich die Spieler vor einer Veranstaltung nicht oder kaum mit solchen Setzungen. Gelegentlich auch die Mitglieder der Spielleitung nicht.
  2. Eine LARP-Veranstaltung ist in vielen Fällen, und immer zunächst, eine einmalige Sache. Hierfür wird in aller Regel kein neuer Charakter entwickelt, schon allein deshalb, weil dieser in vielen Fällen auch den Erwerb neuer Ausrüstung erforderlich machen könnte. Es werden vielmehr schon bestehende Charaktere für die Veranstaltung verwendet. Solche Charaktere sind mit Setzungen, die von ihrem Charakter-Konzept abweichen, aber folgerichtig nur bedingt kompatibel. Da die Setzung der Veranstaltung vorab auch oftmals gar nicht gelesen wird (es ist ja nur eine Veranstaltung! – siehe Punkt 1.), ist diese de facto nicht durchsetzbar.

Aus meiner Sicht landet man dann wieder bei den zwei Regeln.

Nur im Falle des wiederholen Bespielens einer Reihe kann ein verbindlicher Referenzrahmen gesetzt werden. Damit wird mit der „anything goes Fantasy“ aufgeräumt.

In beiden Fällen zeigt sich für mich, dass insbesondere der wenig ausgeprägte Simulationismus ursächlich für die Unterschiede sind: Wo Geld de facto kaum oder keine Kaufkraft hat, kann man nicht erwarten, dass es relevant ist. Andererseits ist dies aus gameistischer Sicht ein Vorteil mit Blick auf die Probleme, die bei unterschiedlichen Finanzniveaus von Spielercharakteren entstehen können. Das objektiv kein Grund besteht, im LARP Geld haben zu wollen, kann auch narrativistisch kompensiert werden, in dem man sich über diese Tatsache spielerisch hinwegsetzt.

Im Falle der fehlenden Werte- oder Weltsetzung ist es nicht ganz so einfach. Ich wage zu behaupten, dass dies überwiegend ein Nachteil ist. Man kann dem mit gameistischen Ideen entgegentreten (was ich im Grunde mit meinem Vorschlag, dass jeder für sich einen in sich stimmigen Ansatz für seinen Charakter finden soll ohne fremde Charaktere zu tangieren, in gewisser Weise anrate). Am befriedigendsten dürfte die Festlegung eines (langfristig) verbindlichen Wertereferenzrahmens durch den jeweiligen LARP-Veranstalter sein.

Unterschiedliche Entlohnungen von Charakteren innerhalb der Spielwelt

Kürzlich kam mal wieder die Frage auf, ob alle Mitglieder einer Abenteurergruppe im Fantasy-Pen & Paper-Rollenspiel die gleiche Entlohnung für einen Auftrag erhalten sollten. Für mich treffen hierbei zwei mögliche Ansichten aufeinander:

  1. Die innerweltliche Logik. Häufig gibt es entweder Stände oder ökonomische Gründe oder beides, zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Bezahlung. Dass der Adel mehr erhält (einfach weil er adlig ist), ist eine Standesfrage – und findet ihre Entsprechung in der historischen Standesgesellschaft. Dass hingegen ein Magiekundiger mehr Entlohnung enthält, ist, zumindest ergänzend, mit der Seltenheit seiner Fähigkeiten begründet – in der Regel gibt es nicht viele Zauberer, auch in Fantasy-Welten. In beiden Fällen liegt ein simulationistisches Argument vor.
  2. Der Fairness-Gedanke. Wichtig ist, dass im hier skizzierte Fall nicht allein die Gegebenheiten der Realwelt übertragen werden. Zwar ist die Ständegesellschaft in der hier besprochenen Form nicht mehr existent. Das ökonomische Argument ist aber einschlägig: Es gibt auch realiter unterschiedlich hohe Löhne und Gehälter. Vielmehr kommt beim Fairness-Gedanken die Gleichheit der Spieler zu Tragen und wird auf die Charaktere übertragen. Da jeder Spieler (für gewöhnlich) gleiche Rechte hat, sollten dies auch die Spieler haben. Damit handelt es sich um ein gameistisches Argument.

Im Besonderen ist zu beachten, dass die Frage nach dem Mehr an Geld unmittelbare Auswirkungen auf die Stärke (d.h. die Macht) der Charaktere haben kann: Wenn der adlige Zauberer, oder ein anderer im Folgenden deshalb als „Privilegierter“ bezeichneter, viel mehr Geld hat, wird es sich in der Spielwelt oft auch eine bessere Ausrüstung leisten können und dadurch nur deshalb „besser“ sein. Dies dürfte für viele Spieler ein gewichtiges Problem sein.

Falls die Stärke des Charakters den Spielern wichtig ist, könnten diese daher einen Anreiz haben, nur noch Charaktere zu spielen, die einen hohen Stand haben. Falls man dies nicht möchte, müsste man überlegen, den Zugang zu solchen gesellschaftlichen Charakteren zu limitieren. Zum Beispiel könnte ein adliger Charakter weniger sonstige Fähigkeiten haben (umgesetzt dadurch, dass der Vorteil „Adlig“ Erschaffungs- oder Generierungspunkte benötigt, die nicht für Anderes zur Verfügung stehen – so regelmäßig auch regelseitig umgesetzt). Dies ist aber ebenfalls unschön, da eigentlich davon ausgegangen werden könnte, dass Vertreter privilegierter Schichten zumindest keine schlechteren Fähigkeiten mitbringen (wegen der besseren Ausbildung) und nicht körperlich beeinträchtigt sind (wegen besserer Ernährung und Gesundheitsvorsorge).

Aus diesem Grund ist das ökonomische Argument, zumindest auf den ersten Blick, weniger schwerwiegend: Wer viel Zeit in die Ausbildung zum Beispiel zum Zauberer gesteckt hat, wird in der Regel andere Fähigkeiten weniger stark entwickelt haben. Hintergrund hierfür ist, dass jeder gleich viel Zeit hat. Es hat aber nicht jeder gleich viel Geld. Die Geldmenge wird bei der Charaktererschaffung durch den Stand der Eltern bestimmt. Wobei jedoch Geld teilweise in Zeit getauscht werden kann (bessere Lehrer). Auf den zweiten Blick folgt das ökonomische Argument damit dem „Ständeargument“.

Die ganze Sache kann leicht ins Weltanschauliche abdriften. Eine einfache Lösung könnte sein, dass der Stand der Eltern schlicht ausgewürfelt wird. Das dürfte aus Sicht Vieler auch der realen Situation am ehesten, wenn auch unter Vorbehalten, entsprechen.

Dieser Gedanke führt aber Charaktere potentiell per se ad absurdum: Man möchte vielleicht ganz gezielt einen Ritter spielen. Oder einen (mittellosen) Dieb. Daher kommt dieser „Auswürfelmechanismus“ vermutlich mit größeren Problemen einher, als er welche löst. Die Schwierigkeit, dass man einfach mehrfach würfeln könnte, bis das „richtige“ Ergebnis feststeht, ist davon unbenommen vorhanden.

