Charakterdarstellung

Die Handlung beim Rollenspiel 2.0 – „Storytelling“ und Immersion für Fortgeschrittene: Ein Erlebnisbericht

Handlung als Primat im Rollenspiel?

Seit einiger Zeit schon gewinne ich meine Rollenspielfreude (als Spieler) aus der Charakterdarstellung. Daher auch die Mühe, neue Charaktere zu erstellen – sie müssen mich in der Darstellung wirklich begeistern. Jüngst wurde mir klar, dass mein Fokus auf der Charakterdarstellung zumindest teilweise daran liegt, dass mich die Handlung in vielen Fällen nicht mehr überwältigen kann – ich habe einfach schon zu viel gesehen. Auch auf dem Liverollenspiel war es (bewusst) schon seit langem ein Trick, eine als weniger gut gelungene Veranstaltung durch eigenes Rollenspiel auszugleichen.

Jüngst aber wurde ich verblüfft: Vor einiger Zeit schon wurde ich (zusammen mit einigen anderen) von einem mir vormals unbekannten Spielleiter angesprochen, ob wir Lust hätten, sein System mal zu probieren. Der Kontakt kam über einen Spieler, den ich schätze und so sagten ein paar Freunde und ich zu.

Dieser Spielleiter wollte ein cineastisches Rollenspiel in der Tradition der Filme Christopher Nolans anbieten. In der Jetztzeit. Nun war ich mir keiner Filme Christopher Nolans bewusst (ich weiß mittlerweile, dass ich welche kenne) und bin daher eher in die Sache hineingestolpert. Das sollte sich als äußert lohnenswert herausstellen.

Die Handlung war anders als Vieles, was ich vom Rollenspiel bislang kannte. Mir war mein Charakter bekannt (ich hatte ihn selbst gewählt) und dass wir mehr oder weniger in der Jetztzeit auf der Erde spielen. Sonst nichts. Das Spiel begann unmittelbar in einer dynamischen Szene – ohne dass mein Charakter wusste, warum er da war und auch, ohne die anderen zu kennen.

Das Spiel zeichnete sich auch später durch abrupte Szenenwechsel aus – wie es sonst in einem Film mitunter vorkommt. Hierbei war es regelmäßig so, dass uns Spielern unklar war, warum ein „Schnitt“ erfolgte und wo wir plötzlich waren. Der guten Form halber sei erwähnt, dass die Handlung auch sehr gut durch Filmmusik hinterlegt war und viele Nichtspielerfiguren ein Porträt hatten, dass der Spielleiter zeigen konnte.

Am Ende löste sich alles fulminant auf – die losen Enden wurden verknüpft und mit einer besonders verblüffenden Entdeckung endete die Kurzkampagne. Ich war wirklich begeistert ob des Finales und wie sich alles zusammenfügte. Noch einige Tage sinnierte ich hierüber.

Ich war jedenfalls begeistert. Und das in erster Linie der Handlung wegen – so etwas kannte ich nicht. Mein Charakter war zwar auch ganz nett – aber das war sicherlich nicht, was die Erfahrung prägte. Dies im Blick – was kann ich daraus lernen? Gerade, weil ich häufig selbst Spielleiter bin. Folgende Punkte dürften entscheidend sein:

  • Verwendung der realen Welt als Handlungsort
  • Plötzliche Wendungen in der Geschichte
  • Nicht-linearer Handlungsverlauf

Verwendung der realen Welt als Handlungsort

Das Spiel auf der „realen Erde“ als Spielwelt geht zunächst mal mit Nachteilen einher: Die Realität ist für viele im Vergleich zu Phantasiewelten vermutlich trist – warum sonst spielen die meisten Rollenspiele in einer übernatürlichen oder Science Fiction-Welt?

Allerdings hat ein Spiel in der Realwelt einen unschlagbaren Vorteil: Das Quellenmaterial ist wirklich sehr umfassend! Und hiervon machte der Spielleiter reichlich Gebrauch. Insbesondere wählte der Spielleiter nicht nur historische (reale) Ereignisse unserer Welt als Bestandteile seiner Spielwelt, die jeder kennt und sich in sich das kollektive Gedächnis eingebrannt haben. Plötzlich erschienen diese in einem ganz neuen Licht – als Sicht des Plots war die neue Erklärung überaus überzeugend, ja zwingend (wer sich ein wenig an Verschwörungstheorien erinnert fühlt, liegt wohl ganz richtig).

Der Bezug auf die Realwelt war daher ein Grund für die Plastik des Rollenspiels und der Immersion keinesfalls abträglich.

Plötzliche Wendungen in der Geschichte

Es ist sicherlich keine Innovation per se, die Handlung durch Überraschungen und Wendungen anzureichern und spannend zu machen. Aber die Umsetzung dieser einfachen Erkenntnis ist oft schwierig und erfordert viel Nachdenken und frische Ideen. Aber auch hier brillierte der Spielleiter.

Bei der ex post-Betrachtung dieser meine ich aber ein, zumindest potentielles, Problem auszumachen: Sie könnten sich verbrauchen. Mit anderen Worten: Unerwartete Geschichten zu schaffen wird immer schwieriger. Chapeau dem, der es hier geschafft hat.

