Miniaturen beim Rollenspiel
Für mich sind Figuren (und gerne auch „Gelände“) beim Pen & Paper-Rollenspiel-Kampf eine Bereicherung. Ich kann mich noch gut an frühere, teilweise verwirrende (oder auch frustrierende) Erlebnisse erinnern, wenn der Spieler eines Charakters dachte, letzter könne einem anderen Charakter einen Heiltrank geben – sich dies aber nicht mit der Vorstellung anderer, vornehmlich des Spielleiters deckte, nach denen die beiden Charaktere weit auseinander stünden.
Derartigen Missverständnissen kann man mit Miniaturen abhelfen. Eine Bleistiftzeichnung erfüllt freilich einen ähnlichen Zweck, ist aber weniger ansehnlich. Zudem ist diese wesentlich statischer – verändert sich die Situation bedarf es einer neuen Zeichnung oder es muss radiert werden.
Ein Mittelweg sind Gegenstände, welche improvisiert Akteure und Gegenstände darstellen. Dies ist in der Regel so funktional wie Figuren – allerdings weniger ansehnlich.
Das „Projekt“ Rollenspiel mit Miniaturen, oder am besten ganzen Landschaften, zu spielen, ist daher eine fixe Idee eines machen Rollenspielers (anekdotische Evidenz meinerseits – aber mit großer Stichprobe).
Rollenspielminiaturen kommen und gehen – Beispiel DSA
Damit genug der Vorrede. Auch Rollenspielhersteller erkannten natürlich bereits, dass es Spieler gibt, die gerne Figuren kaufen. Daher gibt es immer wieder dedizierte Rollenspielfiguren zu kaufen. Allerdings ist dies immer eine vorübergehende Sache: Vor drei Wochen auf der RatCon 2024 in Langen wurde verkündet, dass das aktuelle DSA– und Hexxen-Figuren-Geschäft Ulisses‘ an Kraken Wargames (bzw. die Kraken GmbH) verkauft worden sei. So etwas hat bei DSA durchaus Tradition. Es gab bereits verschiedene Generationen von Figuren:
- Bereits in den Achtzigern gab es eine (überschaubare) Auswahl von Miniaturen. Diese Serie wurde 1989 eingestellt.
- Rund zehn Jahre später, in den Neunzigern, erschien die Reihe „Aventurische Miniaturen“, zu denen sich später die Armalion-Miniaturen gesellten, die gleicher Machart sind. Die Herstellung erfolgte über die Hobby Products GmbH. Diese Gesellschaft (die übrigens auch Demonworld im Portfolio hatte) ging 2006 in die Insolvenz – und die Figuren damit aus der Produktion. Seit ca. 2010 sind diese Figuren (und auch Demonworld) wieder über Ral Pharta Europe erhältlich. Meines Kenntnisstandes nach wurden die Formen durch Ral Pharta Europe gekauft und werden nun genutzt, bis sie verschlissen sind. Dies gilt auch für die Demonworld-Figuren, die etwas später auch wieder verfügbar waren.
- Nach Armalion das zweite Tabletop für DSA war Schicksalspfade. Dieses System erschien, zusammen mit Miniaturen im Jahr 2012. In 2014 wurde es eingestellt.
- 2018 startete Westphalia Publishing einen Kickstarter für neue DSA-Miniaturen, die ab 2019 erschienen. 2021 folgte ein zweiter Kickstarter. Hierzu gab es auch das dritte DSA-Tabletop Siebenstreich. Meines Wissens sind von diesen Figuren nur noch Restbestände verfügbar.
- Bei Ulisses erschienen ab 2022 wieder DSA-Miniaturen. Zunächst waren dies Figuren aventurischer Persönlichkeiten wie Borbarad oder Rohal. Später kamen sog. Epische Begegnungen hinzu, die Figuren für eine kleine Szene beinhalteten (denen Epik oft fern war – bei der ersten derartigen Sammlung handelt es sich um den Überfall durch Räuber). Höhepunkt dieser Reihe dürfte eine Miniatur des untoten Drachen Rhazzazors sein. Diese Miniaturen konnten oft auch in einer größeren Variante bestellt werden, denen das Hochskalieren allerdings nicht immer guttat. Zudem wurden später auch Figuren für das Hexxen-Rollenspiel gleicher Machart hinzugefügt.
Diese letzte Reihe wurde jüngst von Kraken Wargames erworben.
Ergänzend hierzu gab es 2004 und 2005 noch etwas größere Figuren nur der sog. DSA 4-Archetypen und derzeit Figuren von Göttern, die ebenfalls Teil der Transaktion mit Kraken Wargames sind. Da all diese Miniaturen aber meines Erachtens nicht dazu bestimmt sind, beim Rollenspiel selbst verwendet zu werden, gehe ich hierauf nicht weiter ein.
Man sieht, dass die Idee Figuren für DSA herauszubringen, alle paar Jahre aufs Neue in die Tat umgesetzt wird. Aber auch, dass diesem Schaffen nie eine lange Dauer beschieden ist. Nur die zweite (und auch größte) Serie aus den frühen 2000dern ist noch verfügbar – aber, wie dargestellt, nur opportunistisch durch Ral Pharta Europe. Investitionen finden nicht statt.