Aus meiner Sicht ist das ganze Argument der Ungleichheit aber auch ein Stück weit konstruiert. Mir leuchtet durchaus ein, dass fremde Dritte sich in der Spielwelt so verhalten, dass sie ihrem Stande nach bezahlt werden. In aller Regel sind die Spielercharaktere jedoch nach kurzer Zeit keine fremden Dritten mehr, sondern Gefährten und Freunde. Und dann sollte das Argument, dass auch am Spieltisch für Gleichheit sorgt, greifen: Wenn die Charaktere wissen, dass ihnen allen besser geholfen ist, wenn der (arme) Dieb zum Beispiel den magischen Bogen bekäme, so werden sie dies (hoffentlich) so entscheiden und die monetären Mittel entsprechend allokieren – was zumindest im Ergebnis einer Gleichverteilung der Belohnung entspricht. Damit ist das gewichtige Problem, dass nur oder eher die privilegierten Charaktere die Mittel haben, bessere Ausrüstung zu erwerben, gemindert oder gelöst.

Aber auch mit diesem Ansatz bleiben (mindestens) zwei mögliche Probleme bestehen:

  1. Wie verhält es sich mit dem „Lebensstand“? Wer schläft in der Taverne in der Suite, wer im Stall? Wer kann sich teure oder günstige Kleidung leisten etc.?
  2. Was ist, wenn der oben geschilderte, kollaborative Einigungsprozess nicht zustande kommt, weil die Spieler der privilegierten Charaktere auf ihrem Stand pochen?

Ad 1)

Wenn im Laufe der Zeit eine Gleichverteilung der Belohnungen eintritt, stellt sich schnell der (m.E. unschöne) Effekt ein, dass die Einkommensverhältnisse der Charaktere identisch werden. Der adlige Zauberer wird nicht mehr im Stande sein, die Suite im Gasthaus zu beziehen; der (eigentlich) mittellose Dieb hat keinen Grund mehr, im Stall zu nächtigen. Das ist für mich deshalb nicht wünschenswert, weil sich die Spieler ja gerade dazu entschieden haben, einen reichen oder armen Charakter zu spielen – mithin also ihren Charakter nicht mehr wie vorgesehen (glaubhaft) darstellen können.

Ich kenne hierzu drei mögliche Lösungen, dargestellt am Beispiel der Unterbringung:

  1. Der „arme“ Charakter wird so gespielt, dass er das Geld fortlaufend sinnlos verprasst. Er hat daher im Ergebnis immer weniger Mittel übrig und muss im Stall schlafen. Ich bin kein Freund dieser Lösung, weil es auch reiche Charaktere geben kann, die ihr Geld verprassen und auch (ursprünglich) arme, die ihr Geld sparen.
  1. Es wird zwar die Belohnung augenscheinlich gleich verteilt. Der Spielleiter nimmt jedoch hintergründig eine Ungleichverteilung vor. Diese erfolgt aber nicht explizit sondern implizit in der Gestalt, dass „reiche“ Charaktere immer das bessere Zimmer mieten können. Hierfür muss auch nichts explizit aus dem Vermögen des Charakters bezahlt werden, dies erfolgt implizit. In gleicher Weise muss der arme Charakter auch nichts für den Stall zahlen. Dessen Bezahlung erfolgt ebenfalls implizit. Nur wenn ein Charakter über seinen Stand hinaus etwas möchte, muss er hierzu auf seinen explizites Geldvermögen zurückgreifen.

    Diese Lösung ist angelehnt an das Konzept des Lebensstils bei Shadowrun. Für zum Beispiel 5.000 Euro oder Nuyen pro Monat hat ein Charakter dort einen mittleren Lebensstil, der alle damit verbundenen Ausgaben abdeckt. Übertragen auf das Fantasy-Rollenspiel würde bei Belohnungen immer ein Fixbetrag zur Seite gelegt, der die jeweiligen Lebensstile der Charaktere finanziert. Bei DSA5 gibt es den bereits erwähnten Vorteil Einkommen, der aber meines Wissens nur bei Charaktererschaffung erworben werden kann, während der Shadowrun-Lebensstil flexibel anpassbar ist – aber auch monatlich Kosten veursacht. Die Spieler werden jedoch in beiden Fällen an den Lebensstil nicht erinnert, es passiert völlig automatisch im Hintergrund. Im Spiel könnte auch nur die Belohnung genannt werden, welche die Charakter explizit als Geldvermögen erhalten.

    Ich finde diese Lösung hat einiges für sich. Die implizite „Lebensstilfinanzierung“ hat jedoch manchmal etwas Abstraktes und Künstliches an sich – kann aber auch willkommene Erleichterung sein. Meines Erachtens ist ein denkbares Problem, dass auch mal eine Situation angestrebt werden könnte, in der die Charakter mittellos sind. Im Falle einer impliziten Verwaltung des Lebensstils wäre dies in der Darstellung leicht unglücklich und könnte als beliebig aufgefasst werden („Gerade jetzt reicht das Geld nicht, dabei habe ich nie soviel ausgegeben.“).
  2. „Reiche“ Charaktere bekommen eine Geldquelle zugesprochen (im Myranor-Regelwerk als Vorteil Apanage in ähnlicher Form erwerbbar, vergleichbar bei DSA5 als Vorteil Einkommen) für die Diskussion hier nun quasi Folge eines hohen Sozialstatus). Zum Beispiel könnte ein reicher Charakter jeden Monat 50 Goldstücke von seiner Familie erhalten, um seinen Lebensstandard zu finanzieren. Es scheint mir plausibel, dass Charaktere mit einem gewissen sozialen Stand Zugriff auf einen Vermögensstock haben. Hierdurch gibt es auch keine indirekte und intransparente Schattenbuchhaltung. Zudem mag ein drohender Wegfall der Geldquelle (wie kriegerische Aktivitäten in der Heimat des Charakters), Anknüpfungspunkt für Abenteuer sein.

    Im Einzelfall könnte überlegt werden, wie dieses Geld zum Charakter gelangt (falls es kein Bankwesen gibt). Zudem klappt die Idee vor allem bei Charakteren, die ihre Privilegien durch Geburt erlangt haben. Für Charaktere, die durch ihre Ausbildung Spezialisten geworden sind (die also aus ökonomischen Gründen eine höhere Bezahlung erhalten), muss oft noch eine Brücke geschlagen werden, woher das Geld innerweltlich kommt. Denkbar könnten aber Lizenzerträge für Forschungsergebnisse sein. Meiner Erfahrung nach besteht realiter das Problem der „gerechten“ Entlohnung aber eher bei Charakteren, die durch ihre Familie privilegiert sind (wie Adlige), weniger für solche, die durch ihre Fähigkeiten privilegiert sind.