Nicht-linearer Handlungsverlauf

Ich kenne Rollenspiel im Grunde nur so, dass man zu einem Zeitpunkt in die Handlung einsteigt und alle Ereignisse danach hierauf aufbauen und daher in aller Regel auch chronologisch sind. Zeitreisen stehen hierzu in keinem Widerspruch, weil diese in der Regel entweder in eine Zeit führen, die keine Berührung mit der „Gegenwart“ hat und zum anderen immer Ergebnis von Handlungen in der Gegenwart sind. Sie bauen also auf den vorhergehenden Ereignissen auf und sind hierdurch für die Spieler nachvollziehbar.

Nicht so hier: Das Spiel bestand aus Szenen, die zunächst eohne Zusammenhang zu sein schienen. Erst im Laufe der Handlung (und zwar eher zum Ende hin), setzten sich die Puzzlestücke zusammen. Das war bemerkenswert!

Allerdings war die Handlung meist so gestrickt, dass die Charaktere ihr Gedächtnis aus verschiedenen (und plausiblen) Gründen zu Beginn der jeweiligen Handlungsversatzstücke nicht oder nur teilweise hatten. Das kann man zwar als Spielleiter so gestalten – aber zu häufig sollte man dieses Stilmittel wohl nicht verwenden, denke ich. Und anders geht es vermutlich nicht: Wenn, alternativ, die Spieler einen künftigen Handlungsteil spielen ohne die Vorgeschichte dazu gespielt zu haben, und daher das Wissen hieraus nicht haben (die Charaktere aber schon), wird es paradox. Daher ist ein nicht-linearer Handlungsverlauf aus praktischen Gründen aus meiner Sicht nur selten möglich.

Zudem geht dieses Elementmit einem Nachteil einher: Wenn den Spieler klar wird, dass eine bestimmte Szene eine bereits gespielte bedingt, werden die Handlungen der Charaktere de facto dahingehend eingeschränkt, dass die Szene auch wirklich zur nächsten führt. Dies limitiert die für mich sehr wichtige Entscheidungsfreiheit der Spieler beziehungsweise Charaktere.

Fazit

Für mich war das Rollenspielerlebnis wirklich bemerkenswert und ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein. Falls einer der werten Leserschaft je die Möglichkeit haben sollte „Die Sache Benjamin“ zu spielen – nutzt die Chance!

Und vielleicht kann man das Erlebnis ja mit großartiger Charakterdarstellung kombinieren…

Verhalten im Rollenspiel: Im Charakter bleiben. Sollen, können, wollen…?

Um es gleich vorwegzunehmen: Beim Rollenspiel sollte der Spaß immer im Vordergrund stehen.

Aber da fängt die Schwierigkeit schon an! Für den Einen reicht es, irgendeinen Charakter zu entwickeln und dadurch einfach eine gute Zeit zu haben und vielleicht sogar im Grunde sich selbst zu spielen oder so, wie der Spieler im echten Leben gerne wäre. Andere wieder nutzen den Rollenspielabend eher als spaßige Plauderstunde und Trinkrunde. Der nächste möchte einfach nur den Plot vorantreiben und achtet evtl. gar nicht auf die Welt und die Charaktere um sich herum. Ein wieder anderer würde am liebsten in einer mittelalterlichen Sprache sprechen. Andere wieder bevorzugen das Ausleben des erstellten Charakters in allen Details und der Plot ist eventuel gar nicht so wichtig.

Das „Problem“ ist, dass die meisten Gruppen aus Mitgliedern verschiedener Interessenlagen bestehen. Deshalb werde ich im Folgenden meine Sicht der Dinge wiedergeben.

Ich persönlich habe einen Leitsatz im Leben, dem ich folge und der sich bis jetzt immer bewährt hat: Extrem ist nie gut und die Wahrheit liegt immer in der Mitte. Also sollte es auch möglich sein, mit Toleranz und Rücksicht einen guten Kompromiss für alle Spieler zu finden.

Mir persönlich kann man jeden beliebigen Charakter in die Hand drücken und ich werde den schon einigermaßen gut spielen können. Nach fast 30 Jahren Rollenspiel, erkenne ich Stärken und Schwächen normalerweise schnell und weiß die Fähigkeiten und Eigenschaften auszuspielen. Schwieriger wird es allerdings den jeweiligen Charakter als dessen „wahre“ Persönlichkeit im Kontext der jeweiligen Welt und der kulturellen Interaktion zu spielen. Dies zu schaffen, ist ein wahres Meisterwerk und muss vielleicht auch gar nicht das oberste Ziel sein. Dennoch finde ich es wichtig, eine Annäherung zu schaffen. Dafür sind viele Systeme leider jedoch nicht ausgelegt. Eine sehr ausführliche Weltbeschreibung, Fähigkeiten und Sonderfertigkeiten, hunderte von unterschiedlichen Waffen und Rüstungen, Stammbäume, die weit zurückreichen, komplexe Götter- und Kultbeschreibungen, Historie bis ins Kleinste, kulturelle Abhandlungen und dergleichen – alles kein Problem. Aber etwas konkretere Charakterzüge sind oft Fehlanzeige. Klar, die kann man sich selber ausdenken aber nach meiner Erfahrung machen viele das nicht und die Meisten werfen dieser erdachten Eigenschaften schnell in verschiedenen Situationen über Bord. Aspekte wie Vor- und Nachteile gehen in verregelter Form in diese Richtung, sind dann aber oft auch gleich extrem. Wie z.B. bei DSA der Fall: Goldiger, Jähzorn, Raumangst und so weiter.