Bei anderen Spielsystemen, die ich kenne, ist das ähnlich: Bei Splittermond gibt es seit rund 2015 Miniaturen – die Reihe wird aber nicht weiter verfolgt; im Webshop des Uhrwerk Verlags sind noch drei Miniaturen verfügbar.
Ökonomische Einschätzung
Meine These ist: Die Zahl der Käufer für Rollenspielminiaturen ist in der Regel klein. Es handelt sich im Wesentlichen nur um eine Teilmenge der Rollenspieler – und Rollenspieler sind bereits eine kleine Gruppe. Die Miniaturen-Käufer haben nach einiger Zeit Figuren. Typischerweise dürfte sie auch bemerken, dass das Kaufen von Miniaturen das eine, das Bemalen jedoch etwas völlig anders ist. Daher dürfte die nachgefragte Menge pro Figurengeneration im Zeitablauf abnehmend sein. Dieser Prozess ist umso schneller, je kleiner die Zielgruppe ist.
Dauerhaft verfügbar sind im Grunde nur dedizierte Rollenspiel-Miniaturen für D&D. Dies ist das größte Rollenspiel überhaupt mit entsprechend vielen Spielern. Die Käuferschicht kann sich damit „regenerieren“. Zudem werden Miniaturen regelwerksseitig von D&D gut unterstützt. Hilfreich dürfte zudem sein, dass hierfür auch bereits bemalte Figuren verfügbar sind.
Die Reihe „Aventurische Miniaturen“, zu denen später Armalion kam, hielt sich immerhin rund zwölf Jahre – zur Hochzeit DSAs, wohlgemerkt.
Als Hersteller hat man, wenn man nicht fremd fertigen lässt, zunächst hohe Investitionen für 3D-Drucker et cetera zu tragen; danach pro Miniatur einmalige Kosten für die Modellierung. Das Gute an der Sache ist aber für den Hersteller: Hat man beides (Produktionsanlagen und Modellierung), kostet die Herstellung fast nichts mehr: Die Kosten des Materials für den 3D-Druck sind minimal. Demgegenüber steht ein konstanter Preis der Miniaturen. Der Deckungsbeitrag pro Miniatur ist daher erklecklich (zumindest relativ – wir sind immer im Rollenspielmarkt!).
Ich gehe daher davon aus, dass es eine bestimmte Menge an Miniaturen gibt, die verkauft werden kann um (hoffentlich) diese Fixkosten zu decken und auch einen darüber hinausgehenden Deckungsbeitrag zu erwirtschaften. Diese Menge kann aber nicht beliebig weiter skaliert werden (oder nur unter Inkaufnahme von Rabatten), weil der Markt schließlich gesättigt ist. Ab diesem Zeitpunkt verschwindet eine Figurengeneration langsam vom Markt.
Nur wenn man, wie Ral Pharta Europe, die Modellierungskosten pro Figur nicht tragen muss und zudem ohnehin über umfassende Fertigungskapazitäten für zahlreiche Miniaturenreihen verfügt, ändert sich die Betrachtungsweise: Dann können alte Modelle für eine kleine Käuferschicht weiter produziert werden. Die hierzu noch anfallenden Kosten sind vor allem Materialkosten – bei 3D-Druck minimal; bei Metall sicherlich etwas höher, zumal hier auch Formen erneuert werden müssen.
Exkurs 1: Wäre es eine Alternative, nicht selbst zu fertigen? Ja. Dann werden die Kosten für die Produktionsanlagen gespart. Allerdings wird der Produzent wissen, dass die Herstellung der Miniaturen mit geringen Kosten und mutmaßlich hoher Marge einhergeht. Daher wird er versuchen, hiervon einen möglichst großen Teil zu erlangen. Die Verhandlungsmacht von Rollenspielverlagen schätze ich nicht so ein, als ob sie dem viel entgegensetzen können. Exkurs 2 : Ist das nicht bei allen Rollenspielprodukten so? Nein. Der entscheidende Unterschied ist meines Erachtens, dass Miniaturen beim Rollenspiel immer nur optional sind. Das macht den Markt nochmals kleiner, als bei einem üblichen Rollenspielprodukt, wie vielen Büchern. Auch kann ein Rollenspielverlag auch kaum über eine neue Auflage weitere Miniaturenkäufe generieren. Es gibt nur wenig Gründe, einen neuen Ork für Rollenspielkämpfe zu kaufen, wenn man schon ausreichend Orks hat. Bei Rollenspielen sind Miniaturen nur selten systemexklusiv – man kann oft weiteres auf andere, auch systemfremde, Miniaturen ausweichen – und muss dies auch, da kein Miniatursortiment vollständig ist. Daher ist es auch ohne Weiteres möglich, Freebooters Fate-Figuren bei Hexxen zu verwenden, wie nun angekündigt. In gleicher Weise können die Piratenfiguren Freebooters Fates auch für viele andere Rollenspielsysteme eingetzt werden – eine offizielle Freigabe braucht es dafür nicht. |
Dies im Blick, bin ich gespannt, wie lange Kraken Wargames DSA-Miniaturen produzieren wird. Zumal sie sonst kaum Miniaturen im Angebot haben, also insoweit wohl keine Synergien werden heben können. Im schlechtesten Fall für Kraken Wargames hat Ulisses die relevante Menge schon abgesetzt.