Ad 2)

Die mögliche Schwierigkeit, dass Spieler der privilegierten Charaktere, deren Privilegien bei der Entlohnung auch dann voll einfordern, wenn die Charaktere einander gut kennen und aufeinander angewiesen sind, ist meines Erachtens durch Rollenspiel zu lösen. So könnten die anderen Charaktere den auf sich bedachten Charakter zur Rede stellen oder, im Extremfall, auch verlassen. Hier hilft es sich vielleicht zu fragen, warum ein Charakter ursprünglich die Heimat verlassen hat. Diese Gründe könnten innerweltlich der Grund sein, sich von der Gruppe zu trennen. Idealerweise bleibt freilich der nur auf sich bedachte Charakter zurück.

Eng mit dem hier skizzierten Problem, gerade im letztgeannten Punkt der Werte innerhalb der Gruppe, steht die Frage nach der Gültigkeit von Werten im Allgemeinen: Akzeptiert ein Charakter oder auch ein Spieler Zustände in der Spielwelt, die aus Sicht der Realwelt inakzeptabel sind? Zum Beispiel ist die Realwelt in Europa stark durch demokratische Prozesse gekennzeichnet – im Fantasy-Rollenspiel sind oft Monarchien vorherrschend; bei Warhammer 40k sogar eine Diktatur. Realweltlich gilt in Europa die rechtliche Gleichheit aller Menschen. In der Rollenspielwelt mag Sklaverei oder Leibeigentum Usus sein.

Zum Umgang damit mit solchen Werten der Spieler im Rollenspiel mit den Charakteren werde ich mich demnächst äußern.

Änderung am 9. April 2023: DSA 5-Vorteil „Einkommen“ nach Hinweis ergänzt.

Unterschiede zwischen Spielercharakteren und Nichtspielercharakteren (?)

„You seem trustworthy“ – so begrüßen die Charaktere im Film „The Gamers“ ihren neuen Magier nach sehr kurzer Vorstellung, der damit Teil der Heldengruppe wird. In der Film-Parodie wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Charakter, weil er ein Spielercharakter und kein Nichtspielercharakter ist, sofort Teil der Gruppe wird.

Logisch ist dies freilich nicht. In der Spielwelt können die Charaktere realistischerweise nicht erkennen, ob eine Figur von einem Spieler oder von dem Spielleiter geführt wird. Dennoch ist eine solche Unterscheidung immer wieder zu beobachten: Eine Spielerfigur liegt in ihrem Blut? – Kein Problem, der Spielermagier hilft aus, auch wenn dies so anstrengend ist, dass es seine Zauberkraft dauerhaft schwächt. Eine Nichtspielerfigur in der sonst identischen Szene (mit vergleichbarer Vorgeschichte) – muss sterben. C’est la vie. Oder eben: C’est la mort.

Ich finde das zumindest unglücklich. Ich kann in Einzelfällen verstehen, dass auf einer sehr abstrakten Metaebene Unterscheidungen getroffen werden (dazu später mehr) – aber die plumpe Art der vorstehenden Beispiele ist für mich nicht wünschenswert. Wie ist das innerweltlich zu erklären? Ich kenne kein Rollenspielsystem, wo innerweltlich zwischen Figuren erster Klasse (Spielercharakteren) und Figuren zweiter Klasse (Nichtspielercharakteren) unterschieden wird.

Leider pflegen, der fehlenden Entsprechung in der Spielwelt ungeachtet, auch viele Rollenspielregelwerke einer solche Unterscheidung:

  • Bei DSA stand zumindest in alten Versionen bei bestimmten Zaubern, dass diese nur mächtigen Nichtspielercharakteren vorbehalten seien. Man fragt sich, was wohl geschähe, wenn die Spielercharaktere einen solchen Nichtspielercharakter träfen und überzeugen (oder zwingen) sein Wissen zu teilen – was geschieht dann?
  • In Hexxen erfüllt es mich immer wieder aufs Neue mit Verwunderung, dass Spielercharaktere nicht sterben können, wenn nicht die ganze Gruppe im Sterben liegt. Nichtspielercharaktere aber schon! Ich habe deshalb schon angeregt, dass ein Spielercharakter Kämpfen doch fernbleiben sollte, um die anderen unbesiegbar werden zu lassen. Die Resonanz auf diesen Vorschlag war nur bedingt positiv.

Im Internet stieß ich kürzlich auf eine Diskussion, in der erörtert wurde, ob die Eltern eines Spielercharakters sterben dürften, wenn dies der Handlung dienlich wäre. Mir ist in weiten Teilen völlig unklar, was dagegen sprechen könnte. Sollte es der Lebenserfahrung der in der Spielwelt Lebenden entsprechen, dass bestimmte Familien geschützt werden, weil eines der Kinder auf Abenteuer auszieht. Falls dies bejaht wird: Warum senden die anderen Familien dann nicht auch jemanden aus…?

Zum Glück bin ich häufig Spielleiter und kann Auswüchse wie die Vorstehenden recht gut beschneiden. Natürlich kann bei DSA jeder Spielercharakter theoretisch jeden Zauber beimir erlernen. Es kann allerdings sehr schwer sein – nicht aber schwerer, als es für Nichtspielercharaktere ist.

Als besonders gelungen fand ich, dass ich mal einen Gastspieler in eine Spielgruppe einschleuste, der sich später als Verräter herausstellte. Da sich alle Spieler im Realleben kannten und der Gastspieler einen den Spielern (nicht aber den Charakteren) bekannten Charakter spielte, wurde dieser nach dem oben stehenden Motto „You seem trustworthy“ unmittelbar in die Gruppe aufgenommen. Er konnte von dort wunderbar alle möglichen Geheimnisse erfahren und an die Antagonisten der Spielercharakter spiegeln. Im Endkampf, der kritisch verlief, stellte sich der eingeschleuste Spielercharakter plötzlich gegen die Gruppe. Das Entsetzen war natürlich groß. Aber gelobt wurde die Sache im Nachgang auch. Zudem ist dies nun eine der meist erinnerten Rollenspielszenen überhaupt.

In einer Dark Heresy-Runde, in der ich war, gab es etwas Ähnliches – allerdings war der entsprechende Verräter-Charakter bereits von Anfang an bei den anderen Charakteren und die Überraschung vielleicht noch etwas größer.

Eine andere Idee, die ich dem (überaus gelungenen) DSA-Abenteuer „Die Unsichtbaren Herrscher“ entnahm, ist die Spielercharaktere ob ihrer Taten zu Rede zu stellen: Eine weitere Imparität besteht nämlich darin, dass diese auf ihren Abenteuern regelmäßig jede Menge Nichtspielercharaktere erschlagen, dies jedoch folgenlos bleibt. Realiter sollten dies aber alles Personen mit einer Familie und Freunden sein. Je nach Handlung sind die Antagonisten der Spielercharaktere auch nicht klar böse. Dies im Blick war das Geschehen nur naheliegend: Die Spielercharaktere wurden von einem Familienangehörigen gejagt – schließlich von einer anderen Heldengruppe, welche die „Mörder“ der Gerichtsbarkeit überstellen wollte. Das Spieler- und Charakterverhalten war überaus interessant.