Aber warum nicht sowas:

  1. Still, zurückhaltend, vorsichtig aber auch berechnend
  2. Selbstbewusst, mutig, wachsam aber auch streitlustig
  3. Wissbegierig, neugierig, gelehrt aber auch unachtsam

Solche und ähnliche Eigenschaft, bringen doch gleich viel mehr Würze in die Charakterdarstellung ohne gleich extrem penibel zu werden und helfen dem Charakter in verschiedenen Situationen auch den Charakter zu spielen und nicht sich selbst.

Ein weiterer Punkt, den ich auch oft beobachte, ist der Umgang mit Sozialstatus, Wissen und Kulturkreisen. Spieler – besonders solche, die auch Spielleiter sind und/oder die Regeln sehr gut kennen – sind oft viel zu forsch bis hin zu arrogant, übermütig gegenüber Nichtspielercharaktern und agieren im Spiel mit einem Wissen, dass der von Ihnen gespielte Charakter gar nicht haben dürfte. Ein einfacher Soldat weiß eben nicht viel von der Welt. Obrigkeit (Adel, Militär und Geistig) wird geachtet und auf Befehle gehört. Ein Waldläufer kennt vielleicht eher die Welt, kann aber wahrscheinlich mit Etikette und sozialem Gebaren nur wenig anfangen und wird oft ins Fettnäpfchen treten. Gelehrte, wie Magier, sind wahrscheinlich vielwissens aber oft nur in der Theorie. Auch solche Aspekte spiegeln sich in der Darstellung oft nur bedingt wieder.

Barbaren haben nicht den Durchblick im adligen Intrigenspiel, Eine Gruppe von Lowlevel-Charakteren reagiert cool und routiniert bei Ihrem ersten Kampf oder bei Kreaturen die sie nicht kennen. Der erste Untote wird einfach niedergekloppt. Magier benehmen sich oft arrogant und anmaßend. Das Alles hat mit einer Wirklichkeit nichts zu tun (auch wenn sie fiktiv ist). Das finde ich oft schade. Warum dann überhaupt Charaktere mit Klassen und Kulturhintergrund entwickeln? Dann reicht doch ein Einheitscharakter mit wenigen stark ausgeprägtem Schwerpunkten und sehr grober Hintergrundgeschichte.

Zum Thema Wissen hat Shadowrun einen guten Ansatz. Hier gibt es eine Palette von vorgefertigter Wissensfähigkeiten aber der Spieler kann sich auch welche ausdenken. So ergeben sich auch weiter Detaillierungsgrade von Spielern.

Beispiel, welche nicht unbedingt regeltechnisch vorhanden sein müssen

  • Dieb: Gassenwissen, Stadtwissen der Stadt X…; Gildenwissen, Hehler wissen, Wissen über Verstecke/Geheimgänge, Geheimnisse Adlige, Wissen Straßenkinder, Schwarzmärkte usw.
  • Söldner: Waffenkunde, Rüstungskunde, Militärwesen, Kriegskunde, Allgemeinwissen, Belagerungsgeräte, Rassenkunde, Kulturwissen, Wissen Söldnereinheiten usw.
  • Magier: Allgemeinwissen, Magiekunde, Kreaturenkunde, Kulturen, Rasen, Wissen magische Gegenstände, Wissen Mythen und Legenden usw.
  • Waldläufer: Kreaturenkunde, Allgemeinwissen, Wissen Natur und Naturphänomene, Wissen Schusswaffen, Wissen lokale Gerüchte und Geheimnisse in der Region X…, und wo weiter

Das würde wiederum dazu führen, dass ein weiter Detaillierungsgrad entsteht, an dem sich die Spieler orientieren können. Und wenn der Dieb nun mal kein Wissen über Kreaturen hat, erstarrt er halt vor seinem ersten Zombie. Klar kann man sich das Alles ausdenken auch ohne Alles aufzuschreiben aber nach meiner Erfahrung (mich eingeschlossen) verfällt man schnell wieder zu dem „Allwissenden Ich“ zurück. Hier entsteht natürlich auch das ewige Thema zwischen zu detaillierten Charakteren/Systemen und zu simple Charaktere/Systemen.

Mein Fazit:
Tja das ist jetzt gar nicht so leicht. Einfach aber nicht simpel. Detailliert aber nicht streng und dogmatisch. Komplex aber nicht kompliziert. Lustig aber nicht albern. Unterhaltsam aber nicht langatmig
Berechnen wie lange das Feuerholz brennt. Beim Schuss, Sichtverhältnisse, Windgeschwindigkeit, Sonnenstand, Nebel usw. einfließen lassen. Ein Soldat weiß außer dem Kriegshandwerk nichts – definitiv nein.
Ein Barbar der weiß, wo man Einhörner fängt, Schwachstellen von Dämonen kennt, sich bei Hofe richtig verhält und auch in der Stadt eine Idee hat, wo man die Diebgilden findet. Zugleich je nach Situation mal forsch, mal zurückhaltend, mal wissbegierig mal uninteressiert. Mal nach vorne rennt, mal zwei Schritt zurückgeht. Wie es halt situativ am besten für den Charakter ist – definitiv auch nein.
Bleibt mir nur noch zu sagen: Die Wahrheit liegt in der Mitte und Spaß ist, was ihr draus macht.

Sprachstile und Rollenspiel

Bei einem Fantasy-Rollenspielabend vor wenigen Wochen hatten wir eine neue Spielerin dabei, die zudem vergleichsweise jung war (Mitte 20). Ich kannte sie bereits ein wenig und eine bei uns sehr etablierte Spielerin kennt sie seit vielen Jahren. Der Abend war auch sehr lustig.

Mir fiel allerdings eine, für meine Begriffe, umfassende Verwendung von Anglizismen auf, die ich, offen gestanden, nur suboptimal fand. So misslang eine Probe nicht, sie wurde „gefailt“. Etwas gelang nicht sicher sondern „save“. Dies wurde als „Jugendsprache“ bezeichnet.

Auch in einer anderen Runde, verwendet vor allem ein, mit mir vergleichbar alter, Spieler, der jedoch seit langem im Ausland lebt, häufig englische Lehnwörter wie „Meeting“ (statt Zusammenkunft oder Austausch). Vor vielen Jahren hatte wir mal einen Magier der „Bannbaladin – ging, ey“ sagte, um einen erfolgreichen Zauber darzustellen. Darüber wurde noch lange gesprochen.

Die Beobachtung ist nicht auf Anglizismen beschränkt. Auch Wörter wie „Alter“ oder „Digga“ (statt Freund) „geil“ (statt großartig, man beachte die hier kontrovers diskutierten Varianten der Herr der Ringe-Übersetzung), finde ich beim Fantasy-Rollenspiel unpassend.

Perspektivisch frage ich mich, ob irgendwann im Fantasy-Rollenspiel gegendert wird. Auch dies empfände ich als höchst unschicklich.

Es stellen sich damit zwei Fragen für mich:

  1. Ist das überhaupt ein Problem?
  2. Wie soll ich damit umgehen?

Mir wurde verdeutlicht, das meine „Ausgangslage“ mein persönlicher Sprachstil ist. Diesen würde ich als klassisch hochdeutsch bezeichnen. Abweichungen davon fallen mir auf. Auch im beruflichen Kontext, sofern das Gespräch auf deutsch geführt wird, fällt mir die vermehrte Verwendung von Anglizismen durchaus auf.

Man muss aber freilich sehen, dass jemand anderes schlicht einen anderen Referenzrahmen haben kann. Dann sind andere Ausdrücke üblich.

Ich bin, wie bereits geschildert, der Auffassung, dass gerade Pen & Paper-Rollenspiel ganz wesentlich von der Sprache lebt. Bei einem Fantasy-Rollenspiel ist daher, aufgrund der Anleihen am Mittelalter, eine etwas altertümliche Sprache meines Erachtens naheliegend.

Nun weiß freilich auch ich, dass beim Fantasy-Rollenspiel mitnichten das Deutsch des Mittelalters gesprochen wird – gleichwohl war es für mich immer Usus, sich zumindest einer subjektiv altertümlichen Sprache zu bedienen – auch wenn diese so vielleicht historisch nicht existierte (am ehesten dürfte es das Deutsch von Dichtern wie Goethe oder Schiller sein).

Der Versuch der Förderung der Immersion ist auch keineswegs auf die Sprache beschränkt – man denke nur an die Hintergrundmusik, „stimmige“ „Handouts“ oder ggf. Kerzen. In einzelnen Abenteuern werden sogar Empfehlungen für die Farbe des Lichtes oder für das Essen gemacht. Jüngst las ich, man solle den Spielern die Augen verbinden, um die Situation der Charaktere möglichst gut nacherlebbar zu machen.

Dies im Blick finde ich es ist nicht vermessen, von jedem individuellen Bezugspunkt aus einen Schritt in eine etwas „stimmigere“ Sprache zu machen.

Wie also damit umgehen? Die Sache ist kniffelig. Schnell schließt man mit zu forschen Forderungen Spieler aus und die  Exklusivität der Alt-Rollenspieler getadelt. Ich möchte nicht ausgrenzend sein. Aber gleichzeitig möchte ich auch ein, ich denke nicht nur für mich, schönes Rollenspiel.

Zu Lösungen innerhalb des Spieles bieten sich an:

  1. Als Notbehelf kann man einzelne Wörter in die Spielwelt einfügen. „Okay“ ist beispielsweise in Aventurien ein mohisches Wort. Ein netter Kunstgriff – in den meisten anderen Fällen aber nicht umsetzbar.
  2. Man könnte die Spielwelt auf das unbekannte Wort reagieren lassen. Bei „Wir machen ein Meeting.“ könnte die Reaktion sein: „Was sagt Ihr? Ihr wollt einen Mietling machen? Nun Söldner findet ihr dort vorne zuhauf – allein, ich weiß nicht, wie uns das nützen mag.“

Das kann an schon mal machen – hat aber auch etwas Oberlehrerhaftes.

Es bleiben daher Lösungen außerhalb des Spieles: Jeder kann einfach ein wenig an seiner Wortwahl feilen. Auch das Ihrzen muss erst mal gelernt sein. Daher ist vielleicht die beste Lösung, den Wunsch nach einer etwas modifizierten Sprache mit Bedacht zu äußern, aber im Grunde jedem auch Zeit zu geben, sich insoweit zu entwickeln. Im Übrigen: Ganz anders sieht es ja bei SciFi-Rollenspielen aus! Bei Shadowrun zum Beispiel finde ich jedes der oben stehenden Wörter sehr passend!