Es zeigt sich also: Ich bin der Meinung, dass innerhalb der Spielwelt keine Unterscheidung zwischen Spieler- und Nichtspielercharakteren gemacht werden sollte.

Der entscheidende Punkt, und damit kommen wir zur Ausnahme, ist der Einschub „innerhalb der Spielwelt“. Wie auch schon beim meinem Plädoyer für Simulationismus in der Spielwelt bzw. dem -system, kann außerhalb der Spielwelt, eine Unterscheidung erfolgen – und sogar hilfreich sein.

So erwarte ich von Spielleiter und Spielerschaft auf einer dem Spiel vorgelagerten Ebene beispielsweise, dass eine Kompatibilität zwischen Charakteren zu der Geschichte bestehen muss. Wenn nämlich klar ist, dass, um das oben stehende Beispiel aufzugreifen, das Überleben der Familie eines Spielercharakters für dessen Konzept wichtig ist, sollte diese natürlich nicht dahingerafft werden. Allein – in diesem Falle sollte dies auch nicht hilfreich für die Handlung sein, sondern es sollte sinnvoll sein, dass die Familie am Leben bleibt!

In ähnlicher Weise erwarte ich auch, dass die Charaktere untereinander so zusammengestellt sind, dass es zwar gerne Konflikte geben darf – aber bitte keine, die gar nicht oder nur mit der de facto Verunmöglichung der Darstellung eines Charakters lösbar sind.

Bei einer Gestaltung auf einer der Spielwert übergeordnete Ebene, wird die gekünstelte Unterscheidung zwischen den Spieler- und Nichtspielercharakteren aus „Metagründen“ in der Regel gar nicht benötigt. Darüber hinaus ist sie meines Erachtens ohnehin verfehlt.

Kompliziertheit von Spielsystemen als Folge von Simulationismus?

Vor allem meine Behauptung, Battletech sei wenig komplex, führte zu kontroversen Reaktionen. Ich habe mir daher Gedanken gemacht, wie ein Regelwerk gestaltet sein müsste, um, in meinem Sinne, komplex zu sein. Hierbei greife ich auf viele Überlegungen zurück, die mit einigen Freunden zusammen vor Jahren angestellt wurden und für diesen Beitrag rekapituliert und erweitert wurden. Vielen Dank hierfür!

Grundsätzlich erfolgt die Würdigung bei mir vor dem Hintergrund des Simulationsmus. Wie ich an anderer Stelle schilderte, bin ich ein simulationistischer Spieler. Diese Einschränkung ist vornehmlich für Rollenspielsysteme von Belang.

Simulationismus möchte, nach meinem Verständnis, „unlogische“ Regelungen verhindern (z.B. sicherstellen dass bei einem Rollenspiel ein Charakter mehr als eine Waffe tragen darf – gleichzeitig aber nicht etwa 30). Oft wird in Folge ein möglichst weiter Möglichkeitenraum gefordert, der von dem Regelwerk abgedeckt werden sollte. Notfalls könnte (im Falle eines Rollenspiels) auch der Spielleiter Regeln aus dem bestehenden Regelwerk festlegen.

Die Gewährleitung einen möglichst großen Möglichkeitenraum abzudecken, führt, in der hier verwendeten Nomenklatur, zu einem komplexen Spielsystem.

Demgegenüber wird ein Spielsystem auch kompliziert, wenn Regeln zur Erreichung dessen den Spielfluss (subjektiv) hemmen, weil (auch) einfache Aktionen „verregelt“ werden oder über die richtige Anwendung der Regeln diskutiert oder nachgeschlagen werden muss.

In diesem Sinne könnte der Obersatz sein:

Die Abbildung der Spielwelt sollte über ein komplexes, nicht aber kompliziertes Regelwerk geschehen.

Anders gewendet heißt dies, dass der Aufbau der Regeln möglichst einheitlich sein sollte, die Regeln sich aber inhaltlich aber wenig (idealerweise gar nicht) überschneiden.

Eine „Entschlackung“ des Regelwerks sollte daher Komplexität wahren und Kompliziertheit abbauen.

In der Praxis kommt es zudem dazu, dass die Regeln strukturiert verfügbar sein sollten und nicht über mehrere Quellen verteilt. Auch dies macht ein System kompliziert – und zwar immer ohne irgendetwas für die Komplexität gewonnen zu haben.

Im Folgenden einige Beispiele anhand simulationistsicher Systeme. Hierbei wird untersucht, ob diese komplex oder (auch) kompliziert sind.