Die Anforderungen an die Darstellung im LARP – bei Magie und sonst

Die LARP-Szene hat sich, seit dem es LARP gibt, vor allem (aber nicht nur), bei den Kostümen erheblich weiterentwickelt. Während in den Anfangstagen ein grauer Pulli ein Kettenhemd oder ein Bademantel eine Magierrobe darstellte, ist dies heute undenkbar. Es ist daher naheliegend, dass höhere Ansprüche auch sonst um sich griffen: Waffen sehen mittlerweile viel besser aus, es gibt mitunter schöne Dungeons, Iglo-Zelte sind zunehmend verpönt und dergleichen mehr. Wenig verwunderlich betrifft das auch die Darstellung von Magie im LARP. Aber so einfach ist die Sache nicht.

Im Grunde herrscht bei LAPR das Postulat, dass alles gut dargestellt werden soll. Das macht freilich Sinn. Diese Maxime geht soweit, dass klassische Regelwerke mittlerweile im weiten Teilen abgeschafft sind und häufig nach DKWDDK („Du kannst, was Du darstellen kannst“) oder sogar nach „DKWDK“ („Du kannst, was Du kannst“) gespielt wird. Weil DKWDK Magie de facto verbannt, ist das für die weitere Diskussion wenig hilfreich.

Aber auch DKWDDK kann als problematisch betrachtet werden. Da die Darstellung übernatürlicher Effekte naturgemäß schwierig ist, führte dieses „Regelwerk“ dazu, dass viele Zauber vom LARP verschwunden sind. Als Beispiel mag hier Unisichtbarkeit dienen. Während früher eine Faust auf der Schädeldecke üblich war, um Unsichtbarkeit anzuzeigen, ist dies heute kaum noch möglich. Auch Verwandlungszauber sind aus selbem Grunde seltener geworden. Teleportation und Zeitstopp ebenfalls.

Andererseits ist für andere Zauber die Darstellung in vielen Fällen seit Jahren unverändert. Kampfzauber werden unverändert über geworfene weiche Gegenstände simuliert. Für die Darstellung eines Windstoßes genügt in der Regel unverändert das Wedeln mit einem Fächer.

Die faktische Eliminierung schwer darzustellender Zauber resultiert in einen Trend in Richtung low fantasy. Das kann man begrüßen oder auch nicht.

Was mich stört ist, dass die Anforderungen an die Darstellung von Magie zwar dem allgemeinen Trend hin zu einer bessereren Darstellung entsprechen, jedoch mitunter inkonsistent sind. Dies soll anhand von Beispielen dargelegt werden:

  1. Der bereits dargelegten weggefallenen „Darstellungserlaubnis“ für Unsichtbarkeit steht entgegen, dass vor allem Nichtspielercharaktere sich weiterhin „outtime“ (das heißt, mit gekreuzten Armen laufend, was bedeutet, dass diese im Spiel nicht existieren) bewegen dürfen. Beides fordert exakt dieselbe Abstraktionsmühe von den Con-Teilnehmern. Dennoch ist Unsichtbarkeit unüblich und „Outtime“-Bewegungen allgegenwärtig. Man könnte jedoch einwenden, dass sich „outtime“ bewegende Nichtspielercharaktere für viele Handlungen zwingend sind, Unsichtbarkeit aber nur fallweise.
  2. Nur ist es so, dass keineswegs das Argument der zwingende Erfordernis im Allgemeinen sticht. Ich verweise auf das sog. Flatterband, ein in Brusthöhe gespanntes Seil, dass eine Palisade andeuten soll und die Vorstellungskraft damit arg strapaziert. Es wäre jedoch möglich, diese Palisade ohne Flatterband, nämlich in Form einer echten Palisade darzustellen.

Die Liste ließe sich erweitern. Der Zauber Zeitstopp ist oft ebenfalls nicht mehr vorhanden, den „Time Freeze“ der Spielleitung gibt es aber noch.

Ergänzend ist noch darauf zu verweisen, dass Nichtspielercharaktere häufig eine besonders schlechte Magie-Darstellung an den Tag legen. Oft wird sogar nur das Schlüsselwort gerufen – von einer Formel oder Komponenten ist nichts zu sehen. Gameistisch ist das unverständlich.

Ich würde mir daher etwas mehr Toleranz auch bei der Darstellung von Magie wünschen. Zumal, den obenstehenden Beispielen entgegenstehend, an anderer Stelle, die Möglichkeiten bei der Darstellung von Zauberei längst noch nicht ausgeschöpft sind. Hier könnte meines Erachtens angefangen werden:

  1. Softbälle, die magische Geschosse oder an einer Schnur über dem Kopf kreisend genutzt werden, um einen Schutz zu simbolisieren, könnten beleuchtet sein.
  2. Es gibt sogar kleine „Feuerballwerfer“, mit dem man, zur Darstellung von Kampfzaubern, kleine Flammenstöße ausstoßen kann.
  3. Magische Wälle können ebenfalls mit Leuchteffekten ausgestattet sein.
  4. Nebel hilft ebenfalls sehr bei der Darstellung von Zauberei.
  5. Bei Hellsichtmagie kann mit einem Laserpointer, der Muster wirft, die „magische“ Struktur dargestellt werden.
  6. In gleicher Weise kann Schwarzlicht vorher mit einem entsprechenden Stift angebrachte Runen sichtbar werden lassen.
  7. Gerade bei Ritualen bietet sich die Verwendung von Pyro-Effekten an. Damit wird der „magische“ Effekt deutlich plastischer. Ggf. ist auch Musikuntermalung klasse.

Unnötig zu erwähnen, dass ich all dies für meinen LARP-Magier habe und nutze. Für weitere Hinweise und Tipps bin ich aber sehr dankbar! Es ist sicherlich noch weit mehr möglich.

Die Erwartungshaltung ist jedoch schizophren: Solche realweltlich möglichen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Darstellung werden nicht verlangt; man begnügt sich mit dem Bekannten – jedoch nur bei Spielercharakteren. Gleichwohl wird nicht mit Vehemenz die, gleichfalls realweltlich mögliche, Abschaffung beispielsweise des „Flatterbandes“ gefordert.

Demgegenüber wird die unmögliche Darstellung von beispielsweise Unsichtbarkeit verlangt – und aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Zauber verworfen. Dies gilt jedoch nur für Spielercharaktere – Nichtspielercharakteren oder der Spielleitung sieht man diese unvollkommene Darstellung nach.

Mein Appel: Alles (magisch oder nicht) sollte – freilich abhängig von Setting – grundsätzlich im Spiel möglich sein, erfordert aber das Maximum an Darstellung, das realweltlich denkbar ist.* Dies gilt für jeden Con-Teilnehmer.

*Ich weiß – hier könnte diskutiert werden, was „realtweltlich denkbar“ heißen mag. Ich bin der Meinung, dass die Untensilien zur Darstellung von einer Person ohne Weiteres am Körper getragen und genutzt werden können. Mir ist klar, dass eine andere Wertung möglich und legitim ist.

Geschlechterrollen (nicht nur) im Pen & Paper-Rollenspiel – im Spiel und am Spieltisch

Ich bin ja primär mit DSA „rollenspielsozialisiert“ – und da war Gleichberechtigung schon immer wichtig. Es gibt daher keine Boni oder Mali nach Geschlecht (man könnte ja annehmen, dass männliche Charaktere einen Bonus auf Körperkraft bekommen oder weibliche auf Intuition – all das gibt es aber nicht).

Nur in Einzelfällen gibt es eine Unterscheidung. Nur Frauen dürfen Amazonen sein. Und bis vor kurzem nur Männer (sofern sie Zwerge sind), Geoden. Geoden sind de facto Zwergen-Druiden.

Die Änderung bei den Geoden kam mit DSA 5. Vorher waren Geodinnen nicht möglich. Wer mich kennt, kennt meine Aversion gegen Änderungen in der Spielwelt – also finde ich auch diese Änderung schlecht. Zumal sie vermutlich rein realweltlich-politisch motiviert ist. Und das ist die schlechteste Ursache, die mir momentan einfällt. Zumal Amazonen weiter nur Frauen sein dürfen. Selbst wenn man der realweltlichen Logik folgen würde, wäre diese also inkonsequent umgesetzt. Gleichwohl kommt mir diese Inkonsequenz entgegen – sonst wäre ja noch etwas geändert worden.

Mit Blick darauf, dass die Zahl der Geoden schon gering war, ist die Änderung im Ergebnis wohl ohnehin für die allermeisten Spielgruppen egal.

Früher wurde diskutiert, ob es Ritterinnen geben sollte. Es wurde die Meinung vertreten, Ritter seien immer männlich – dafür seien Amazonen immer weiblich. Diese Argumentation hörte ich lange nicht mehr – und teile sie auch nicht, da ich mir Ritterinnen sehr gut vorstellen kann.

Neben dieser regeldogmatischen Betrachtungsweise gibt es eine Weitere. Ich frage mich als Spielleiter bei vielen Nichtspielercharakteren, was wäre, wenn diese das jeweils andere Geschlecht hätten. Häufig ändert sich hierdurch mein subjektiver Blick auf den Nichtspielercharakter. Das finde ich spannend (und vielleicht sagt es was über mein rückständiges Weltbild aus). Ich finde auch, dass man sich bei Nichtspielercharakteren immer die Frage stellen sollte, ob wie diese andersgeschlechtlich wirken würden. Als Beispiel könnte man Borbarad nehmen – den bösen Schwarzmagier-Antagonisten aus der 7G-DSA-Kampagne. Ich finde, wenn dieser weiblich gewesen wäre, hätte das der Kampagne einen anderen Spin gegeben. Man muss sich aber bewusst sein, dass eine solche Einschätzung vermutlich aufgrund eingefahrener Stereotypen erfolgt – obgleich diese im Rollenspiel, wo viel über Klischees zugänglich gemacht wird, kein Nachteil sein muss. Im Gegenteil: Diese Stereotypen sind oft Überbleibsel vergangener Zeiten – und gerade Fantasy-Rollenspiele sind in aller Regel mittelalterlich geprägt.

Bei der Wahl des Geschlechts von Spielercharakteren stellt sich schnell die Frage, ob X-Gender wünschenswert ist. Früher wurde das in vor allem einer meiner Runden abgelehnt. Mittlerweile wird dort X-Gender zugelassen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass mittlerweile auch realweltlich, zumindest juristisch, das Geschlecht geändert werden kann, scheint es naheliegend, dass X-Gender im Rollenspiel allemal möglich sein sollte. Insbesondere auch deshalb, weil Spielleiter schon lange auch andersgeschlechtliche Charaktere darstellen.

Ich habe zum Beispiel eine Magierin (eine Chimärologin) als Spielercharakter, bei der ich bei der Erschaffung abwog, ob dieser Charakter nicht auch männlich funktionieren würde. Die Antwort, die ich mir gab, war ein klares Nein. Daher ist es eine Frau geworden.