  • DSA ist ein simulationistisch orientiertes System. Den Spieler(charakteren) stehen viele Handlungsoptionen zur Verfügung – und die meisten davon sind in Regeln gegossen – bis hin zun Skurillen. Ein gutes Beispiel in dieser Hinsicht sind die Unterwasserreiterkampfregeln aus DSA 4.1 – diese sind nur für Randsituationen relevant. Die Regeln, wie lange der Brennvorrat für ein Lagerfeuer reicht, noch seltener. Damit ist das System in jedem Fall komplex – de facto aber auch kompliziert:
    • Bei DSA 4 waren die Regeln für übernatürliches Wirken für klerikale Mächte anders geregelt als für magische Mächte. Obgleich diese Mächte in der Welt verschieden sind, gibt es für eine unterschiedliche Regelung keinen Grund. Die Regeln sind insofern weder überschneidungsfrei noch inhaltlich gleich aufgebaut. DSA 5 kennt sowohl den Wert der übrigbehaltenen Talentpunkte als auch die Qualitätsstufe als Maß für die Qualität einer gelungenen Probe. Dies ist eine Dopplung, für die es keine inhaltliche Rechtfertigung gibt – zumal sich die Qualitätsstufe aus den übrigbehaltenen Talentpunkten errechnet. Hier sieht man ein gutes Beispiel unnötiger Kompliziertheit.
    • Zudem verfolgt DSA 5 bislang eine Publikationsstrategie mit hoher Redundanz. Viele Regeln sind repetitiv aufgeführt, andere über mehrere Werke verteilt. Mit den Kodex-Bänden könnte das besser werden. Die 3W20-Probe ist aus simulationistischer Sicht der 1W20-Probe, die ebenfalls zum Einsatz kommt, deutlich überlegen. In beiden Fällen ist der Erwartungswert 10,5. Im Falle der 1W20-Probe ist die Standardabweichung aber 5,8; bei der 3W20-Probe nur 3,3. Zudem ist bei der 1W20-Probe jedes Ergebnis gleich warhscheinlich. Die niedrigere Standardabweichung und Nicht-Gleichverteilung der Ergebnisse ist vorziehenswürdig, weil sonst (bei der 1W20-Probe) die Wahrscheinlichkeit auch für einen erfahrenen Charakter recht hoch ist, auch eine unmodifizierte Probe nicht zu schaffen. Das ist unrealistisch. Demgegenüber steht, dass die 3W20-Probe für Anfänger etwas schwerer zu lernen ist.
    • Die Zahl der Talente ist sehr umfassend und keineswegs überschneidungsfrei (Akrobatik, Athletik, Körperbeherrschung) oder decken ein zu großes Spektrum ab (Überreden, was Lügen, Feilschen und Vertuschen umfasst). Letzteres ist aber eher ein gamistischer Aspekt.
  • Shadowrun stellt von der Spielweltanlage schon den Anspruch an ein komplexes Regelwerk. Es musste immerhin drei Dimensionen abbilden: Physische Welt, Astralraum und Matrix. Damit geht schon eine gewissen Kompliziertheit einher – aber gegeben die Erfordernisse hält es sich, für meine Begriffe, im Rahmen. Allerdings kann ich nur für Shadowrun bis zur vierten Edition sprechen – die neueren Editionen kenne ich nicht. Shadowrun 3 war durch die „explodierenden“ Würfel unschön, weil hierdurch bei vergleichenden Proben die erwartbare Zahl der Erfolge immer niedriger wurde, je höher die Werte waren – und zwar auch dann wenn die Kontrahenten die gegeneinander probten, gleich hohe Werte hatten. Dies lag daran, dass die Standardabweichung bei höheren Werten immer größer wurde. Simulationistisch ist dies als unschön zu werten.
  • Warmahordes ist hoch komplex. Jedoch ist die Grundmechanik simpel und ermöglicht sehr viel. Die 2W6-Probe ist auch aus statistischer Sicht gut (auch hier liegt eine statistisch schöne Verteilung vor). Das Spiel wird meines Erachtens weniger durch die Sonderregeln der Modelle kompliziert (die stehen immerhin auf der Karte und haben konsitente Bezeichnungen) als mehr dadurch, dass man wirklich gut über alle (!) Modelle mit Sonderregeln informiert sein muss, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Es zeigen sich aber auch Nachteile:
    • Die MK3-Kavallieregeln sind nicht konsistent mit den anderen Mechaniken, da Bewegungs- und Angriffsphase vermengt werden.
    • Die MK4-Bewegungesregeln, sind ein gutes Beispiel dafür, wie man es bei einer Regelentschlackung nicht macht: Während früher jede Figur der Einheit bewegte, wird nun (nur) eine Figur bewegt und die anderen werden um diese herum teleportiert. Hierdurch wurde dem Spiel viel simulationistischer Anspruch und Komplexität genommen. Gleichsam ist die neue Regelung ebenfalls (oder noch mehr) kompliziert, weil sie nicht in das sonstige Regelwerk passt und per se schon kontraintuitiv ist.
  • Battletech ist aus meiner Sicht bedingt komplex.
    • Insgesamt gibt es Regeln für das Meiste, was man mit einem Battlemech anstellen möchte. Gleichwohl sind die Grundmechaniken recht simpel und, zumindest im Kampfe (nur) mit Mechs redundanzfrei. Die vielen Waffensysteme, die insbesondere die Mechs verschieden machen, sind auf dem Mech-Bogen alle verzeichnet.
    • Es gibt jedoch beispielsweise Unzulänglichkeiten bei der Deckung: Ein Berg gibt nur Deckung, wenn man direkt dahinter steht. Ein Kopftreffer ist unplausibel wahrscheinlich, wenn man diese Deckung hat, aber dennoch getroffen wird (Erschwernis aus Deckung: +1 (früher +3), dann aber Chance von 1/6 statt 1/36 auf Kopftreffer). Das Spiel ist insofern sogar unterkomplex. Das Spiel ist auch in anderer Hinsicht unplausibel (und damit simulationistisch schlecht): Bodenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind Fahrzeugen mit Fusionsreaktor insofern überlegen, da erstere keine Wärme aufbauen. Die Unterscheidung ist unnötig kompliziert und gleichsam unlogisch.
    • Gleichsam verfügen die Waffen der Charaktere aus dem Rollenspiel zudem über eine größere Reichweite als die der Battlemechs – die zudem grundsätzlich über eine unrealistisch kurze Reichweite verfügen (Eine ER PPK [Extremreichweiten Partikelprotektorkanone] schießt gerade mal 690 Meter weit. Alles klar. Und die Waffensysteme sind auch sehr unpräzise was die Zielgenauigkeit betrifft, wenn man sie mit Waffen der realen Gegenwart vergleicht.
  • Warhammer 40k habe ich selbst nie gespielt. Mir wird aber unisono mitgeteilt, dass die Sonderregen Legion sind, sich regelmäßig ändern, in sich unschlüssig sind und überall verteilt stehen. Daher ist Warhammer 40k sowohl als komplex und mehr noch auch als kompliziert anzusehen.
  • Demonworld (wer noch weiß, was das ist?), ist meines Erachtens zwar komplex, aber wenig kompliziert.
    • Als ich das vor ein paar Wochen wieder mal spielte, war ich überrascht, wie elegant das System doch ist. Es gibt Formationen, Moralwerte, Magie, Sondermodelle und Vieles mehr – aber alles ist gut handhabbar und in (relativer) Kürze erlernbar. Redundanzen gibt es kaum. Das System leidet nur an einer etwas ungünstigen Mechanik mit nur einem W20 und der damit einhergehenden Standardabweichung beziehungsweise Gleichverteilung. Das mag bei den Angriffen einer ganzen Einheit zu verschmerzen seien. Bei dem Angriff eines sog. Großelements, wie einem Riesen oder bei dem Wirken eines Zaubers ist dies aber unschön, weil man so eine hohe Chance hat, dass selbst der erfahrene Magier oder Riese erfolglos ist.
    • Zudem, aber das ist jenseits des hier Interessierenden, ist die Spieltiefe insofern gering, als dass sich die verschiedenen Truppen nur anhand ihrer Werte aber weniger anhand von Sonderfertigkeiten unterscheiden und zudem auch nur bedingt Synergien zwischen diesen bestehen.
  • Dungeons & Dragons ist ein schwieriger Fall.
    • Das System hat ebenfalls einen simulationistischen Anspruch. Auch ist das Regelwerk in zahlreichen Szenarien, Welten und Hintergründen präsent. Dies macht deutlich, dass es komplex genug ist um Vieles abzubilden. Allerdings ist es mitunter unterkomplex, weil es zum Beispiel verbietet, dass ein Magier ein Zweihandschwert führt – man fragt sich, was denn ist, wenn er es einfach tut…? Solche Setzungen sind simulationistisch nicht begründbar. Zudem ist die 1W20-Probe eine sehr schlechte Spielmechanik, die zudem aber immerhin konsistent durchgezogen ist. Gleichwohl ist es wenig befriedigend, wenn ein schlechtes Konzept überall seinen Widerhall findet. In diesem Fall führt die hohe Standardabweichung und Gleichverteilung der Ergebnisse zu einer zu großen Streuung, so dass auch fähige Charaktere oft in Standardsituationen scheitern.
    • Unter „ferner liefen“ kann man noch einsortieren, dass Talente mitunter von den falschen Attributen („Ability Scores“) beeinflusst werden. So ist es zum Beispiel nicht naheliegend, dass die Trefferwahrscheinlichkeit mit einer Waffe von der Stärke des Kämpfers und nicht von der Geschicklichkeit abhängt. In gleicher Weise sind die Talente („Skills“) selbst deutlich kompliziert, was sich besonders gut im dem Metatalent „Dungeoneering“ der vierten Edition zeigt, dass nicht überschneidungsfrei zu zahlreichen anderen Talenten war. Unterkomplexität kommt hinzu, weil für viele Fertigkeiten kein passendes Talent existiert (z.B. Kutsche fahren).