In unserer Hexxen-Runde spielt eine Spielerin einen Mann (einen Priester). Auch sie schilderte, dass sie für sich zu dem Ergebnis kam, dass dieser für die Rolle einfach besser passe. Mit Blick darauf, dass Priesterinnen der katholischen Kirche bis zum heutigen Tage sehr selten sind, ist dies allein schon deshalb gut nachvollziehbar.

Dennoch gibt es in diesen Fällen recht oft Missverständnisse und der X-Gender-Charakter wird mituntern falsch angesprochen („ich gehe ‚ihr‘ hinterher“ anstelle von „ich gehe ‚ihm‘ hinterher“). Das kann man den anderen Mitspielern schwer verdenken. Ich glaube, vor allem die realweltlich weibliche oder männliche Stimme stört die Immersion, einen männlichen beziehungsweise weiblichen Charakter vor sich zu haben. Wie ich an anderer Stelle schrieb, ist die glaubhafte Darstellung der direkten Rede, der Kern der Darstellung eines Rollenspielcharakters überhaupt. Ich hörte, dass man lernen kann, seine Stimme ungezwungen höher oder tiefer klingen zu lassen – aber soweit bin ich noch nicht. Eine tolle Idee wären auch Geräte oder Software, welche die Stimme simultan verstellen – solche kenne ich aber nicht.

Neben dem, aus meiner Sicht maßgeblichem, „Stimmenproblem“, wird mitunter angeführt, dass man das jeweils andere Geschlecht per se nicht glaubhaft darstellen könne. Das sehe ich weniger. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es Szenen geben kann (zum Beispiel mit amourösem Einschlag), bei denen man sich schwer tut, diese im anderen Geschlecht in der Ich-Perspektive darzustellen. Ich habe gute Erfahrungen gemacht, in solchen Fällen in die dritte Person zu wechseln. Hierdurch schafft man eine gewisse Distanz zum Charakter, die, obgleich sonst störend, hier hilfreich sein kann. Verlässt man die Welt des Pen & Paper-Rollenspiels und begibt sich in die Welt des LARP, wird die Darstellung eine X-Gender-Charakters deutlich schwieriger. Weil neben der Stimme die Erscheinung maßgeblich für die Charakterdarstellung ist, müsste diese andersgeschlechtlich gelingen. Das wird meist scheitern – und ist in den wenigen Fällen, die ich kenne, gescheitert. So wie ich zum X-Gender im Pen & Paper raten kann, so rate ich davon daher im LARP ab.

Die LARP-Stasi

Aufgrund von Corona, einem langen Auslandsaufenthalt und allgemeiner Trägheit besuchte ich Anfang September 2022 nach seit sechs Jahren zum ersten Mal wieder eine Liverollenspiel-Con. Im Gepäck hatte ich meinen Magier, der auch mein erster LARP-Charakter überhaupt ist.

Xarxordur von Zerabul („Xarxe“) ist damit rund 24 Jahre alt und seit ca. elf Jahren Großmeister. Xarxe ist ein Schwarzmagier. Kein böser Bube, der Jungfauen opfert oder Untote kommandiert – aber eben einer, der auch die coolen Zauber wirken möchte. Vor allem finde ich es viel lustiger, ohne moralische Einschränkungen wirre Theorien aufzustellen.

Nach dem Abitur arbeitete ich ein paar Monate lang als Tagelöhner in zahlreichen Unternehmen, um mir das Geld für den ikonischen Zauberstab Xarxes zusammenzusparen. Diese Zeit war in vielerlei Hinsicht lehrreich und der Stab mit großem Arbeitsleid erarbeitet.

Dieser Zauberstab verfügt über einen geschnitzten Echtholzstab. Etwa auf Schulterhöhe ist eine goldene Metallkonstruktion angebracht, die grob wie zwei aufrechte Flügel aussieht, die je von einem kugelförmigen Halbedelstein gekrönt werden (einer Rot, einer Blau, wie damals bei Diablo I). Zwischen den Flügeln ist ein gehörnter Schädel. Seit einer Elektrifizierung des Stabes im Jahre 2015 kann der Schädel mit einem MP3-Spieler sprechen und die Augen können dämonisch leuchten.

Eigene Aufnahme

Früher störten sich alle paar Jahre bestimmte andere Charaktere, wie Paladine oder Priester, an Xarxe. Das führte zu Ingame-Konflikten, die in der Regel damit endeten, dass meine waffenstarrenden Freunde die üblen Gesellen in Schach hielten. Im Laufe der Zeit wurde die LARP-Szene aber toleranter (oder egalitärer), und es störte sich keiner mehr an dem Stab. Ich fand dieses Konfliktspiel auch zunehmend lästig. Meine Freude am LARP ziehe ich im Wesentlichen daher, mit Xarxe absurde Theorien zu spinnen und anderweitig hochgestochen dummes Zeug zu reden.

Ich brachte den Schädel damals auch vor allem an dem Magierstab an, da die andere Idee, ein großer tropfenförmiger Edelstein, nicht finanzierbar war (das ganze Projekt war ohnehin unverschämt teuer – gerade für eine Abiturienten). Später stellte es sich heraus, dass die Sprechfunktion großartig ist und ich war froh, keinen Edelstein angebracht zu haben.

Xarxe ließ im Wege seiner Großmeisterprüfung einen Dämonen in den Stab einfahren lies – das finde ich recht charmant, weil der Charakter dadurch erneut einen gewissen mysteriösen und leicht größenwahnsinnigen Anstrich erhält, zum anderen der Schädel aber eine spieltechnische Bedeutung erlangte. Ich finde das auch nicht „böse“, sondern klasse, weil der Dämon so (in der Logik der Spielwelt) keine üblen Taten mehr vollbringen kann. Zudem ist die Stimme des MP3-Spielers beziehungsweise des Schädel natürlich der Dämon. Die sarkastischen Kommentare haben nicht nur mir schon häufig große Freude gemacht! Insgesamt ist der Magierstab damit ikonisch für meinen Charakter geworden.

Vor ein paar Wochen war es jedoch wieder soweit: Ein anderer Charakter, samt Gefolge, störte sich an meinem Stab und damit an meinem Charakter. Da ich diesmal fast alleine war, konnten die Jungs die Rabauken nicht vermöbeln und ich hatte ein Problem. Mir wurde der Stab weggenommen, um ihn zu vernichten. Ich wollte noch eine rechtsdogmatische Diskussion anfangen (mein Magier ist auch Richter und es gibt sogar ein Gesetzeswerk!), aber die anderen Charaktere (oder auch Spieler) wussten möglicherweise nicht, was Kollisionsrecht ist, oder wollten mal „die Harten“ markieren. So wurde aus dieser, wie ich finde, sehr unterhaltsamen Idee, nichts.

Letztlich bekam ich, beziehungsweise Xarxe, den Stab am kommenden Tag zurück, weil Xarxe Informationen hatte, die für die Lösung des Plots erforderlich waren und er sich im Wald versteckt hatte. Um den Plot noch zu lösen, wurde daher vereinbart, dass er unbehelligt bleibt aber an der Lösung mitwirkt. Dennoch wurde Xarxe gebeten, den Stab nicht mehr mit mir zu führen, um die Gemüter zu beruhigen. Dem kam ich nach.

Ex post habe ich mich über das ganze Erlebnis jedoch wiederholt geärgert. Im Kern geht es hierbei darum, dass ich es übergriffig finde, dass andere Spieler meinen, über die Darstellung meines Charakters entscheiden zu wollen. Dafür fahre ich nämlich nicht drei Stunden zur Con und opfere ein langes Wochenende. Auch habe ich den Stab sicher nicht dafür in unzähligen Nachtschichten erarbeitet.

Mir ist klar, dass diese anderen Spieler sich darauf beziehen, dass sie eben ihre Charaktere konsequent gespielt haben. Ich finde das sogar grundsätzlich gut. Ich möchte ausdrücklich jeden bekräftigen, nicht aus der Rolle zu fallen. Das Problem liegt auf einer anderen Ebene: Der Gestaltung der Rolle. Dies ist eine reine Outtime-Entscheidung.

Dies wird sonst auch so gesehen: Würde jemand einen Sklavenhändler spielen und daher, konsequenterweise, möglichst viele Spielercharaktere einfangen oder würde ein Nekromant erschlagene Spielercharakter nicht heilen, sondern töten um sie, konsequenterweise, als Untote in seine Dienste zu zwingen, wäre das Verständnis für konsequentes Spiel plötzlich vermutlich überschaubar.

In ähnlicher Weise wird ja auch gerne gefordert, dass Diebe nicht anderer Charaktere Sachen dieben, sondern sich hierfür etwas mitbringen. Und wer einen König spielen will, muss seine Dienerschaft, Gefolge und dergleichen ebenfalls in Form anderer Spieler dabei haben.

Infolgedessen frage ich mich, warum die Paladin-Stasi nicht auch ihre eigenen Opfer mitbringen sollte, die sie dann nach Lust und Laune schickanieren kann.

Der vermeintliche Hinweis, dass Leute wie ich eben keinen Schwarzmagier spielen sollten, verfängt nicht: Mein Charakter hat nämlich kein derartiges Outtime-Problem. Die Rolle ist nicht, im Gegensatz zu der Paladin-Stasi, darauf ausgelegt, andere Figuren herabzusetzen. Der Charakter ist vielmehr in einer Weise ausgestaltet, dass er nervt, aber niemandem etwas antut. Schon gar nicht nimmt er anderen Charakteren etwas ab oder erzwingt ein bestimmtes Verhalten. Das ist bei der LARP-Stasi anders: Deren Charaktere sind so ausgestaltet, dass sie auf Kosten Anderer Profilierung suchen. Deren Spieler wären also gut beraten, kompatible Charaktere zu erschaffen.

Für mich wird fortan die Lösung wie folgt aussehen: Da ich ja einen sehr fähigen Großmeister-Magier spiele, werde ich mich in einer künftigen ähnlichen Situation einfach mit Hilfe eines Knickfokus in Nebel auflösen und mich anderswo zurück materialisieren. Mein Kostüm beinhaltet eine Mini-Nebelmaschine, so dass die Darstellung gut gelingen wird. Hierdurch kann die LARP-Stasi so konsequent sein wie sie will – sie wird stets konsequent daran scheitern, mir ihr Spiel aufzuzwingen.

Eine Freundin, die beruflich in der LARP-Szene aktiv ist, sagte mir in diesem Zusammenhang, die Lösung sei „nicht konsequent sondern interessant“ zu spielen. Das klingt gut. Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob meine Lösung das abbildet.

Änderung am 28. Januar 2023: Bild eingefügt