Ich hoffe, hierdurch wird ein wenig ersichtlich, zumindest im Quervergleich, warum ich Battletech als wenig komplex einschätzte – ich bezog mich hierbei auf die 3025er-Technologiestufe und das Spiel nur mit Battlemechs. In jedem Fall sehe ich nicht, dass Battletech kompliziert ist.

Wie könnte nun ein gutes, im Sinne des vorstehenden Obersatzes, System ausgestaltet sein? Ein Freund von mir entwickelte ein Solches. Es wurde für Dark Heresy und Shadowrun konzipiert. Diese Welten zeichnen sich per se durch den Anspruch einer hohen Komplexität aus, da, wie erwähnt, verschiedene Dimensionen abgebildet werden müssen. Im Kern basiert dieses System auch einer Mechanik, die in ähnlicher Weise bei Fate zu finden ist. Der Mindestwurf ist immer Null. Der Talentwert des Charakters liegt regelmäßig leicht darüber, kann aber durch Zu- und Abschläge verändert werden. Geprobt wird mit 10W6, wobei jeder W6 nur, je zweimal, Plus, Minus und Neutral anzeigt. Ein Plus ist dem Talentwert hinzuzuschlagen, ein Minus zu subtrahieren. Ein neutraler Wert verändert nichts. Jeder Würfel verändert damit im Erwartungswert den Talentwert nicht – und auch alle Würfel zusammen tun dies nicht. Gleichwohl gibt es ein gewisses Zufallselement. Dieser Mechnismus kann auf sämtliche Proben angewendet werden und ist daher nicht kompliziert. In Anlehnung an DSA oder Dungeons & Dragons wird der initiale Talentwert um die Werte der Eigenschaften oder „Ability Scores“ modifiziert. Längst nicht alle Probleme sind hiermit gelöst – aber die Grundmechanik ist besser als alle Obenstehenden.

Ausführliche Informationen dazu gibt es hier:

https://drive.google.com/drive/folders/1ydz3-qTO_jKPPjNVeZy6WbslHxl-cCNV

Ich werde mir Gedanken machen, wie man dieses System auf mein „Heimatsystem“ DSA übertragen könnte.

Spielphilosphie – ein Selbstporträt

Vor einigen Wochen diskutierte ich mit einigen Freunden lustig die halbe Nacht über diverse Nerd-Themen. Hierbei hingen wir recht lange bei Rollenspiel-Theorie fest und ich erfuhr einiges über mich als Spielertyp, was mir in dieser Deutlichkeit bislang nicht klar war. Da diese Einstellungen meine Wertungen hier maßgeblich beeinflussen gebe ich dieses „Selbstporträt“ im Folgenden wieder. Es wird also subjektiv und oberlehrerhaft. Das Folgende bezieht sich zudem ausdrücklich auf das Pen & Paper-Rollenspiel, nur im weiteren Sinne auf LARP und gar nicht auf Tabletop.

Wir griffen bei unserem Austausch auf die Unterscheidung in einen gameistischen, narrativen und simulationistischen Spielstil zurück. Ohne hierbei ins Detail zu gehen – das wurde im Internet schon ausufernd getan – hier nur eine schlagwortartige Beschreibung:

  1. Gamestischer Spielstil legt Wert auf Fairness. Alle Spielern soll also durch das Spielsystem gleichwertige Möglichkeiten eingeräumt werden. Dies bezieht sich mitunter auch auf den Einbezug anderer Charaktere in die Handlung. Mir wurde zudem zugetragen, dass auch im Verhältnis Spielleiter-Spieler Ausgewogenheit herrschen sollte. Teilweise wird auch ein Spielziel als gamestischer Aspekt angefügt. Insgesamt sind die Anforderungen nahe denen, die man an ein typisches Brettspiel stellt.
  2. Der narrativistische Spielstil möchte die Geschichte in den Vordergrund rücken. Diese soll funktionieren. Konsistenz oder Entscheidungsfreiheit sind diesem unterzuordnen. Ein wenig erinnert mich dies an ein Theaterstück, dass wohl die größtmögliche Ausprägung in dieser Weise darstellt. Hier wird praktisch „nur“ die Geschichte rezipiert. Ich habe eine Freundin, die aus dem Theater kommt und nun LARPs veranstaltet – und ihre narrativistische Sichtweise ist unverkennbar.
  3. Beim simulationistischen Spielstil wird versucht, die Spielwelt möglichst schlüssig und „realistisch“ zu gestalten. Mit dem Realismus ist das so eine Sache. Einer meiner Mitspieler sage hierzu: „Realismus ist halt die einfachste Methode zumindest die Illusion von Konsistenz zu haben, da wir einfach nur aus dem echten Leben interpretieren und -polieren, und keine komplexen eigenen Mechanismen erfinden muss.“ Dies im Blick soll Realismus im Folgenden eher im Sinne von Konsistenz oder Schlüssigkeit verstanden werden – wobei ich denke, dass realweltliche Maßstäbe für diese Einwertung Pate stehen.

Ich wusste, dass ich vor allem Simulationist bin. Wie sehr dies jedoch richtig ist, wurde mir erst in diesem Gespräch klar.

Wie ist meine Entwicklung zu einem Vertreter dieses Spielstils zu erklären? Mich fasziniert beim Rollenspiel vor allem die Unendlichkeit der Möglichkeiten. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich beim DSA-Videospiel „Schatten über Riva“ nicht in den Magierturm kam, weil man hierzu einen Schlüssel (oder etwas Vergleichbares) benötigte. Das Spiel bot jedoch nicht die Möglichkeit an, einfach durch das Fenster rechts oberhalb der Türe in den Turm einzusteigen. Das war für mich ein Beleg, dass das Videospiel „unrealistisch“ und Pen & Paper-Rollenspiel viel besser ist: Den dort hätte man mir die Idee nicht so einfach verwehren können.

Im Grunde stelle ich an alle Rollenspiele die Erwartungshaltung, dass sie als Startpunkt eine realweltliche Epoche haben, und diese dann um Aspekte erweitern, welche die Spielwelt ausmachen (geographische Gegebenheiten außen vor gelassen).

In diesem Sinne ist Fantasy für mich in etwa „Mittelalter + Magie + Fabelwesen“. Folglich kann ich mit einem System, dass vereinfachend festlegt, dass ein Magier-Spielercharakter zum Beispiel keinen Zweihänder tragen kann (D&D), nichts anfangen. Denn, realiter, konnte mit Sicherheit jeder Mensch, unabhängig von der Profession, im Mittelalter dem Grunde nach einen Zweihänder führen – wenn auch nicht notwendigerweise gut.

Daher folgend meine Einstellung zum…

1. Narrativismus

Narrativistische Systeme legen aus meiner Sicht häufig zahlreiche unzulässige Beschränkungen auf. So versuchen narrativistische Systeme durch Abstraktion der Regeln diese in den Hintergrund zu drängen um der vorgesehenen Geschichte mehr Raum einzuräumen. In ähnlicher Weise (oder daher) werden die Handlungsmöglichkeiten der Spielercharaktere beschränkt – auch hier vor dem Hintergrund, dass die Geschichte „ungestörter“ ablaufen kann. Typischen Beispiele sind Systeme, die zum Beispiel eine bestimmte Handlung nur ermöglichen, wenn abstrakte Ressourcen dafür vorhanden sind. So könnte eine Behandlung im Krankenhaus die Ressource „Einfluss“ erfordern – egal, ob man die Ärzte besticht oder erpresst oder sogar selbst Arzt ist (Fragged Empire).

Mit Blick auf das obenstehende sollte klar sein, dass ich hierfür wenig übrig habe. Gleichwohl hat der Gedanke des Narrativismus als Spielleiter einen Platz bei mir: Bevor eine Tatsache in der Spielwelt verankert wird, überlege mich mir, ob diese der Geschichte hilft. So erwarte ich, dass die Spieler Charaktere erschaffen, die grundsätzlich in die Handlung passen, diese bereichern – oder zumindest nicht stören. Dies kann sich auf die geographische Herkunft der Charaktere beziehen, aber auch auf deren Einstellung. Auch erwarte ich, dass nur Charaktere erschaffen werden, die eine grundsätzliche Motivation oder zumindest Motivationspotential mitbringen, um an einer Kampagne mitzuwirken.

Sobald ein Charakter aber die „Eignungsprüfung“ bestanden hat, gibt es meinerseits keine Einschränkungen mehr, was der Charakter „tun darf“.

In ähnlicher Weise weiche ich von meinen vorherigen Überlegungen, wie eine bestimmte Gegebenheit in der Spielwelt gestaltet ist, ab, wenn es der Geschichte dienlich ist sowie sonst nicht schädlich – und hier noch keine Festlegung getroffen wurde. War beispielsweise mein eigentlicher Plan, dass die Charaktere eine wichtige Person an Ort A suchen, diese von mir aber an Ort B vorgesehen war, so verschiebe ich sie geschwind an Ort A, wenn dies hilfreich ist – aber nur, wenn keiner weiß, dass sie eigentlich an Ort B sein sollte. Die Spieler merken daher von diesem narrativistischen Eingriff nichts; in der Außenwahrnehmung ist die Welt also konsistent.

Ein weiterer narrativistisch geprägter Aspekt ist, dass ich es bevorzuge, wenn die Charaktere Probleme selbst lösen und nicht zum Beispiel Söldner anheuern. In praxi ist das oft kein Thema, weil die Spieler schließlich die Abenteuer selbst erleben wollen. Falls das im Einzelfall gleichwohl ein Problem ist, sollte sich das Anheuern von Mietlingen nicht per se lohnen: Wäre dem so, wäre der Markt in der Spielwelt „unvollkommen“ – die Spielercharaktere würden besser Konditionen bei Nichtspielercharakteren vorfinden als die Nichtspielercharaktere bei den Spielercharakteren. Das sollte, wenn auch aus simulationistischen Gründen, nicht der Fall sein.

Dem steht übrigens nicht entgegen, wenn Charaktere NSC-Begleiter haben wie Lehrlinge, Leibwächter oder -diener.

2. Gamismus

Gamismus in Sinne von Fairness zwischen den Spielern spielt bei mir eine deutlich untergeordnete Rolle. Da ich beobachten kann, dass reale Menschen unterschiedliche Erfahrungsniveaus haben können, erscheint es mir schlüssig, dass dies auch in der Spielwelt möglich ist. Daher haben Charaktere in meinem Spielrunden sehr häufig unterschiedliche Erfahrungsniveaus. Es ist mir auch ziemlich egal, wenn einzelne Charaktere zur Geschichte nichts beitragen können – solange dies ein temporärer Effekt ist: Wie oben geschildert, überlege ich mir ex ante, ob Charaktere überhaupt Raum in der Kampagne finden. Als „Ausgleich“ achte ich mittel- bis langfristig auf ausgewogene Partizipationsmöglichkeiten.

Hierbei achte ich als Spielleiter auch, gewissermaßen ebenfalls in gameistischer Tradition durchaus darauf, dass die Herausforderungen angemessen für die Charaktere sind. Bedingt durch den, insofern narrativistisch geprägte, „Zulassungsprozess“ der Charaktere, ist dies in praxi nur sehr selten ein Problem.

Es ist auch keineswegs so, dass bei mir als Spielleiter alle Spieler gleich viele Erfahrungspunkte erhalten. Sollte ein Charakter während eines Spielabends, verschuldet oder nicht, nicht an dem Abenteuer teilnehmen, so kann dieser Charakter bei mir weniger Erfahrungspunkte erhalten. In gleicher Weise gebe ich Charakteren, deren Spieler nicht zugegen sind, in der Regel nur 66% der Erfahrungspunkte. Gleichwohl muss ich darauf hinweisen, dass ich de facto in der Regel durchaus gleich viele Erfahrungspunkte verteile – aber eben nicht immer.

Mir völlig unverständlich ist eine gameistische Regel bei DSA 5, dass ein im Spiel erlittener Nachteil (z.B. der Verlust einer Hand), dem betreffenden Charakter Erfahrungspunkte in der Höhe einbringen sollte, als ob er den Charakter bei der Erschaffung gewählt habe.

Ein möglicherweise als gameistisch zu betrachtender Aspekt, im Sinne der Spieler-Spielleiter-Fairness, ist jedoch, dass ich gerne auch die (anderen Spieler) entscheiden lasse, auf welche Charaktere zusätzliche Erfahrungspunkte verteilt werden sollten, weil ich denke, nicht davon ausgehen zu können, dass allein sachgerecht einordnen zu können.

Obgleich mir als Spielleiter natürlich daran gelegen ist, dass die Spieler den Plot verfolgen, so lasse ich es durchaus zu, dass dieser aus dem Augen verloren wird. Wenn ich merke, dass die Hinweise zum Plot hin nicht verfangen, dann gebe ich dieses „Spielziel“ eben auf – und es geschieht etwas anderes. Oder auch, zumindest für den Moment, nichts.

Mit Blick darauf, dass ich aber vorab darauf achte, dass die Charaktere Interesse an den großen Linien haben, kam dieses „Liegenlassen“ beim Hauptplot noch nicht vor. Nebenplots wurden jedoch schon häufiger außer Acht gelassen.

3. Simulationismus

Die vorstehenden Argumentationslinien verdeutlichen bereits mein simulationistisch geprägtes Denken.

Gleichwohl soll im Folgenden meine Sichtweise noch etwas weiter untermauert werden.

Zum einen finde ich es, wie dargestellt, sehr wichtig, dass das Potential des Rollenspiels voll ausgenutzt wird. Das bedeutet für mich, dass den Spielern keine Einschränkungen auferlegt werden, was ihre Charaktere versuchen können. Bei einem Fantasy-Rollenspiel muss zumindest alles möglich sein, weil auch im Mittelalter möglich war. Regelmechanismen die dies verhindern empfinde ich als unzulässig. Hieraus ist nicht zu schließen, dass diese Handlungen von Erfolg gekrönt sein müssen – ein Fehlschlag ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn das Streben (zu) ambitioniert ist. Oder, anders gewendet: Dem Grunde nach darf alles versucht werden – dem Erfolge nach muss man sehen, was die Spielwelt dem entgegenstellt.

Zum anderen möchte ich, dass die Welt glaubhaft und konsistent ist. Das kann ich im Folgenden anhand einiger Beispiele verdeutlichen:

  • Für den unglücklichen Fall, dass ein Konvertierung des Charakters erforderlich sein sollte, verfolge ich grundsätzlich nicht den Ansatz die vorhandenen Erfahrungspunkte (meinetwegen auch nach Multiplikation mit einer Zahl), neu zu verteilen. Ich finde es vielmehr angemessen, im neuen Regelwerk die alten Fähigkeiten des Charakters möglichst nachzuzeichnen und dann Erfahrungspunkte in einer Höhe zu vergeben, dass dieses Ziel genau erreicht wird.
  • In ähnlicher Weise bin ich der Meinung, dass eine Weiterbildung (z.B. ein Zweitstudium für Magier bei DSA) keine Erfahrungspunkte kostet, sondern Erfahrungspunkte bringt. Realiter ist es auch so, dass zum Besuch der Schule oder Universität nicht erst einige Jahre irdisches „Abenteuerleben“ erforderlich ist. Ich plädiere daher für die Vergabe von Erfahrungspunkten für ein Studium in der Höhe, dass dieses genau „bezahlt“ werden kann.
  • Einmal erreichte Setzungen will ich unverändert wissen. Das gilt zum einen für Aspekte, die ich selbst vornehme (Nichtspielercharakter X ist an Ort A wohnhaft – nicht an Ort B; siehe oben) als auch von solchen Setzungen, die durch die Rollenspielproduzenten vorgenommen werden: (Auch) aus diesem Grund bin ich in der Regel auch gegen neue Editionen eines Regelwerks, da diese Setzung häufig missachtet wird. Aus meiner Sicht ist eine neue Regeledition schlicht nicht ermächtigt, Eingriffe in die Spielwelt vorzunehmen. Dies darf nur im Rahmen der organischen Entwicklung innerhalb der Spielwelt selbst geschehen (so aber möglicherweise eine Änderung im Regelwerk begründen oder rechtfertigen). DSA 5 hat hierbei durch das (zwischenzeitliche) Weglassen des ikonischen Reversalis für mich den Erzfrevel begangen. Anders der Wechsel von DSA 3 zu 4: Das Ändern von Spezialgebieten zu Merkmalen hin wurde mit inneraventurischer Forschung begründet – und zudem konnte man sich nach beiden Regelwerkseditionen einen Charakter mit sehr vergleichbaren Fähigkeiten konstruieren.
  • Ich vertrete die Meinung, dass ein bestimmte Herausforderung „für sich“ besteht. Wie stark die Spieler sind, ist nebensächlich. Ein Gegner z.B. ist genauso stark, wie er ist. Wenn nur zwei Charaktere gegen ihn kämpfen würden, wäre mir das gleich. Bestünde die Gruppe nur aus Nicht-Kämpfern (und käme gleichwohl in Konflikt mit diesem Gegner), auch.
  • In meinen Runden starten die Spielabende genau dort, wo der letzte endete. Zeit- oder Raumsprünge finden nicht statt, nur weil das nächste Abenteuer woanders belegen ist. Es ist immer eine Begründung innerhalb der Spielwelt zu finden, warum die Charaktere nun woanders sind und zum Beispiel Reisezeit einzuplanen.
  • Bei Kaufsystemen bei der Charaktererschaffung kosten Stände wie „Adlig“ mitunter Erschaffungspunkte. Das erscheint mir höchst unplausibel. Dies bedeutet nämlich, dass, ceteris paribus, adlige Menschen im Schnitt schwächer/ weniger gebildet etc. sind. Mit Blick auf deren in der Regel bessere Ausbildung und bessere Ernährungsmöglichkeiten, finde ich dies höchst fraglich. Ich neige daher dazu, adligen Charakteren die Punkte zum Erwerb des Vorteils „zurückzugeben“.
  • Solchen Charaktere würde ich auch ohne Weiteres mit NSC-Begleitern ausstatten (siehe oben; gemeint sind zum Beispiel Diener, Leibwächter etc. – auch als Spielercharakter sind solche Rollen natürlich möglich).
  • Die Regelmechanismen müssen grundsätzlich geeignet sein, eine einigermaßen plausible Weltsimulation sicherzustellen. Dies bedeutet nicht nur, dass sie nichts verbieten. Es meint vielmehr auch, dass die Ergebnisse den Erwartungen entsprechen. Ein schönes Beispiel, wo dies nicht erfolgt, ist D&D. Dort wird nur mit einem W20 gewürfelt. Die Standardabweichung ist sehr hoch, gleichzeitig sind alle Ergebnisse (1-20) gleichverteilt. Die Chance eine Probe nicht zu schaffen, ist damit, auch bei hohen Werten, recht hoch. Das entspricht jedoch nicht der Lebenserfahrung – erfahrungsgemäß gelingen erfahrenen Menschen übliche Tätigkeiten recht sicher. D&D hat damit einen unplausiblen Regelmechanismus.
  • In ähnlicher Weise erwarte ich auch, dass das Regelwerk die Spielwelt widerspiegelt. Dies erfolgt beispielsweise bei DSA 4.1 (möglicherweise auch bei 5, da bin ich mir nicht sicher) im folgenden Beispiel nur bedingt: Gemäß der Weltsetzung ist das Rufen von Dämonen mit großen Gefahren verbunden, verspricht aber auch große Macht. Entsprechend bedienen sich gerade mächtige Zauberer der Hilfe von Dämonen. So weit, so gut. Dummerweise ist jedoch das Rufen von Elementaren kaum schlechter (mit dem Ergänzungsband Elementare Gewalten bei DSA 4.1 vielleicht sogar besser). Da diese Spielart der Zauberei nicht mit Gefahren der Dämonologie einhergeht, ist die Regelsystematik hier missglückt. Unter diesen Umständen würde nämlich keiner Dämonen beschwören; das Rufen von Elementaren wäre dominant dazu.

Ich denke, das vorstehende macht meinen bevorzugten Spielstil deutlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser teilweise befremdlich wirken mag. Sei es drum: Ein Mitspieler sagte jüngst, dass Freunde langer Kampagnen oft Simulationisten seien. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Aber falls ja, könnte ich beruhigt sein: Die meisten meiner Mitspieler schätzen lange Kampagnen.